Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

Betreiber von KWK-Anlagen erbringen hinsichtlich des von ihnen erzeugten und dezentral verbrauchten Stroms keine umsatzsteuerlich relevanten Leistungen (Foto: Matthias Krüttgen/stock.adobe.com)
Umsatzsteuer

FG Köln zur umsatzsteuerlichen Lieferung von in einer Kraft-Wärmekopplungsanlage erzeugtem und selbst (dezentral) verbrauchtem Strom an den Netzbetreiber

ESV-Redaktion Steuern
12.08.2021
Das Finanzgericht Köln hat aktuell zu der Rechtsfrage entschieden, ob bei dem vom Betreiber einer Kraft-Wärmekopplungsanlage erzeugten und selbst (dezentral) verbrauchten Strom eine umsatzsteuerliche Lieferung an den Stromnetzbetreiber vorliegt.
Nach dem vor kurzem veröffentlichten Urteil des FG Köln vom 16.06.2021 – 9 K 1260/19 wird der von dem Betreiber einer Kraft-Wärmekopplungsanlage erzeugte und selbst (dezentral) verbrauchte Strom umsatzsteuerlich nicht an den Stromnetzbetreiber geliefert. Nach dieser Entscheidung sind daher auch die Voraussetzungen für eine Rücklieferung dieses Stroms durch den Netzbetreiber an den Anlagenbetreiber nicht gegeben.

Die Klägerin des Urteilsfalls ist unter anderem als Betreiberin von öffentlichen Stromverteilernetzen tätig. An diese Stromnetze sind von unterschiedlichen Anlagenbetreibern betriebene Kraft-Wärmekopplungsanlagen (KWK-Anlagen) zur Stromerzeugung angeschlossen. Es handelt sich dabei auch um solche Anlagen, bei denen der Betreiber den erzeugten Strom (nahezu) ausschließlich selbst (dezentral) verbraucht. Die Klägerin zahlte den Anlagenbetreibern gemäß der im Streitjahr geltenden Vorschriften des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) einen Zuschlag für den Strom, der aufgrund des dezentralen Verbrauchs tatsächlich nicht in das Stromnetz für den allgemeinen Gebrauch eingespeist wurde. Die Klägerin erstellte hierüber keine gesonderten Abrechnungen und unterwarf den Vorgang auch nicht der Umsatzsteuer.

Der Beklagte vertrat unter Hinweis auf Abschnitt 2.5 UStAE die Auffassung, dass der gesamte von den Betreibern der KWK-Anlagen erzeugte und selbst verbrauchte Strom zunächst in das öffentliche Stromnetz eingespeist und fiktiv an die Klägerin geliefert werde. In einem zweiten Schritt werde dieser Strom dann von der Klägerin als Netzbetreiberin wieder fiktiv an den Anlagenbetreiber zurück geliefert. Diese „Hin- und Rücklieferungen“ seien umsatzsteuerlich zu erfassen. Daher setzte der Beklagte hinsichtlich der „Rücklieferung“ des dezentral verbrauchten Stroms Umsatzsteuer gegenüber der Klägerin fest.

Keine umsatzsteuerlich relevante Leistung bzgl. dezentral verbrauchten Stroms

Die von der Klägerin hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht Köln gab der Klage statt. Zu Unrecht sei der Beklagte hinsichtlich des dezentral verbrauchten Stroms von umsatzsteuerlich relevanten Leistungen der Klägerin ausgegangen.

Aktuelle Meldungen
Hier bleiben Sie auf dem aktuellen Stand im Bereich Steuern. Sie können auch unseren kostenlosen Newsletter Steuern hier abonnieren.

Fehlende Übertragung der Verfügungsmacht – keine Übertragung von Substanz, Wert oder Ertrag vom Anlagenbetreiber auf die Klägerin

Die Richter des Finanzgerichts begründeten dies damit, dass die Betreiber von KWK-Anlagen hinsichtlich des von ihnen erzeugten und dezentral verbrauchten Stroms keine umsatzsteuerlich relevanten Leistungen gegenüber der Klägerin erbrächten. Die Lieferung von Strom durch die Anlagenbetreiber an die Klägerin scheitere an der hierfür erforderlichen Übertragung der Verfügungsmacht. Der in der KWK-Anlage erzeugte und dezentral verbrauchte Strom werde (unstreitig) gerade nicht in das allgemeine Netz der Klägerin eingespeist. Infolge der fehlenden Einspeisung des Stroms in das allgemeine Stromnetz werden weder Substanz, noch Wert oder Ertrag des in der KWK-Anlage erzeugten und dezentral verbrauchten Stroms vom Anlagenbetreiber auf die Klägerin übertragen.

