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Räume in einer Schweizer Taxi-Zentrale können eine Betriebsstätte und die gewerblichen Einkünfte damit im Inland steuerfrei sein (Foto: Jürgen Prautsch/stock.adobe.com)
Abgabenordnung

FG Baden-Württemberg zur Betriebsstätte im Sinne des DBA-Schweiz eines Taxiunternehmens in den Räumen der Taxifunkzentrale

ESV-Redaktion Steuern
09.12.2021
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat sich mit der Frage des Vorliegen einer Betriebsstätte bei Räumen in einer Schweizer Taxi-Zentrale befasst.
Nach dem nun veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 14.10.2021 – 3 K 589/19 können Räume in einer Schweizer Taxi-Zentrale eine Betriebsstätte und infolgedessen die gewerblichen Einkünfte im Inland steuerfrei sein.

Der Kläger des Urteilsfalls mit Familienwohnsitz im Inland erzielt aus einer im Handelsregister eines Schweizer Kantons eingetragenen Firma „Betrieb eines Taxiunternehmens“ Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er hat einen in der Schweiz ausgestellten Führerschein, eine Schweizer Taxilizenz und drei von der Kantonspolizei ausgestellte Taxihalterbewilligungen „A“. A-Taxis sind öffentliche Standplätze vorbehalten und zum Parken auf öffentlichen Parkplätzen berechtigt. Der Kläger ist Genossenschaftsmitglied der Taxi-Genossenschaft, einem Zusammenschluss selbständiger Taxihalter zu einer Funkzentrale, über die die Fahraufträge abgewickelt werden. Er hat seinen Taxibetrieb am Geschäftssitz der Taxi-Genossenschaft angemeldet. Als Genossenschafter ist er verpflichtet, „nach Möglichkeit von den Einrichtungen der Genossenschaft Gebrauch zu machen (Treuepflicht)“. In den Streitjahren 2009 beschäftigte der Kläger fünf und 2010 vier angestellte Taxifahrer. Das beklagte Finanzamt unterwarf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der inländischen Besteuerung. Der Kläger habe keine Betriebsstätte in der Schweiz. Er leite das Taxiunternehmen von seiner inländischen Privatwohnung aus. Dies bestreitet der Kläger. Er erledige seine Büroarbeiten in der Taxizentrale in der Schweiz. Er könne dort einen Arbeitsplatz nutzen und verfüge alleine über einen Standcontainer. Während des Klageverfahrens erkannte das beklagte Finanzamt eine Vertreterbetriebsstätte in der Schweiz an und teilte im Schätzungswege den Gewinn auf die Schweizer und die inländische Betriebsstätte auf. Diese Vorgehensweise entspreche der im Verständigungsverfahren mit der Schweiz getroffenen Verständigungsvereinbarung. Dieser hatte der Kläger nicht zugestimmt.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Taxisunternehmens im Inland steuerfrei und nur beim Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen

Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Klage statt. Es entschied, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers steuerfrei und nur bei der Berechnung des Steuersatzes zu berücksichtigen (sog. Progressionsvorbehalt) seien.

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Kläger unterhält in den Räumen der Taxi-Zentrale „die für die Annahme einer Betriebsstätte erforderliche feste Geschäftseinrichtung“

Der Kläger unterhalte in den Räumen der Taxi-Zentrale „die für die Annahme einer Betriebsstätte erforderliche feste Geschäftseinrichtung“. Er habe das Recht, das den Taxiunternehmern zur Verfügung gestellte Büro mit Postfach für den Kläger für eigene betriebliche Handlungen zu nutzen und werde hierzu auch durch die „Treuepflicht“ ermuntert.

Ausschließliche Nutzungsmöglichkeit des Standcontainers begründet ausreichende dauerhafte Verfügungsmacht

Die Mitnutzungsmöglichkeit des Arbeitsplatzes begründe „im Falle des Klägers deshalb eine ausreichende dauerhafte Verfügungsmacht, weil sie sich durch den ausschließlich“ diesem überlassenen Standcontainer, der mit dem Firmenschild des Klägers beschriftet sei und zu dem nur dieser Schlüsselgewalt habe, „besonders manifestiert“, so die Richter des Finanzgerichts in ihrer Entscheidungsbegründung.

„Untergeordnete betriebliche Vorgänge“ können zum Vorliegen eine festen Einrichtung führen

Der Kläger nutze den Schreibtisch mehr als sechs Monate regelmäßig ein- bis zweimal pro Woche. Er erledige dort Telefonate, sonstige Korrespondenz, die Bezahlung von Rechnungen sowie Vorarbeiten für die Buchführung und die Steuererklärungen, die eine Schweizer Steuerberatungsgesellschaft erstelle. Bei diesen Tätigkeiten handle es sich um für das Unternehmen regelmäßig anfallende, mit dem Betrieb eines Unternehmens notwendigerweise einhergehenden Tätigkeiten administrativer Art, die nicht nur vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten seien. Auch „untergeordnete betriebliche Vorgänge“ könnten zum Vorliegen einer festen Einrichtung führen.

Gewerbliche Einkünfte aus Taxibetrieb vollumfänglich der Schweizer Betriebsstätte zuzuordnen – Gericht nicht an Ergebnis des Verständigungsverfahrens gebunden

Liege eine Betriebsstätte vor, erfasse diese sämtliche Unternehmensgewinne. Die gewerblichen Einkünfte des Klägers seien vollumfänglich der Schweizer Betriebsstätte zuzurechnen. Das Gericht sei nicht an das Ergebnis des Verständigungsverfahrens gebunden.

Revision zum BFH zugelassen

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache wurde vom Finanzgericht die Revision zum BFH zugelassen.

Quelle: Pressemitteilung des Finanzgericht Baden-Württemberg Nr. 7/2021 vom 07.12.2021

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(ESV/fl)

Programmbereich: Steuerrecht