Direktanspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer
Das BMF hat am 13. April 2022 ein Schreiben zum Direktanspruch in der Umsatzsteuer veröffentlicht. Dabei geht es auch um die Veröffentlichung der BFH-Urteile vom 30. Juni 2015, VII R 30/14 und vom 22. August 2019, V R 50/16.
Das BMF-Schreiben erläutert, unter welchen Voraussetzungen das sich aus dem Unionsrecht ergebende und von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstrument des Direktanspruchs in der Umsatzsteuer (EuGH-Urteil vom 15. März 2007, C-35/05, Reemtsma Cigarettenfabriken), nach dem ein Leistungsempfänger unter bestimmten Voraussetzungen über eine Billigkeitsmaßnahme die Erstattung einer rechtsgrundlos an den Leistenden gezahlten Umsatzsteuer direkt vom Fiskus (statt vom Leistenden) verlangen kann, möglich ist.
Mitgliedstaaten legen Voraussetzungen für Direktanspruch fest
Der EuGH hatte zunächst festgestellt, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, entsprechende Voraussetzungen für den Direktanspruch festzulegen, soweit die Grundsätze der Gleichwertigkeit und Effektivität eingehalten werden.
Entscheidungen des BFH aus den Jahren 2007, 2008 und 2015
In mehreren Urteilen hatte sich der BFH bereits zu den Voraussetzungen eines solchen Direktanspruchs geäußert: Demnach setzt dieser eine tatsächliche Zahlung des Leistenden an die Steuerbehörde voraus. Einer systemgerechten Abwicklung zu Unrecht erhobener und gezahlter Umsatzsteuer könne durch die Billigkeitsregelungen der §§ 163, 227 AO begegnet werden. Es müsse jedoch u.a. eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegen, aufgrund derer bezahlt worden sei.
BMF definiert Voraussetzungen für Direktanspruch gegen Finanzbehörden wegen Umsatzsteuer
Auch das BMF hält daran fest, dass über einen Erstattungsanspruch im Wege des Billigkeitsverfahrens zu entscheiden ist. Hierbei sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie weitere Besonderheiten zu beachten.
- Der Leistungsempfänger muss seinen Erstattungsanspruch wegen einer unzutreffend in Rechnung gestellten und rechtsgrundlos gezahlten Umsatzsteuer zunächst zivilrechtlich geltend machen. Insoweit ist der Direktanspruch nachrangig gegenüber dem Anspruch auf Steuerberichtigung nach § 14c UStG.
- Der Leistungsempfänger, der den Direktanspruch gegen den Fiskus geltend macht, muss nachweisen, dass der zivilrechtliche Anspruch gegen den Leistenden weiterhin besteht, und es unmöglich oder übermäßig erschwert ist, die Erstattung der Umsatzsteuer vom Leistenden zu verlangen. Von vornherein unmöglich ist die Erstattung durch den Leistenden, wenn dessen Insolvenzantrag mangels Masse abgelehnt wurde. Eine bloße Zahlungsunfähigkeit hingegen genügt nicht.
- Der Direktanspruch gegenüber dem Fiskus ist akzessorisch zu dem Anspruch des Leistungsempfängers gegenüber seinem Vertragspartner. Dies ist z.B. im Falle einer möglichen Verjährung von Bedeutung.
- Der Rechnungsaussteller muss tatsächlich eine Leistung erbracht haben, für die die in der Rechnung ausgewiesene Steuer jedoch nicht bzw. nicht in dieser Höhe gesetzlich entstanden ist.
- Die Rechnung muss den umsatzsteuerlichen Anforderungen genügen.
- Der Fiskus muss um die Umsatzsteuer immer noch bereichert sein. Ein Direktanspruch scheidet daher aus, wenn die Umsatzsteuer bereits zurückgezahlt wurde oder auch der Leistende die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt hat.
Im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) wird in Abschnitt 15.11 nach Absatz 7 ein Absatz 8 angefügt, der auf das BMF-Schreiben verweist.
Fundstelle: BMF-Schreiben vom 13. April 2022
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Programmbereich: Steuerrecht