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Beschreiben Sprache gut strukturiert: Christian Fandrych und Maria Thurmair (Foto: Astrid Eckert, TU München)
Nachgefragt bei: Prof. Dr. Christian Fandrych und Prof. Dr. Maria Thurmair

Fandrych: „Grammatik als Grundlagenwerk für alle, die Deutsch mit Hintergrundwissen vermitteln“

ESV-Redaktion Philologie
09.05.2018
Der Bereich ‚Deutsch als Fremd- und Zweitsprache‘ erfreut sich angesichts ungebrochener Globalisierungstendenzen und des gemeinsamen europäischen Arbeitsmarktes wachsender Popularität. Die neue Grammatik der Professoren Christian Fandrych und Maria Thurmair geht auf die Bedürfnisse der Lernenden und Lehrenden ein.
Ihr neues Buch Grammatik im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Grundlagen und Vermittlung erscheint im Mai 2018 in der ESV-Reihe Grundlagen Deutsch als Fremd- und Zweitsprache.

Lieber Herr Fandrych, liebe Frau Thurmair, diese Woche erscheint Ihre Grammatik im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache im ESV. Was war Ihr Kernanliegen bei der Konzeption Ihrer Grammatik, was wollten Sie anders machen im Vergleich zu anderen Produkten in diesem Bereich?

Maria Thurmair: Unser Kernanliegen war, die wichtigsten Aspekte der deutschen Sprache aus einer speziellen Perspektive, nämlich der Fremd- und der Vermittlungsperspektive systematisch und gut strukturiert zu beschreiben. Das heißt, wir behandeln die Themen genauer, die in der Vermittlung und beim Spracherwerb besonders relevant sind. Damit können sich gegenüber anderen Darstellungen die Schwerpunkte etwas verschieben: So behandeln wir z. B. den Aspekt der Klammer nicht nur im Bereich des Verbs, also die Verbalklammer, sondern auch im nominalen Bereich sehr ausführlich, da die klammernden Verfahren für Lerner häufig recht ungewohnte Verfahren darstellen.

„Ausgewählte Fragen der Grammatikvermittlung werden explizit angesprochen”

Christian Fandrych: Daneben gehen wir auch immer wieder explizit auf bestimmte Problembereiche aus der Lernendenperspektive ein und weisen auf besonders wichtige Erklärungsansätze hin – etwa beim schwierigen Thema Artikelverwendung im Deutschen. Anders ist zudem, dass wir in unseren „Didaktischen Fenstern“ ausgewählte Fragen der Grammatikvermittlung explizit ansprechen.

Die Lernenden kommen mit einer Vielzahl unterschiedlicher sprachlicher Hintergründe zum Deutschunterricht. Können Sie in Ihrer Grammatik dort Anknüpfungspunkte bieten, um diese wertvolle Ressource nutzbar zu machen?

Christian Fandrych:
Wir betonen an verschiedenen Stellen die Relevanz eines sprachbewussten und sprachreflektierenden Vorgehens. Dies betrifft sowohl die (zukünftigen) Lehrpersonen als auch die Lernenden selbst. Gerade dort, wo sich wichtige Unterschiede zwischen dem Deutschen und anderen Ausgangssprachen ergeben, machen wir immer wieder exemplarisch darauf aufmerksam. Dabei können wir natürlich nicht alle relevanten Ausgangssprachen umfassend berücksichtigen – insbesondere das Englische ist aber eine wichtige Vergleichssprache, da viele Lernende zumindest schon Grundkenntnisse im Englischen haben, wenn sie Deutsch lernen.

Grammatikvermittlung steht in dem hartnäckigen Ruf, eine recht trockene Angelegenheit zu sein. Ablautreihen oder Plural- und Kasusendungen stellen für Lernende des Deutschen mitunter eine große Hürde dar. Wie begegnen Sie dem in Ihrem Werk?

Maria Thurmair:
Nun, als trocken gelten ja gerne Dinge, die unsystematisch und komplex wirken. Wir versuchen zum einen, die zugrundeliegende Systematik der Endungen, z. B. bei Plural und Kasus, mit verschiedenen Mitteln sichtbar zu machen; diese Durchdringung des Systems kann durchaus spannend sein. Zum anderen versuchen wir, auch auf andere Mittel, wie z. B. Mnemotechniken, zurückzugreifen.

Christian Fandrych:
Und wir zeigen, wo immer dies sinnvoll und machbar ist, die kommunikative Relevanz von sprachlichen Mitteln auf – wozu dienen sie, in welchen Kontexten kann man mit ihnen sprachlich handeln, in welchen Textsorten begegnet mir das?

Gesprochene Sprache unterscheidet sich nicht unerheblich von schriftlich fixiertem Standarddeutsch. SMS- oder Chatkommunikation hat einen anderen Stil und stellt andere sprachliche Anforderungen als ein behördliches Schreiben. Welchen Stellenwert räumen Sie der mündlichen Sprachkompetenz und den verschiedenen Stilebenen und Registern in Ihrer Grammatik ein?

