Digitalschub durch Lockdown zeigt Chancen für Klimaschutz
Das wirkt sich deutlich auf die Umwelt aus – positiv wie negativ. Inwiefern? Das haben das Wuppertal Institut und die Prüfungsgesellschaft Ernst & Young analysiert. Die Ergebnisse der Studie „Zwischenbilanz Covid-19: Umweltpolitik und Digitalisierung“ hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) jetzt mit den Studienpartnern vorgestellt.
Personenverkehr könnte auch langfristig sinken
Der Personenverkehr ging durch die coronabedingten Einschränkungen deutlich zurück. Ein Viertel aller Beschäftigten arbeitete zeitweise im Homeoffice, teilweise reduzierten sich die Aufenthalte am Arbeitsplatz um bis zu 45 Prozent. Rund ein Drittel der Befragten geht davon aus, dass interne und externe Meetings auch in den kommenden Jahren durch Videokonferenzen ersetzt werden. 31 Prozent erwarten, dass sie weniger berufliche Reisen unternehmen. Nach Ansicht der Studienautoren lässt sich vor diesem Hintergrund der gesamte Personenverkehr um bis zu acht Prozent reduzieren, sofern Homeoffice und virtuelles Arbeitsleben gefördert würden. Das könne etwa über die steuerliche Förderung von Heimarbeitsplätzen geschehen.
Mit den Corona-Beschränkungen stieg der Datenverkehr
Während der Personenverkehr zurückging, legte der Datenverkehr zu. Das Datenvolumen nahm um rund zehn Prozent zu, getrieben von Videokonferenzen mit plus 120 Prozent und Online-Gaming mit plus 30 Prozent. Damit steigende Datenvolumen nicht zu einem deutlich höheren Energieverbrauch führen, regen die Studienautoren an, etwa auf energieeffiziente Software, bessere Auslastungssteuerung und verstärkte Abwärmenutzung zu setzen, verbunden mit der vollständigen Umstellung auf Strom aus erneuerbaren Energien.
Regionale digitale Vertriebsplattformen fördern
Online-Transaktionen nahmen um bis zu 60 Prozent zu. Profitiert haben in der Regel die großen Anbieter. Dabei sei das Interesse an regionalen Produkten gestiegen, so die Studienautoren, doch es hapere am Zugang. Eine Förderung regionaler digitaler Vertriebsplattformen könne hier einen Schub geben.
Stellungnahmen
„Die Daten zeigen, dass Verhaltensänderungen möglich sind“, resümiert Dr. Holger Berg vom Wuppertal Institut. „Bisher zögerlich genutzte digitale Lösungen für Homeoffice sind quasi über Nacht akzeptiert worden – das ist eine Chance.“ Energieverbrauch und Emissionen für Mobilität ließen sich reduzieren. Allerdings nehme der Bedarf an Technologie und digitaler Infrastruktur zu, wodurch sich der Bedarf an Ressourcen erhöhe.
Damit regionale Wertschöpfungsketten vom veränderten Verbraucherverhalten profitieren, sollte der lokale Einzelhandel in eigene Onlineangebote investieren, betont Thomas Losse-Müller, Partner von Ernst & Young. Dieses Feld sei bislang kaum bedient worden. Vor allem dem regionalen Einzelhandel böten sich Chancen, neue Wertschöpfung zu generieren.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze spricht von einem Digitalisierungsschub während des Corona-Lockdowns. Weniger Pendelverkehre und weniger Geschäftsreisen seien auch eine Chance für Lebensqualität und Umwelt. Die Abschreibungsmöglichkeiten für die Digitalisierung der Wirtschaft würden erweitert, um Anreize für Investitionen in die digitale Infrastruktur und die Ausstattung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu setzen, sagte die Ministerin.
Die Studie ist eine erste Zwischenbilanz der Auswirkungen der Corona-Pandemie. Sie soll als Grundlage für die Weiterentwicklung der in der umweltpolitischen Digitalagenda zusammengefassten Maßnahmen dienen und die Chancen der Digitalisierung für die Umweltpolitik hervorheben.
Die vollständige Studie „Zwischenbilanz Covid-19: Umweltpolitik und Digitalisierung“ finden Sie hier.
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Der Digitalverband Bitkom hat mit den Forschungspartnern Borderstep Institut und Universität Zürich die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Klimaschutz in einer Kurzstudie untersucht. Demnach ist davon auszugehen, dass die Treibhausgas-Emissionen aufgrund wachsender digitaler Infrastruktur und steigender Ausstattung von privaten Haushalten und Unternehmen mit digitalen Geräten in der nächsten Dekade deutlich zunehmen werden. Um diesem Trend entgegenzuwirken, nennt Bitkom mehrere Maßnahmen, die zu ergreifen sind. Darunter die Punkte
- Betrieb der digitalen Infrastrukturen mit erneuerbaren Energien,
- Verringerung der Treibhausgas-Emissionen in der Herstellung von Endgeräten,
- Verlängerung der Nutzungsdauer von Endgeräten,
- Förderung öffentlicher Verkehrsmittel und intermodaler Mobilität und
- Vermeidung von unnötigem Heizen und Kühlen in Gebäuden durch automatisierte Gebäudeüberwachung und -steuerung.
Die Kurzstudie „Klimaschutz durch digitale Technologien – Chancen und Risiken“ hat Bitkom hier veröffentlicht.
Wie sich digitale Transformation und Nachhaltigkeit in Einklang bringen lassen, zeigt der Band „Nachhaltige Unternehmensführung in der Digitalisierung“ mit Fokus auf konkreten unternehmerischen Entscheidungen.
Nachhaltige Unternehmensführung in der DigitalisierungHerausgegeben von: Prof. Dr. Stefan Vieweg, Prof. Dr. Matthias Müller-Wiegand, Prof. Dr. Harald MeisnerDigitalisierung bedeutet Disruption und zwingt die meisten Unternehmen heute zu einer tiefgreifenden Neuausrichtung. Dabei werden bestehende Geschäftsmodelle und Führungsansätze mit Blick auf ökologische, ökonomische und soziale Zielsetzungen beispiellos herausgefordert.
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(ESV/fab)
Energiewirtschaft | 21.04.2020 |
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