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Vorsteuerabzug für Leistungen bei Ist-Versteuerung erst mit Zahlung (Foto: Tobias Seeliger/Adobe Stock)
Umsatzsteuer

EuGH: Vorsteuerabzug für Leistungen bei Ist-Versteuerung erst mit Zahlung

ESV-Redaktion Steuern
21.02.2022
EuGH stellt fest, dass der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers dann entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Umsatzsteuer entsteht.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10.02.2022 (Rs. C-9/20 Grundstücksgemeinschaft Kollaustraße 136) entsteht der Anspruch auf Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers gemäß Art. 167 MwStSystRL dann, wenn der Anspruch auf die abziehbare Umsatzsteuer entsteht.

Recht auf Vorsteuerabzug entsteht auch bei Ist-Versteuerung gleichzeitig mit Anspruch auf abziehbare Umsatzsteuer

Im Streitfall ging es um steuerpflichtige Umsätze aus der Vermietung eines Grundstücks, dass ebenfalls steuerpflichtig angemietet worden war. Die Umsatzsteuer wurde jeweils nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerung) berechnet. Aufgrund einer (teilweisen) Stundung wurden Mietzahlungen für die Jahre 2009 bis 2012 erst in den Jahren 2013 bis 2016 entrichtet. Fraglich war nun, ob für den Vorsteuerabzug der Zeitpunkt der Ausführung der Umsätze oder der Zeitpunkt der Zahlung maßgeblich ist.

Das Finanzamt – wie ihm folgend auch das Finanzgericht – stellte hierbei nach nationalem Recht auf § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG darauf ab, wann die Leistung ausgeführt worden ist. Da das Finanzgericht Zweifel hatte, ob das nationale Recht insoweit mit der MwStSystRL vereinbar ist, legte es dem EuGH vor.

Der EuGH sieht ebenso wie bereits der Generalanwalt einen Widerspruch zwischen der deutschen Regelung und den unionsrechtlichen Vorgaben: Nach dem klaren Wortlaut des Art. 167a MwStSystRL können die Mitgliedstaaten im Rahmen einer fakultativen Regelung vorsehen, dass das Recht auf Vorsteuerabzug eines Steuerpflichtigen (...) erst dann ausgeübt werden darf, wenn der entsprechende Lieferer oder Dienstleistungserbringer die Mehrwertsteuer auf die dem Steuerpflichtigen gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen erhalten hat. Die Mitgliedstaaten können aber ebenso abweichend vorsehen (Art. 66 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL), dass der Steueranspruch für bestimmte Umsätze oder Gruppen von Steuerpflichtigen spätestens bei der Vereinnahmung des Preises entsteht. Nach Ansicht des EuGH hat der deutsche Gesetzgeber hiervon Gebrauch gemacht, da § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG bestimmt, dass die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen bei Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Daraus folgt nach dem EuGH, dass in Fällen, in denen der Steueranspruch spätestens bei der Vereinnahmung des Preises entsteht, auch das Recht auf Vorsteuerabzug zum Zeitpunkt der Vereinnahmung des Preises entsteht.

Nach derzeitiger Auffassung der Finanzverwaltung entsteht das Vorsteuerabzugsrecht unabhängig von der Besteuerung des Leistenden im Zeitpunkt des Leistungsbezugs (Abschn. 15.2 Abs. 2 UStAE)

Die deutsche Finanzverwaltung stellt auf die Ausführung der Leistung und den Empfang der Rechnung ab. Die Zahlung hat für den Vorsteuerabzug keine Bedeutung. Für den Fall der Ist-Versteuerung verstößt diese Auffassung gegen Unionsrecht; hiernach hat der Vorsteuerabzug mit Zahlung zu erfolgen.

Vertrauensschutz für Regelung des UStAE bis zu Änderung des UStG oder der Verwaltungsauffassung

Unternehmer können bis zu einer gesetzlichen Neuregelung oder einer Änderung der Verwaltungsauffassung auf die Regelung des UStAE vertrauen. 

Das Urteil könnte jedoch durchaus so genutzt werden, indem der Vorsteuerabzug für bereits verjährte Zeiträume nachgeholt wird. Der Leistende muss dabei Ist-Versteuerer sein.

Die Reaktion der Finanzverwaltung bleibt abzuwarten.

Quelle: Urteil des EuGH vom 10.02.2022 – C-9/20

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