Maria Thurmair: Wir bemühen uns, in unseren Beschreibungen und Beispielen unterschiedliche kommunikative Kontexte abzubilden und die Bandbreite der Variationen in der deutschen Sprache an den entsprechenden Stellen anzusprechen; dabei nimmt mündlicher Sprachgebrauch innerhalb der Variationen eine herausragende Rolle ein. Wir beschreiben also Charakteristika des mündlichen Sprachgebrauchs an vielen Stellen, weisen aber immer auch auf stilistisch adäquaten Sprachgebrauch und mögliche Einschränkungen im Gebrauch hin.

Zu guter Letzt noch eine Frage: So viele verschiedene Deutschlernende es gibt, so viele verschiedene Lernbedürfnisse gibt es auch. Je nachdem, ob der Zweck des Deutschlernens ein Schüleraustausch, ein Ingenieursstudium, eine Stelle als Pflegekraft oder noch etwas anderes ist, ergeben sich für den/die Lerner/in ganz unterschiedliche Anforderungen. Inwiefern können Sie diese divergierenden Lernbedürfnisse in Ihrer Grammatik berücksichtigen?

Christian Fandrych:
Unsere Grammatikdarstellung versteht sich zunächst nicht als Lehrwerk, das sich direkt an Lernende richtet, sondern als Hilfestellung und Grundlagenwerk für diejenigen, die Deutsch mit ausreichend Hintergrund vermitteln wollen. Welche Aspekte dann jeweils relevant sind für den konkreten Unterricht und die jeweilige Zielgruppe, müssen die Nutzerinnen und Nutzer selbst entscheiden. Wie versuchen dort, wo sich das anbietet, auch gewisse Hinweise zu geben – etwa, dass der Konjunktiv I oder das Futur II nur noch in sehr speziellen Fällen und häufig nur noch rezeptiv von Relevanz sind, und dass etwa alltagssprachlich für die indirekte Rede meist auch der Indikativ reicht.

Man kann es auch so sagen: Das Buch soll eine gute Basis dafür schaffen, dass Lehrende fundiert entscheiden können, welche grammatischen Lernziele sie für ihre jeweilige Zielgruppe auswählen und sie auch dabei unterstützen, diese reflektiert zu vermitteln.

Maria Thurmair ist seit über zwei Jahrzehnten als Professorin im Bereich Deutsch als Fremdsprache tätig; Schwerpunkte in Lehre und Forschung sind linguistische Themen; sie ist Mitautorin bzw. Mitarbeiterin grammatischer Werke („Textgrammatik der deutschen Sprache“ (Weinrich), „Grundwissen Grammatik“ (Habermann/Diewald)) und Mitautorin von Lehrwerken und Lehrmaterial; sie hat zahlreiche Publikationen zu vielfältigen Themen im Bereich der anwendungsbezogenen Sprachwissenschaft verfasst.

Christian Fandrych hat als Universitätsdozent u. a. in Mexiko und am King’s College London gearbeitet, seit 2006 ist er Professor für Deutsch als Fremdsprache an der Universität Leipzig. Seine Schwerpunkte sind Grammatik- und Wortschatzvermittlung, Sprachvergleich und Sprache in Bildungsinstitutionen (v. a. im Hochschulbereich). Er ist (Mit-)Autor von verschiedenen Lernergrammatiken („Klipp und Klar Grundstufe“, „Klipp und Klar Mittelstufe“) sowie von zahlreichen linguistischen und sprachdidaktischen Publikationen.

(ESV/ln)

Grammatik im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Grundlagen und Vermittlung

Von Prof. Dr. Christian Fandrych, Prof. Dr. Maria Thurmair

Dieses Werk wendet sich an alle, die im Inland oder im Ausland Deutsch als Fremd- und Zweitsprache sowie Germanistik studieren oder unterrichten. Es führt in gut strukturierter und verständlicher Darstellung in die grundlegenden Themen der Grammatik des Deutschen ein. Diese werden mit praxisnahen Beispielen aus unterschiedlichen kommunikativen Situationen erläutert und mit vielen Übersichten und Tabellen anschaulich dargestellt. Dabei behandelt diese Grammatik besonders diejenigen Phänomene ausführlicher, die beim Spracherwerb und bei der Sprachvermittlung besonders zentral sind und bezieht somit konsequent die Fremd- und Vermittlungsperspektive mit ein; auch kontrastive Aspekte werden durchgehend berücksichtigt. Die Darstellung der grammatischen Gegenstände geht von Kapiteln zu verschiedenen Wortarten über zu größeren Einheiten. Sprachliche Variation wird immer wieder mit einbezogen. Über die verschiedenen Kapitel hinweg werden in „didaktischen Fenstern“ grundlegende und spezifische Fragen der Vermittlung der deutschen Grammatik verständlich und praxisnah vorgestellt und diskutiert.

Programmbereich: Deutsch als Fremdsprache