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Roman Götze: „Jede Information mit Umweltbezug kann für das UIG relevant sein” (Foto: privat)
Nachgefragt bei: Rechtsanwalt Dr. Roman Götze

Götze: „Die Bürger nehmen die Intention des UIG ernst und stellen es gerichtlich auf die Probe!”

ESV-Redaktion Recht
14.02.2017
Das Umweltinformationsgesetz steht für einen grundlegenden Wandel hin zu mehr Transparenz. Wer einen Informationsanpruch hat, wer informationspflichtig ist und wie dieser Anspruch praktisch gewährt wird, erläutert Rechtsanwalt Dr. Roman Götze im Interview mit der ESV-Redaktion.
Herr Dr. Götze, das Umweltinformationsgesetz - kurz: UIG - soll für den Bürger freien Zugang zu Umweltinformationen schaffen.  Welche generellen Ziele verfolgt der Gesetzgeber damit?

Roman Götze: Der Bundesgesetzgeber hat sich die Ziele der europäischen Umweltinformationsrichtlinie und der Aarhus-Konvention zu Eigen gemacht: Der erweiterte Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen und die Verbreitung dieser Informationen sollen dazu beitragen, das Umweltbewusstsein zu stärken, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und so letztendlich den Umweltschutz verbessern.

Zwingt Europa Deutschland damit zu mehr Transparenz?  

Roman Götze: Das hat die Europäische Ebene jedenfalls mit der Umweltinformationsrichtlinie von 1990 getan. Das UIG von 1994 stieß in der deutschen Verwaltung einen Paradigmenwechsel an, den die „zweite Welle” – die Umweltinformationsrichtlinie von 2003 und die Umweltinformationsgesetze des Bundes und der Länder – nun für den Umweltsektor vertieften. Daneben gibt es inzwischen – auch unabhängig von der europäischen Ebene – Informationsfreiheitsgesetze im Bund und den meisten Ländern und sogar kommunale Informationsfreiheitssatzungen.

Was sind Umweltinformationen? Wie grenzt das Gesetz diesen Begriff ein?

Roman Götze: Dem UIG liegt ein denkbar weiter Begriff der Umweltinformation zugrunde. Jede Information, die einen gewissen Umweltbezug aufweist, sei dieser unmittelbar oder mittelbar, kann in den Anwendungsbereich des UIG fallen.

Wer ist informationspflichtige Stelle nach dem UIG, das heißt, wer kann sich nicht mehr „vor dem Bürger verstecken”?

Roman Götze: Auch der personale Anwendungsbereich des UIG ist weit. Er umfasst nicht nur alle Behörden (des Bundes), die über Umweltinformationen verfügen sondern auch bestimmte Private, wenn diese unter der Kontrolle des Bundes stehen oder materielle Umweltaufgaben wahrnehmen.

„Wissen ist Macht!”,  so ein altbekanntes Sprichwort. Dementsprechend hat Deutschland viele Auskunfts- und Informationsrechte. Diese sind aber, abgesehen von wenigen Regelungen, wie zum Beispiel dem Informationsfreiheitsgesetz, meist Teil ganz spezifischer sachbezogener Regelungen. Warum gibt es im nun auch im Bereich Umwelt wieder ein eigenes Informationsgesetz? Könnte der Gesetgeber nicht ein allgemein gültiges Informationsrecht schaffen, das für alle Bereiche gilt?

Roman Götze: In der Tat ist das heutige Informationszugangsrecht – UIG, IFG, VIG, GDIG usw. - eine stark zersplitterte Materie. Die Daseinsberechtigung des UIG ist seine unionsrechtliche Herkunft und die Verpflichtung, die Richtlinie mit ihren komplexen Vorgaben umzusetzen. Natürlich könnte der Gesetzgeber – wie dies in einigen Bundesländern erwogen und sogar praktiziert wird – die sektoralen Informationszugangsrechte zu einer Gesamtkodifikation zusammenführen. Dies ist allerdings – wegen deren stark divergierenden „Durchschlagskraft” - ein ambitioniertes Unterfangen.

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Wer kann einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen stellen? Muss der Antragsteller ein besonderes Interesse an den gewünschten Informationen darlegen oder besonders betroffen sein?


Roman Götze: Nein. Der Antragsteller kann den Antrag ohne Angabe von Gründen stellen. Ein rechtliches oder tatsächliches Erkenntnisinteresse muss er gerade nicht offen legen. Unterhalb der Schwelle der offensichtlichen Missbräuchlichkeit können also selbst strategische Motive einen Umweltinformationsantrag tragen.

Wie wird der Zugang zu Umweltinformationen praktisch gewährt? Welche Arten des Zugangs gibt es?

Roman Götze: Die einfachste Art des Informationszugangs ist die Informationsgewährung vor Ort. Der Anspruchssteller kann also bei der informationspflichtigen Stelle in die Akten Einsicht nehmen. Er kann aber z.B. auch um die Zusendung von Kopien bitten oder um Übermittlung von Daten auf elektronischem Wege.

Umweltinformationen berühren nicht selten die Interessen mehrerer Beteiligter. Man spricht auch von Informationen im dreipoligen Spannungsfeld. Wie regelt das UIG grundsätzlich gegenläufige  Interessen, zum Beispiel zwischen dem Antragsteller und betroffenen Unternehmen, die ein Geheimhaltungsinteresse haben?

Roman Götze: Das UIG sieht zunächst in den praktisch bedeutensten Fallgruppen – etwa wenn Datenschutzbelange oder Betriebsgeheimnisse berührt sein können – eine Beteiligung und Anhörung der Drittbetroffenen vor. Dem nachgeschaltet ist die Anwendung der ihrem Schutz dienenden Ablehnungsgründe (z.B. § 9 UIG). Das läuft dann auf eine Güterabwägung hinaus, bei der aber auch das Informationsinteresse zu berücksichtigen ist.

Können informationspflichtige Stellen bestimmte Informationen verweigern? Welche Rechtsbehelfe hat der Antragsteller gegen die Ablehnung seines Antrags?

Roman Götze: Wenn ein Ablehnungsgrund (§ 8 oder 9 UIG) vorliegt, etwa weil ein Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnis offenbart werden würde und die Schutzbelange des Dritten überwiegen, lehnt die informationspflichtige Stelle den Antrag ganz oder teilweise ab. Dagegen kann der Antragsteller dann Rechtsmittel einlegen und seinen Anspruch auch vor Gericht durchsetzen, falls die Ablehnung zu Unrecht erfolgte.

Derartige „Umweltinformationsklagen” gibt es in reicher Zahl. Die Bürger nehmen die eingangs beschriebene Intention des UIG ernst und stellen es gerichtlich auf die Probe.

Zur Person
Dr. Roman Götze ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht der Kanzlei GÖTZE Rechtsanwälte in Leipzig

Weiterführende Literatur
Mit dem Berliner Kommentar UIG, Umweltinformationsgesetz, herausgegeben von Dr. Roman Götze, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, nehmen sie die Herausforderungen an, die das UIG an Sie stellt. Setzen Sie auf aktuelle, kompakte und praxisnahe Erläuterungen des UIG aus der Feder äußerst erfahrener Rechtsanwälte im Umwelt- bzw. Umweltinformationsrecht.

(ESV/bp)

Programmbereich: Umweltrecht und Umweltschutz