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Christian Lange: „Ohne öffentlichen Druck geht es nicht” (Foto: Angela Kausche)
Expertentreffen in Berlin

Fachtagung Compliance: Den Risiken mit Lösungen begegnen

ESV-Redaktion Management und Wirtschaft
28.04.2017
Compliance und Haftung, Tax Compliance, ISO 37001, neue IDW-Standards – und das neue Datenschutzrecht: Die Fachtagung Compliance 2017, die Ende April in Berlin stattfand, hatte es thematisch in sich. Zum Auftakt standen rechtspolitische Entwicklungen im Fokus.
„Das Thema Compliance bleibt aktuell: Notwendig ist ein gemeinsames Compliance-Verständnis über alle Unternehmensbereiche hinweg.” Mit diesem Appell eröffnete Dr. Joachim Schmidt, Geschäftsführer des Erich-Schmidt-Verlags, die Fachtagung Compliance 2017 in Berlin. Compliance sei längst kein Spezialbereich mehr, der nur Juristen interessiere, so Schmidt weiter.

Christian Lange (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz (BMJV), nutzte die Fachtagung, um Bilanz zu ziehen, was die schwarz-rote Bundesregierung in der zu Ende gehenden Legislaturperiode auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung auf den Weg gebracht hat.

Drei Schwerpunkte rückte Lange, der seit 1998 dem Deutschen Bundestag angehört, dabei in den Mittelpunkt: die Korruptionsbekämpfung im engeren Sinne, die Reform der Vermögensabschöpfung sowie größere Verantwortlichkeit von Unternehmen für strafbares Verhalten.

Compliance, so der Jurist Lange, meine nichts anderes als Regeltreue bzw. Regelkonformität: „Die besten Gesetze nützen aber nichts, wenn sie nicht gelebt werden.“ Da bei Fehltritten erhebliche Sanktionen drohen, sollten sich Unternehmen daher rechtzeitig vorbereiten. Aber auch die Befolgung eines gemeinsamen moralischen Wertkanons könne nicht hoch genug eingeschätzt werden.

„Korruption hat viele Gesichter“

Der Kampf gegen Korruption kann nach Ansicht von Lange nicht nur durch schärfere Gesetze geführt werden. Mindestens genauso wichtig seien Signale, die vom Gesetzgeber gesendet werden. Und diese müssten ihre Empfänger erreichen und akzeptiert werden. Wichtig sei daher, dass das Bewusstsein für die Grenzen zwischen „noch Erlaubtem und schon Verbotenem” noch mehr geweckt werden.

Weiter ging der parlamentarische Staatssekretär auf das Thema Abgeordnetenbestechung ein. Deutschland habe im November 2014 das UN-Übereinkommen gegen Korruption ratifiziert. Bis dahin war lediglich der Stimmenkauf strafbar, aber nicht etwa Schmiergeldzahlungen für die Organisation von Mehrheiten – oder das Einbringen eines konkreten Antrags.

Auch im Gesundheitsbereich und bei der Bestechung im geschäftlichen Verkehr habe es Fortschritte gegeben. Das früher allein geltende Kriterium der Konkurrenzschädigung wurde ausgeweitet und erfasse nun auch die Schädigung des eigenen Unternehmens, z.B. die Nichtbeanstandung mangelhafter Ware.

„Bußgeldrahmen für Unternehmen ist nicht mehr zeitgemäß“

Lange beklagte zudem Anwendungsdefizite in der Praxis. Das Thema der Verbandsverantwortlichkeit sei schon lange in der Rechtsdiskussion: Soll ein eigenes Unternehmensstrafrecht eingeführt werden? Richtige Sanktionen und ein richtiges Verfahren seien entscheidend. Große Unternehmen kalkulierten Sanktionsrisiken bisher einfach ein. Der bestehende Bußgeldrahmen sei daher nicht mehr zeitgemäß und müsse besser an den wirtschaftlichen Gegebenheiten im Unternehmen ausgerichtet werden.

Zwar könne Compliance sich bereits jetzt mildernd auf die Höhe der Bußgelder auswirken. Dennoch müsse hier mehr getan werden, räumte Lange ein. Die Justiz oder der Gesetzgeber könne aber nicht für die Geschäftsleitung entscheiden, wie das richtige Compliance-Programm auszusehen hat. Compliance sei als wirksame Vorkehrung dafür zu sehen, dass es gar nicht es zu Regelverstößen komme, dürfe aber nicht als Feigenblatt missbraucht werden.

Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung

Auf internationaler Ebene sollen internationale Standards zur Verantwortlichkeit der Unternehmen auf G20-Ebene entwickelt werden. Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) müssten zudem zukünftig mehr in den Vordergrund gerückt werden. Dies sei ein großer Schritt für einen besseren Datenschutz, da somit endlich ein einheitlicher Standard für alle gelten würde, die auf dem europäischen Markt anbieten. „Freiheit und Selbstbestimmung sind ohne Datenschutz nicht denkbar”, so Lange.

Auch die US-Datengiganten könnten sich damit diesen rechtlichen Vorgaben nicht mehr entziehen. Datenschutzverstöße können zukünftig sehr teuer werden - mit bis zu vier Prozent des Konzernumsatzes. Datenschutz-Compliance rücke also, so Lange, „mehr in den Fokus - und das ist gut so”.

Fachtagung Compliance 2017

Weitere Referenten waren:

- Dr. Rolf Raum, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
- Andrea Vitale (StB, PwC)
- Michael Kayser (Mitglied der deutschen Verhandlungsdelegation zur ISO 37001)
- Prof. Dr. habil. Josef Wieland (Zeppelin University)
- Heiko Schäfer (StB, PwC)
- Matthias Binder (Hewlett Packard Enterprise)
- Jens Kambor (Hewlett-Packard Enterprise)
- Stefan Pistor (Adidas)
- Dagmar Neuroth (Warth & Klein Grant Thornton)
- Tim Wybitul (RA, Hogan Lovells)
- Birgit Galley (Steinbeis-Hochschule/Tagungsleitung)

Weitere Berichte über die von Handelsblatt Fachmedien in Kooperation mit dem Erich Schmidt Verlag veranstaltete Fachtagung Compliance 2017 in Berlin lesen Sie demnächst auf Compliancedigital.de.


(ESV/mp mit Material von Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk)

Programmbereich: Management und Wirtschaft