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Digitales Lernen – Lernende haben Spaß am Computer (Foto: Robert Kneschke / stock.adobe.com)
Digital Natives unterrichten

Digital Natives unterrichten

ESV-Redaktion/Ln
02.07.2021
Medien im Unterricht – das ist gerade in Zeiten des pandemiebedingten digitalen Lernens ein hochaktuelles Thema. Unser neuer Sammelband Medienwissenschaften und Mediendidaktik im Dialog, herausgegeben von Till Dembeck und Jennifer Pavlik, beschäftigt sich mit der Medienbildung im Deutschunterricht.
Medienrevolutionen gab es schon öfter – von der Erfindung des Buchdrucks bis zum Aufkommen des Fernsehens. Was die aktuelle Digitalisierung besonders macht, erfahren Sie im folgenden Ausschnitt aus Christian Dawidowskis Beitrag Der Literaturunterricht im digitalen Zeitalter.

[D]ie heutigen medienpädagogischen Debatten [spielen sich] auch wieder zwischen den Polen der ‚Apokalyptiker‘ und der ‚Integrierten‘ (Eco) ab, dennoch geht es derzeit nicht nur um einen Wechsel des Leitmediums innerhalb von Mediensozialisationen, sondern um einen deutlich fundamentaleren Medienwandel, der kulturgeschichtlich nur mit dem Übergang von der Oral- zur Schriftkultur oder der Schrift- zur Printkultur vergleichbar ist. […]

Mediensozialisation der Digital Natives

Mittlerweile existieren mehrere Versuche, eine Generation definitorisch zu beschreiben, die anders als alle vorhergehenden in digitalen Umgebungen sozialisiert worden ist […]. Damit sind es etwa die seit der Jahrtausendwende Geborenen, die also heute in Deutschland ihr Abitur ablegen, teils auch bereits Universitäten besuchen, um die es gehen soll. […] Prensky führt aus, welche Gründe dafür sprechen, insbesondere diese Generation sehr sorgfältig zu beschreiben: Er geht davon aus, dass eine so geartete Mediensozialisation die Strukturen des Gehirns nachhaltig verändert, so dass vor allem mit dem linearen Lesen verbundene Aktivitäten des Denkens in dieser Generation nicht mehr vorausgesetzt werden können (er erwähnt u. a. Selbstreflexion, kritisches Denken, lange Aufmerksamkeitsspannen und Konzentrationsfähigkeit, logisches Denken). […]
Erwartungsgemäß belegen vor allem die KIM- und JIM Studien der letzten Jahre die totale Verbreitung digitaler Medien unter Kindern und Jugendlichen und zeigen eine Freizeitgestaltung, die ebenso total von digitalen Medien bestimmt ist. Das Lesen von Printmedien (Bücher, Zeitungen, Zeitschriften) scheint sich jüngsten Zahlen zufolge nach einem jahrelangen Niedergang auf niedrigem Niveau zu stabilisieren, hier verbietet sich allerdings angesichts rasanter technologischer Entwicklung und Schwankungen in den letzten Jahrzehnten jede Prognose. Literarische Sozialisationsprozesse hängen bei den Digital Natives eng mit der Mediensozialisation zusammen, mehr noch: Sie sind in der Gegenwart quasi ununterscheidbar geworden.

Kennzeichen jugendlicher Mediennutzung

– Medienkommunikation ist unmittelbar, vertraut, distanzlos; oft auch sprunghaft, hektisch und oberflächlich.

– Medien werden ganzheitlich rezipiert (nicht nur kognitiv).

– Medienhandeln ist nur teilweise durch Alter, Geschlecht und Sozialstatus bestimmt. Dennoch gilt: je älter und höher im Sozialstatus und Bildungsniveau, desto differenzierter die Mediennutzung.

– Medienwirkungen sind in erster Linie auf der affektiven und moralischen Ebene des Handelns zu lokalisieren.

– Medienhandeln ist in den sozialen Kontext (in ein soziales Raumnetz) eingefügt (vgl. die Bedeutung von Social Media) und vollständig in den Alltag integriert (‚Habitualisierung‘). […]

– Jugendliche haben bestimmte Teile ihres Alltags und ihrer sozialen Beziehungen ins Netz ausgelagert, leben damit also zum Teil im Netz.

– Medien werden zunehmend zu einem Teil des Körpers des Menschen (Umgang mit dem Smartphone, ‚Googlebrille‘, tief eingesteckte Ohrhörer oder körperliche Selbstvermessung).

– Reflexion und Selbstreflexion finden zunehmend nicht mehr als eine Art des inneren Dialogs statt, sondern werden externalisiert, insofern Jugendliche ihr Erleben als eine Geschichte im Netz präsentieren. Das Ensemble der je verwendeten Medien wird so nicht nur zum zentralen Instrument für soziale Beziehungen, sondern auch zum Kitt der komplexer werdenden Persönlichkeitsstrukturen.

[…] Jugendkulturen und Mediengebrauch stehen in engstem Zusammenhang, und: Das Medienhandeln dient letztlich vor allem einem übergeordneten Zweck innerhalb der jugendlichen Sozialisation, nämlich der Identitätsbildung: „Medien […] haben für den Prozess der Identitätsbildung eine konstitutive Bedeutung“, sie gelten gar als „neue Sinnstifter“.

Neugierig geworden? Dann lesen Sie hier weiter.
Medienwissenschaften und Mediendidaktik im Dialog

Herausgegeben von Till Dembeck und Jennifer Pavlik
Der Austausch zwischen Medienwissenschaft und Mediendidaktik ist zumindest in einer Richtung recht selbstverständlich. MediendidaktikerInnen wie -pädagogInnen nehmen natürlich zur Kenntnis, worüber die Medienwissenschaft forscht. Keine Einführung in die Mediendidaktik kann ohne Ausführungen zum Medienbegriff im Allgemeinen, zur Mediengeschichte oder zu Fragen der Medienkritik auskommen.
Umgekehrt besteht jedoch der begründete Verdacht, dass es weniger selbstverständlich ist, dass sich die Medienwissenschaft auf die Mediendidaktik bezieht. Dies ist insbesondere verwunderlich, da sich die Medienwissenschaft doch eigentlich für Vermittlungsfragen aller Art zuständig halten müsste und daher gerade auch für diejenigen, mit denen es die Mediendidaktik zu tun hat. Diesen Austausch soll der vorliegende Band intensivieren, indem er medienwissenschaftliche und mediendidaktische Aufsätze sowie Stimmen aus der schulischen Praxis versammelt, die aus unterschiedlichen Perspektiven über die Zukunft des Deutschunterrichts reflektieren.

Programmbereich: Germanistik und Komparatistik