Keine Änderung der Beurteilung auch bei bloßer Möglichkeit zur Einspeisung des selbst erzeugten Stroms infolge Netzanschlusses und der Zahlung des KWK-Zuschlags

Weder die bloße Möglichkeit, dass in der KWK-Anlage erzeugter Strom infolge des Netzanschlusses eingespeist werden könnte, noch die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des KWK-Zuschlags nach § 4 Abs. 3a KWKG 2009 änderten hieran etwas, so die Richter des FG Köln in ihrer Entscheidungsbegründung. Denn auch diese Umstände begründeten keine Übertragung von Substanz, Wert oder Ertrag. Die Klägerin erhalte weder aufgrund des Netzanschlusses noch aufgrund ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Zuschlags die Befähigung, wie ein Eigentümer über den dezentral verbrauchten Strom zu verfügen. Dies werde auch bei Betrachtung der Regelung in § 4 Abs. 2 KWKG 2009 deutlich, wonach Netzbetreiber den aufgenommenen KWK-Strom verkaufen oder zur Deckung ihres eigenen Strombedarfs verwenden können. Ein solch „aufgenommener Strom“ liege bei einem dezentralen Stromverbrauch jedoch gerade nicht vor. Dieser sog. „aufgenommene Strom“ nämlich führe zur Vergütung nach § 4 Abs. 3 KWKG 2009, während der nicht eingespeiste, d.h. dezentral verbrauchte Strom die Anwendbarkeit von § 4 Abs. 3a KWKG 2009 nach sich ziehe. Aus dieser Zuschlagsregelung werde schließlich deutlich, dass der Wert des Eigenstroms beim Anlagenbetreiber verbleibe, da weder die Zahlung eines „üblichen“ Preises noch des Börsenpreises vorgesehen sei.

Auch kein anderer Leistungstatbestand des UStG oder der MwStSystRL vom KWK-Anlagenbetreiber erfüllt

Durch den dezentralen Stromverbrauch erfülle der Betreiber einer KWK-Anlage im Übrigen auch keinen anderen Leistungstatbestand des UStG oder der MwStSystRL. Fehle es bereits an einer Lieferung von Strom an die Klägerin, komme auch eine „Rücklieferung“ dieses Stroms durch die Klägerin nicht in Betracht.

Zugelassene Revision beim BFH anhängig

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 18/21 anhängig.

Quelle: PM des FG Köln vom 10.08.2021

Rechnungen im Umsatzsteuerrecht


Umsatzsteuerliche Probleme bei Eingangs- und Ausgangsrechnungen können für Unternehmen zu empfindlichen finanziellen Konsequenzen führen. Denn unter der Lupe des Betriebsprüfers rächen sich Ungenauigkeiten noch Jahre später, z.B. wenn der Vorsteuerabzug wegen nicht mehr korrigierbarer Fehler versagt wird.

Das viel beachtete Praxisbuch von Rolf-Rüdiger Radeisen und Peter Zaumseil unterstützt Sie beim rechtssicheren Vorgehen in diesem unternehmerischen Kernbereich mit einem detaillierten Überblick, Rechnungsmustern und Checklisten. Dabei im Fokus:

  • Typische Praxisprobleme bei konventionellen und elektronischen Rechnungen
  • Anforderungen an ordnungsgemäße Rechnungen, Aufbewahrung, Berichtigung u.v.m.
  • Elektronische Rechnungen, Voraussetzungen und Besonderheiten
  • Unrichtiger bzw. unberechtigter Steuerausweis und seine Rechtsfolgen

Die rundum aktualisierte 2. Auflage berücksichtigt neben jüngster EuGH-/BFH-Rechtsprechung u.a. die Neuerungen bei der rückwirkenden Rechnungsberichtigung und die jetzt notwendige elektronische Übermittlung von Rechnungen bei öffentlichen Aufträgen.


(ESV/fl)

Programmbereich: Steuerrecht