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Strom direkt vom Nachbarn? Blockchain würde es möglich machen (Foto: THANANIT/Fotolia.com)
Im Fachgespräch mit der ER: Tobias Federico

Federico: „Blockchain wäre ein grundsätzlicher Strukturumbruch im Energiebereich”

ESV-Redaktion Recht
23.11.2016
Im Frühjahr 2016 hat das Thema Blockchain in New York im Energiesektor für Aufmerksamkeit gesorgt. Hierüber und über Fragen zum EEG 2017 hat sich Tobias Federico, Geschäftsführer der Energy Brainpool GmbH & Co. KG, gegenüber der ER geäußert.
Die Idee des Blockchain-Verfahrens besteht darin, dass Verbraucher ihren Strom über automatisierte Prozesse direkt vom Produzenten kaufen können, meint Federico. Umgekehrt könnten Energieerzeuger, die gleichzeitig Verbraucher sind - man spricht hier von Prosumern - ihren selbst erzeugten Strom unmittelbar an andere Verbraucher verkaufen. Auch die betreffenden Stromlieferungsverträge würden dann durch sogenannte „Smart Contracts” unmittelbar zwischen dem Verbraucher und dem Stromlieferanten abgewickelt.

Was sind Smart Contracts?
  • Smart Contracts sind Verträge, die aktiv und selber einzelne Aktionen ausführen, die dort geregelt sind. 
  • Bei einer Autofinanzierung könnte ein Smart Contract zum Beispiel dafür sorgen, dass das Auto nicht mehr anspringt, wenn der Kunde mit seinen Raten im Zahlungsverzug ist. 
  • Im Energiebereich könnte ein Smart Contract automatisch die Stromlieferung einstellen, wenn der Kunde nicht gezahlt hat und die weiteren rechtlichen Voraussetzungen für eine Liefersperre vorliegen.

Energieversorger als zentrale Instanz überflüssig?

Federico sieht zwar grundsätzlich die Gefahr, dass der Einsatz eines Energieversorgers als bisherige zentrale Instanz überflüssig werden könnte.

Dennoch glaubt er, dass dies nicht so schnell gehen wird, obwohl die Blockchain-Technologie zu einem grundsätzlichen Strukturumbruch im Energiebereich führen würde. Dennoch ist Blockchain in den Augen Federicos sehr interessant, weil die entsprechenden Verfahren sehr gut im Hintergrund abgewickelt werden können.

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Den Verbraucher hält er insofern für den möglichen Gewinner, weil die Geschäftsbeziehungen vom klassischen Business-to-Consumer in Consumer-to-Consumer-Beziehungen umgewandelt können. Hierin liegt die eigentliche Chance, so Federico.

Dennoch sieht er auch Risiken und meint hierzu wörtlich: „Es dürfen keine Fehler passieren und man muss der Maschine vertrauen, wenn der Warenaustausch komplett automatisiert durch den Algorithmus, also durch Roboter, durchgeführt wird.”

Blockchain: Neue Rechtsfragen

  • Kunden werden zu Lieferanten: Ein Teil Endkunden wird gleichzeitig zum Lieferanten. Diese Prosumer müssen Geschäftsbeziehungen zu klassischen Endkunden aufbauen. Hierbei wären dann zum Beispiel Haftungsfragen oder Fragen der Gewährleistung zu klären. 
  • Wird der Endkunde zum Gewerbetreibenden? Auch diese Frage ist Federico zufolge völlig offen.
Antworten hierauf müssten letzlich die Juristen finden, meint Federico hierzu. Ein zentrales Problem wären die Standardlastprofile. Insoweit sollte zumindest die Möglichkeit bestehen, dass ein Standardlastprofil-Kunde zwei oder mehrere Lieferanten haben darf. 

Ebenso gebe es Schwierigkeiten mit dem Bilanzkreismanagement. Ein solches hält Federico für notwendig, um das Stromsystem stabil zu halten. Insoweit schlägt er vor, dieses Prinzip auf jeden Haushalt herunterzubrechen, der Peer-to-Peer-Handel betreibt und meint: „Wenn jeder Haushalt alles Mögliche versucht, ausgeglichen zu sein, bleibt das System stabil. Wenn ein Haushalt das nicht kann – und das wird die Mehrheit sein –, dann sucht dieser sich einen Stabilitäts- bzw. Backup-Lieferanten. Dies wären dann die Versorger der Zukunft.”

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Nur noch größere Player?

Angesprochen auf das EEG 2017 begrüßt Federico zunächst die finanzielle Förderung durch Ausschreibungen. Voraussetzung wäre allerdings, dass genug Wettbewerb auf der Anbieterseite besteht. Allerdings denkt er, dass in Zukunft nur noch größere Player auf dem Markt der erneuerbaren Energien mitmischen und befürchtet die Gefahr von Absprachen.

Ausschließlich Stadtwerke als klassische Stromerzeuger?

In seinem Ausblick auf das Jahr 2030 sagt er voraus, dass die Grundlasterzeugung nur noch durch Steinkohlekraftwerke und Gaskraftwerke erfolgt. Für die erneuerbaren Energien hält er dann eine Leistung von etwa 160 GW für realistisch. Diese wären aber gut durch die Netze zu leiten.

Auf der Verbraucherseite sieht Federico verstärkt Handy-Apps, die den Strombezug optimieren. Vor allem Stromrechungen der diversen Lieferanten mit elektronischen Wallets bezahlt.

Als klassische Stromversorger werde es fast nur noch Stadtwerke geben, die inzwischen regionale kommunale Gesamtdienstleister geworden sind.

Im Wesentlichen hat sich Federico noch zur Steuerung des weiteren Zubaus von Windenergie, über sogenannte Netzausbaugebiete, zum temporären Überangebot von EE-Strom oder zu den aktuellen Klimaschutzzielen der Bundesregierung geäußert.

Sie lesen das vollständige Interview in der Fachzeitschrift ER, Ausgabe 06.16

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Weiterführende Literatur
Im Berliner Kommentar EEG, herausgegeben von Frenz/Müggenborg/Cosack/Ekardt, erläutern Ihnen versierte Experten anschaulich und praxistauglich die weitverzweigten Regeln. Gleiches gilt für den Berliner Kommentar EEG II Anlagen und Verordnungen, herausgegeben von Prof. Dr. Walter Frenz. Im Kommentarpaket empfehlen sich beide Werke als verlässliche Begleiter durch das Regelungsregime des EEG und führen Sie sachkundig durch die komplexe Materie der zahlreichen Anlagen und Verordnungen.

(ESV/bp)

Programmbereich: Energierecht