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Neue Medien müssen für guten Unterricht nicht das „Game Over“ bedeuten – sie lassen sich sinnvoll einbetten (Foto: Stefan Meller - Pixabay).
Auszug aus: Englische Fachdidaktik

Role plays, storyboards, comics & Co. im Englischunterricht

ESV-Redaktion Philologie
24.11.2020
Unterrichtsplanung und -ausgestaltung erweisen sich sowohl in der Forschung als auch in der Praxis als ein sehr vielfältiges Feld: Wie sollten die einzelnen Unterrichtseinheiten aufeinander aufbauen, damit die Schülerinnen und Schüler davon möglichst viel ‚mitnehmen‘? Wie umgehen mit mehrsprachigen Kindern? Welche der vielfältigen Lehr- und Lernmethoden sowie Medien bieten sich für den jeweiligen Stoff an?
Einen Überblick mit vielen Hilfestellungen (Zusammenfassungen, praktische Tipps, Übungsbeispiele und Links) bietet die 4. Auflage von Wolfgang Gehrings „Englischer Fachdidaktik“. Die umfassende Überarbeitung bietet nicht nur eine Erläuterung der Grundlagen des (Fremd-)Sprachenerwerbs, sondern befasst sich auch – neben Kapiteln zu Tests und Bewertungen, Medien und Lernumgebungen – mit den Themen interkulturelles Lernen, Mehrsprachigkeit sowie dem Einsatz der Künste im Englischunterricht.

Zu Letzgenanntem können Sie im Folgenden einen Auszug lesen, der aus dem Kapitel „Kompetenzerwerb durch die Künste“ stammt:

Ein kultursensibler Englischunterricht befasst sich mit den Künsten, verbindet sprachliches und ästhetisches Lernen und nutzt so die ganz spezifischen Interaktions- und Rezeptionsimpulse, die von Literatur, Musik, Malerei, Bildhauerei, Architektur, Tanz, Theater, Film und sequenziellen Kunstprodukten (Bildgeschichten) ausgehen. Was den Umgang mit Objekten der Künste anbetrifft, kann man didaktisch die rezeptive und die produktive Komponente jeweils genauer thematisieren.
 

Stellung der Künste im Englischunterricht

Der literarische Text ist seit jeher im fremdsprachlichen Curriculum verankert, andere Künste wurden als Lerninhalte nach und nach entdeckt. Bilder als Ausdrucksformen der visuellen Kunst wurden seit Ende des 18. Jahrhunderts im Unterricht eingesetzt. Zunächst dienten sie der Anschauung bei der Darbietung und Konsolidierung von Redemitteln. In Lehrbüchern gestalten sie bis heute Units aus, zeigen zielkulturelle Ansichten oder illustrieren thematische Kontexte.

Hinzugekommen sind Gemälde, Fotokunst und narrative Bildfolgen als Auslöser für kreative und analytische Tätigkeiten. In der Methode des total physical response (TPR) ist Pantomime eine wesentliche Vermittlungsstrategie, da es ein Prinzip von TPR ist, Sprache auditiv und visuell einzuführen, durch Handbewegungen und Mimik. Auf Lehrerinput reagieren die Lernenden ihrerseits mit Körperbewegungen. Die Suggestopädie arbeitet seit den 1970er Jahren mit Lernkonzerten, einer Art musikunterlegter Inputpräsentation.

Im kommunikativen Unterricht ist das dialogische Spiel verankert. Im role play werden Perspektiven von Akteuren vor allem sprachlich ausgestaltet. Beim creative acting setzen Lernende Lektüreimpulse szenisch um, im „Dialogspiel“ inszenieren sie authentische Textauszüge (Nünning/Surkamp 2009: 166). Für mehrere Kompetenzebenen wurden dramapädagogische Konzepte entworfen. Sie setzen Theater- und Schauspieltechniken in Aufgaben ein, deren Spektrum kognitive, ganzheitliche und kreative Lerntätigkeiten umfasst. […]

