Dr. Rainer Burbulla: „Das Mietervorkaufsrecht hat gerade in Berlin eine besondere Bedeutung“
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Wozu dient ein Vorkaufsrecht überhaupt?
Dr. Rainer Burbulla: Das Vorkaufsrecht begründet die vertragliche Befugnis im Falle einer Veräußerung des Vorkaufsgegenstandes, diesen bevorzugt zu erwerben. Macht der Vorkaufsberechtigte sein Vorkaufsrecht geltend, kommt mit der Vorkaufsausübung ein weiterer Kaufvertrag zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Vorkaufsverpflichteten zustande, der neben den sogenannten Drittkauf tritt. Mit der Einräumung eines Vorkaufsrechts ist damit allerdings noch nicht sichergestellt, dass der Vorkaufsberechtigte tatsächlich das Eigentum an dem Vorkaufsgegenstand erlangt. Denn infolge des Zustandekommens von zwei Kaufverträgen kann der Vorkaufsverpflichtete den Vorkaufsgegenstand auch an den Drittkäufer übereignen. In diesem Fall macht er sich dann allerdings gegenüber dem Vorkaufsberechtigten schadensersatzpflichtig.
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Warum kommt dem Vorkaufsrecht der Mieter (§ 577 BGB) gerade in Berlin eine besondere Bedeutung zu?
Dr. Rainer Burbulla: Bei dem Vorkaufsrecht des Mieters gemäß § 577 BGB handelt es sich um ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Dieses greift ein, wenn eine vermietete Wohnung in Wohnungseigentum umgewandelt und das Wohnungseigentum dann veräußert wird. Da diese „Umwandlungskonstellation“ in Berlin häufig vorkommen, kommt dem Mietervorkaufsrecht gerade auch in Berlin eine besondere Bedeutung zu.
Können Sie den Unterschied zwischen einem „Vorkaufsrecht“ und einer „Andienung“ kurz skizzieren?
Dr. Rainer Burbulla: Der Unterschied zwischen einem Vorkaufsrecht und einer Andienung liegt in der vertraglichen Bindung des Verpflichteten. Im Falle der Vereinbarung eines Vorkaufsrechts ist der Verpflichtete tatsächlich verpflichtet, bei einer Vorkaufsübung dem Berechtigten den Vorkaufsgegenstand zu Eigentum zu übertragen. Verstößt er gegen diese Verpflichtung, so macht er sich gegenüber dem Vorkaufsberechtigten schadensersatzpflichtig. Im Falle einer Andienung ist der Verpflichtete lediglich gehalten, den Gegenstand dem Berechtigten zunächst anzudienen bzw. anzubieten. Die Konditionen dieser Andienung stehen – im Gegensatz zu einem Vorkaufsrecht – nicht exakt fest. Bei einem Vorkaufsrecht ist der Inhalt des Drittkaufvertrages entscheidend.
Müssen dem „Berechtigten“ bei einer Andienung nicht besonders günstige Konditionen angeboten werden?
Dr. Rainer Burbulla: Nein. Im Grundsatz gilt, dass der Verpflichtete ein mindestens ebenso gutes Angebot abzugeben hat, wie der Drittinteressent. Das Angebot des Drittinteressenten bestimmt also grundsätzlich die Konditionen, zu denen der Erwerb anzubieten ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Angebot unbillig i.S.d. §§ 315, 316 BGB ist.
Aktuelles GewerberaummietrechtAutor: Rechtsanwalt Dr. Rainer BurbullaDas Recht der Gewerberaummiete ist stark von der Rechtsprechung geprägt und hat sich gerade deshalb zu einer Spezialmaterie entwickelt. Für Praktiker ist es daher eine Herausforderung, sich schnell in die komplexe Materie des Gewerberaummietrechts einzuarbeiten. Entsprechend ihrer praktischen Bedeutung behandelt dieses Werk die aktuellen Rechtsprechungsentwicklungen und gibt praktische Hinweise zur Vertragsgestaltung. Schwerpunkte der Darstellung sind:
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Das KG meinte, dass der Verkäufer seiner „Andienungspflicht“ nachgekommen sei. Wie hat das Gericht dies begründet?
Das Andienungsrecht ist gesetzlich nicht geregelt. Oft wird es, wie schom angedeutet, auch unter das Rechtsinstitut der „Vorhand“ eingeordnet. Auch dieser Begriff ist rechtlich nicht exakt definiert. Was würden Sie der Praxis – zum Beispiel der WBF – also raten, um gewünschte Absicherungsziele später möglichst rechtssicher durchsetzen können?
Weiter war umstritten, ob ein vorkaufsverpflichtete Eigentümer dem Mieter eine Belastungsvollmacht einräumen muss, wenn dies im Dritt-Kaufvertrag nicht vorgesehen ist. Können Sie dies kurz erläutern?
Dr. Rainer Burbulla: Mit der Vorkaufsübung „tritt“ der Vorkaufsberechtigte „1:1“ in den Dritt-Kaufvertrag ein. Ist im (Dritt-)Kauf keine Belastungsvollmacht vorgesehen, so ist der Vorkaufsberechtigte bei Vorkaufsausübung grundsätzlich nicht berechtigt, den Vorkaufsgegenstand (dinglich) zu belasten. Die Frage, ob den Vorkaufsverpflichteten insoweit eine Nebenpflicht zur Bewilligung einer derartigen Belastung trifft, ist umstritten. Das Kammergericht stellt darauf ab, dass die Fremdfinanzierung einer Immobilie allgemein üblich ist und bejaht vor diesem Hintergrund eine entsprechende Nebenpflicht. Auf der anderen Seite ist zu beachten, dass, wenn der Vorkaufsverpflichtete einen Käufer gefunden hat, der tatsächlich keine Belastungsvollmacht benötigt, er nicht gegenüber dem Vorkaufsberechtigten „schlechter“ gestellt werden sollte, als er gegenüber dem Drittkäufer stehen würde. Von daher kommt meines Erachtens ein Anspruch Gewährung einer Belastungsvollmacht nur in Betracht, wenn die Regelung im Kaufvertrag (fehlende Belastungsvollmacht) gezielt erfolgt ist, um den Mieter von der Rechtsausübung abzuhalten.
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(ESV/bp)
Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht