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Die Berateraffäre im Verteidigungsministerium

09.09.2022
Ausgangssituation, Aufarbeitung und Auswirkungen. Von Prof. Dr. Thomas Deelmann. Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2021, Management und Wirtschaft, Studien Band 78, 336 Seiten, 49,95 Euro, ISBN 3-503-20597-4.
Ursula von der Leyen ist seit November 2019 Präsidentin der Europäischen Kommission. Damit besetzt sie eine der einflussreichsten politischen Positionen, die es in Europa zu besetzen gibt. Sowohl in den aktuellen Krisen – COVID-19-Pandemie und auch der russische Krieg gegen die Ukraine – zeigte sich die wichtige Rolle dieser Spitzenpolitikerin. Damit hat sie auch den Einfluss, neue Themen zu besetzen und Dinge zu verändern, wie bei dem EU New Green Deal, der Nachhaltigkeit sowohl in Unternehmen als auch in der gesamten Gesellschaft tief verankern soll. Vor dem Hintergrund dieser glanzvollen Position und dem großen Einfluss werden der Hintergrund und die Probleme von Ursula von der Leyen aus ihrer vorherigen Position als Bundesverteidigungsministerin gerne vergessen. Umso verdienstvoller ist die Aufarbeitung eines zentralen Problems ihrer Tätigkeit als Verteidigungsministerin, die Berateraffäre. Diese Aufarbeitung wird nun von Thomas Deelmann vorgelegt. Die dort aufgezeigten Probleme werfen auch ein Schlaglicht auf die aktuelle Diskussion um die Ausstattung der Bundeswehr. Die Situation hätte besser sein können, wenn Strukturen anders aufgebaut worden wären.

Der Experte für Unternehmensberatung Thomas Deelmann ist prädestiniert für ein solches Buch. Er nimmt die Perspektive der betriebswirtschaftlichen Beratungsforschung ein und möchte Lehren aus den Affären ziehen, damit die Beratungsleistungen auch bei der öffentlichen Hand besser gesteuert werden kann. Denn zu Recht startet das Buch mit einer Auflistung von nicht sehr lange zurückliegenden Berateraffären, die allerdings weniger mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben – wahrscheinlich wegen der geringeren Prominenz der Protagonisten.

Die Relevanz der Beratung im öffentlichen Sektor ist enorm hoch. 2019 lagen die Ausgaben für Beratungsleistungen allein des Bundes bei über einer halben Milliarde Euro. Dabei ist der Einsatz von Beratern grundsätzlich gut – sie verfügen über eine Expertise, die entweder Unternehmen oder Behörden nicht im eigenen Hause haben. Dieses Spezialwissen kann – richtig eingesetzt – sehr viel Wert schaffen.

Das Problem entsteht, wenn Beratung eingekauft wird, nicht aus professionellen Gründen, sondern aus persönlicher Verbundenheit. Hier setzte die Kritik von Opposition und Öffentlichkeit bei der Berateraffäre an. Kernkritikpunkt war die Verbundenheit der Staatssekretärin Katrin Suder mit dem Berater McKinsey. Sie wechselte als Leiterin des Berliner Büros des amerikanischen Topmanagementberaters in das Bundesverteidigungsministerium. Wenig später beauftragte sie Beratungsunternehmen für ihr neues Ministerium.

Die Arbeit geht außerordentlich materialreich vor. Die Affäre wird aufgearbeitet anhand der Sitzungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufarbeitung der Affäre. Dabei wird sehr detailliert auf einzelne Sachverhalte eingegangen. Dies ist insbesondere für Entscheidungsträger in öffentlichen Institutionen relevant. Sie können aus diesem Buch sehr viel darüber lernen, wie man vermeidet, allein in den Anschein zu geraten, dass es Compliance-Probleme bei der Beauftragung von Unternehmensberatern gibt.

Prof. Dr. Stefan Behringer, Hochschule Luzern

Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Ausgabe 4/2022

Programmbereich: Management und Wirtschaft