Nachgefragt bei: Maik Walter 23.04.2020
Maik Walter: „Wer seinen Unterricht inszeniert, bringt mehr Spannung und mehr Freude in den Kursraum.“
Welche Rolle spielen die Künste im Bereich der Bildung? Wie kann ich künstlerisches Erzählen im Sprachunterricht einsetzen und was bewirkt das? Kann man in einer Fremdsprache Theater spielen und inszenieren und was muss dabei beachtet werden? Was heißt bewegtes Lernen? Wie können bewegungsbasierte und theaterpädagogische Impulse in den Unterricht aufgenommen werden? mehr …

Inzwischen haben sich pragmatische Lehr- und Lernverfahren mit einer Anbindung an künstlerische Traditionen fest im Englischunterricht etabliert. In der Grundschule wird nicht nur viel Wert auf das Singen gelegt. Das Inszenieren ist eine ähnlich markante Tätigkeit im Klassenraum, ob beim Storytelling, beim Interagieren mit der Handpuppe oder beim Versprachlichen einer Bildszene.

In der Sekundarstufe sind Musik und Bewegung, Spiel und Theater, kreatives Schreiben oder Ausgestalten für Lernende auf allen Lernstufen erfahrbar. Holistische oder analytische Lernkontexte werden nicht nur auf Erzähltexte, sondern auf alle neun Künste bezogen. Schüler arbeiten kreativ und kognitiv mit Gemälden oder Fotoessays, sie äußern sich zur Musik eines Films wie zur Gestaltung von Panels in einer graphic novel. Ihre dramaturgischen Ideen nach einer Textrezeption setzen sie auf der Bühne im Klassenzimmer um oder dialogisieren die stumm geschaltete Szene aus einem Werbeclip nach eigenen Vorstellungen.

Die Lernwirksamkeit von künstlerischen Aktivitäten wurde in mehreren Studien bestätigt. Ihnen zufolge fordert dramapädagogisches Arbeiten den Erwerb von Lernstrategien, Bewegung allgemein unterstützt das Behalten von Lerninhalten (Sambanis 2013, Sambanis/Walter 2019). Bessere kognitive und analytische Lernleistungen stellten z. B. Catterall (1998) und Deasy (2002) bei Lernkonstellationen in Kontexten der Künste fest.
Das Konzept der multiplen Intelligenzen von Howard Gardner impliziert weitere positive Effekte kunstnaher Tätigkeiten. Es basiert auf der Annahme, dass Menschen nicht über eine allumfassende, alles steuernde Intelligenz verfügen, sondern über verschiedene Intelligenzen oder Talente. Auch wenn man dem Konzept kritisch gegenübersteht, kann es zeigen, wie der Umgang mit Kunst verschiedene Tätigkeiten der Lernenden aufrufen kann, ohne kommunikative und analytische Kompetenzen zu vernachlässigen.

[…]

Vertonte und betextete Bildfolgen

Hör-Sehverstehen wird im Zusammenhang mit der Filmrezeption häufig thematisiert. Im Englischunterricht wird diese Kompetenz allerdings auch bei der Arbeit mit Hypertexten verlangt und generell beim Umgang mit digitalen Lehrbüchern und Materialien, Tablet oder Laptop. Nicht vergessen werden sollte der Input von Lehrpersonen oder Mitlernenden. Die grundsätzlichen methodischen Vorgehensweisen, die inhaltlichen Aktivierungsoptionen und Fokussierungen in den Arbeitsaufträgen unterscheiden sich bei der lernprozessorientierten Filmrezeption nicht wesentlich von Aufgaben und Artikulationsprinzipien zum Lesen, Hören oder Betrachten. Lernende werden sich also auch beim Filmeschauen mit inhaltlichen Aspekten befassen, Charaktere und ihre Handlungsweisen verfolgen und festhalten, Erzählmuster analysieren oder Handlungsebenen reflektieren.

Besonderheiten des Films sind die Rollenbesetzungen, die Settings der Szenen und allgemein Aspekte der Ausstattung, worauf das Interesse der Lernenden gerichtet werden sollte. Ein Bewusstsein für weitere künstlerische Aspekte des Films erlangen Lernenden bei der Betrachtung genretypischer Produktionstechniken. Sie sind das Ergebnis von Entscheidungen des Regisseurs über Kameraführung, Schnitt und musikalische Untermalung, zentralen Elementen der Filmdramaturgie.

