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Korrektur in Papierform ermöglicht rückwirkenden Vorsteuerabzug bei einer Gutschrift ohne Signatur (Foto: Andrey Popov/Fotolia.com)
Umsatzsteuer

Gutschrift ohne Signatur: Korrektur in Papierform mit rückwirkendem Vorsteuerabzug möglich

ESV-Redaktion Steuern
22.01.2018
Kann eine Gutschrift, die ohne elektronische Signatur übermittelt worden ist, durch die Übersendung einer Gutschrift in Papierform berichtigt werden mit der Folge des rückwirkenden Vorsteuerabzugs? Zu dieser Streitfrage hat in einem aktuellen Fall das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden.
Nach dem nun veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 24.05.2017 (Az. 1 K 605/17) kann eine Gutschrift ohne elektronische Signatur in Papierform berichtigt werden und ermöglicht „rückwirkend“ einen Vorsteuerabzug.

Die Klägerin des Urteilsfalls hatte im Streitjahr 2005 eine Gutschrift ohne elektronische Signatur per E-Mail an ihren Vertragspartner, den leistenden Unternehmer, übermittelt. In der Gutschrift fehlte die Steuernummer bzw. Umsatzsteueridentifikationsnummer des leistenden Unternehmers. Die Leistungsbeschreibung war ungenau. Die Klägerin erklärte zunächst in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2005 Vorsteuern aus der Gutschrift.

2011 übersandte sie dem leistenden Unternehmer die Gutschrift in Papierform und fügte ein Blatt mit der bislang fehlenden Steuernummer sowie eine Liste der erworbenen Wirtschaftsgüter bei. Sie berichtigte sodann ihre Umsatzsteuererklärung für 2005. Sie kürzte den Vorsteuerabzug und legte gegen die geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 Einspruch ein. Das beklagte Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug ab. Die 2005 per E-Mail übermittelte Gutschrift sei keine Rechnung, die rückwirkend berichtigt werden könne. Ein Vorsteuerabzug sei erst 2011 möglich.

Ursprüngliche Leistungsbeschreibung nicht so unbestimmt, dass sie fehlenden Angaben gleichsteht

Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der dagegen erhobenen Klage statt und ließ den rückwirkenden Vorsteuerabzug zu.

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Der Leistungsempfänger, die Klägerin, konnte eine Rechnung ausstellen, da dies im Streitfall vereinbart worden war (sog. Gutschrift). Enthalte die Gutschrift nicht alle erforderlichen Angaben für einen Vorsteuerabzug, könne die Klägerin diese mit Rückwirkung auf das Streitjahr berichtigen, so der Senat.

Die im Streitjahr 2005 erteilte Gutschrift sei berichtigungsfähig. Die ursprüngliche Leistungsbeschreibung sei „nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend“ gewesen, „dass sie fehlenden Angaben gleichstehe.“ Die ungenaue Leistungsbeschreibung habe die Klägerin berichtigt. Sie habe die ursprüngliche Beschreibung ergänzt. Sie habe der berichtigten Gutschrift 2011 eine Liste der gekauften Wirtschaftsgüter sowie die Steuernummer beigefügt.

Gutschrift ohne Signatur erfüllt materielle Voraussetzungen für Vorsteuerabzug

Die Gutschrift ist nach Ansicht der Richter des Finanzgerichts auch ohne elektronische Signatur ein Dokument, in dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet werde. Ohne elektronische Signatur seien zwar die formellen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nicht erfüllt. Ein Vorsteuerabzug sei trotzdem zulässig, weil die „materiellen Voraussetzungen erfüllt sind“. Die Rechtsentwicklung zur elektronischen Rechnung bestätige, „dass die Anforderungen an ihre Anerkennung nicht überspannt werden dürfen.“

Im Übrigen hat die Klägerin den Mangel der Übertragungsform rückwirkend auf das Streitjahr durch Übermittlung einer Papierrechnung geheilt, so die Richter des Finanzgerichts. Eine Heilung erfordere kein elektronisches Dokument mit elektronischer Signatur. Könne eine Rechnung bei inhaltlichen Fehlern rückwirkend berichtigt werden, müsse dies auch bei der elektronischen Übertragung ohne elektronische Signatur zulässig sein.

Rückwirkende Berichtigung unionsrechtlich geboten

Eine Rückwirkung sei nach Auffassung des Senats auch unionsrechtlich geboten. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem garantiere die Neutralität der Steuer. Das Finanzamt hat gegen die Entscheidung Revision eingelegt (Az. beim Bundesfinanzhof V R 48/17).

Quelle: PM des Finanzgerichts Baden-Württemberg Nr. 2/2018 vom 16.01.2018

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 (ESV/fl)

Programmbereich: Steuerrecht