[…]

Mit professionell hergestellten Filmen arbeiten Lernende kreativ, indem sie einzelne dialogische Szenen (stumm geschaltet) neu betexten oder mit anderen Musiken unterlegen.

Sehverstehen wird bei Produkten der sequenziellen Kunst aufgerufen. Handlungen und Charaktere präsentieren die Geschichten in Bildern und Texten. Die Bildsequenzen von comics oder graphic novels werden durch Sprechblasen und captions choreographiert. Da die Bilder grundsätzlich Äußerungen aus verschiedensten Niveaustufen zulassen, sind Comics und Bildromane beliebte Genres bereits des Anfangsunterrichts, die Lernende über einfach zu handhabende Online-Tools herstellen können (z. B. picton.com). Typische Aufträge in Verbindung mit kreativem Schreiben basieren auf Panelschablonen, bei denen Sprechblasen oder Textsequenzen ergänzt werden sollen. Einige Beispiele finden sich im Kasten unten (Gehring 2017: 143ff).
Kreative Aktivierungsformen zu sequenzieller Kunst
Match panels and bubbles
Anticipate text

Fill the bubbles
Create graphic story

  Choose bubbles that fit into the panels drawing arrows from left to right.

Write what characters may say into the blanked out captions and bubbles. Compare with original.
Find the filled and empty bubbles. Write text into empty ones.
Outline a story that can be retold in four panels. Download app, follow description and make a comic.
Der Aufgabentyp mit dem Operator create basiert auf einer digitalen Applikation, bei der mehrere Panels betextet werden müssen. Eine sinnvolle Vorarbeit, auch für die kreative Arbeit mit Filmen, ist die Entwicklung eines Storyboards. Im professionellen Umfeld von Trickfilmproduzenten oder Regisseuren sind darin gezeichnete Szenen und Settings festgehalten, die wesentliche Ablaufe eines Handlungsausschnitts, Kameraeinstellungen, Stellszenen der Akteure für die Verfilmung visualisieren. In der didaktischen Variante wird auf einem Storyboard die Geschichte in kleinere Abschnitte aufgeteilt und jede davon jeweils in einer Szenerie verbildlicht (Dreyer 2014). Hierzu gibt es digitale Hilfen, zum Zeitpunkt der Drucklegung z. B. storyboardthat.com.

Zum Autor
Dr. Wolfgang Gehring ist Professor für Englische Fachdidaktik an der Universität Oldenburg, nach Stationen an den Universitäten Würzburg, Jena und der PH Schwäbisch Gmünd. Er ist Autor zahreicher Veröffentlichungen zur Englischen Fachdidaktik unter Einschluss der Theorie der Fremdsprachendidaktik sowie der Lehr- und Lernforschung.

Englische Fachdidaktik
von Prof. Dr. Wolfgang Gehring


Der Band vermittelt die Grundlagen der englischen Fachdidaktik und regt zur forschenden Auseinandersetzung mit den zentralen Herausforderungen des Englischunterrichts an.
Die Kapitel befassen sich mit Theorien zum Fremdsprachenerwerb, mit Problemen der Lehr- und Lernplanung sowie mit Fragen der Unterrichtsvorbereitung und -durchführung. Sie skizzieren praktische Verfahren beim Aufbau von Sprachwissen sowie sprachlichem Können und gehen dabei z. B. auch auf Lern- und Aneignungsbedingungen, Spracherwerb durch die Künste, Sprachsensibilität, Mehrsprachigkeit, Inklusion und kulturelle Bildung ein.
In jedem Kapitel gibt es englischsprachige Erläuterungen zentraler fachdidaktischer Begriffe und Konzepte.

Zahlreiche Beispiele und Planungshinweise unterstützen Studierende der Anglistik, Englischlehrkräfte im Referendariat und in der Weiterbildung sowie Quereinsteiger zusätzlich bei der Entwicklung professioneller didaktisch-methodischer Handlungskompetenzen.
Die Neuauflage ist vollständig überarbeitet worden und enthält zahlreiche farbige Infokästen mit Zusammenfassungen und Hinweisen.

(ESV/MD)

Programmbereich: Anglistik und Amerikanistik