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Haftungsfragen drohen im Grenzbereich Lohnsteuer und Sozialversicherung (Photo: Zerbor/Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung

Haftung von Steuerberatern bei sozialversicherungsrechtlichen Fragen

ESV-Redaktion Steuern
01.09.2022
Die Tätigkeit von Steuerberatern im Rahmen der Lohnbuchhaltung wird häufig von sozialversicherungsrechtlichen Fragen beeinflusst. Dies kann auch haftungsrechtliche Folgen haben, wie das OLG Hamm kürzlich feststellte.

In dem Rechtsstreit geht es um Schadensersatzansprüche, die die Klägerin gegen die Beklagte, ihre vormalige u. a. mit der Lohnbuchhaltung betraute Steuerberaterin, geltend macht, nachdem sie im Anschluss an eine Betriebsprüfung zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für ihre drei Gesellschafter-Geschäftsführer verpflichtet wurde.

Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer sind grds. sozialversicherungspflichtig

Nach Aufgabe der sog. „Kopf und Seele“ Rechtsprechung besteht für Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer im Grundsatz die Pflicht, Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Dies kann jedoch durch eine Anpassung des Gesellschaftsvertrags und des Dienstvertrags geändert werden. Fraglich war, ob die Steuerberaterin, die auch mit der Lohnbüchführung beauftragt war, hierauf hinweisen durfte bzw. musste.

Reichweite des Steuerberatungsmandats

Das OLG Hamm führt in seinem Urteil vom 8. April 2022 (25 U 42/20) hierzu aus: „Der Steuerberater, der mit der Lohnbuchführung beauftragt ist, ist zur Beratung in sozialversicherungsrechtlichen Fragen auch in Bezug auf die Beitragspflicht weder berechtigt noch verpflichtet, hat aber im Rahmen der sich als Nebenpflicht aus dem Steuerberatervertrag ergebenden vertraglichen Schadensverhütungspflicht bei Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art zu raten, einen Rechtsanwalt aufzusuchen oder eine Prüfung durch den Sozialversicherungsträger anzuregen“, dies, so das OLG Hamm weiter, könne auch bezüglich der Frage einer Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV für Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gelten, sofern diese über keine Sperrminorität verfügten.

Mögliche Lösung: Anpassung des Gesellschaftsvertrags

Im Streitfall legte das OLG Hamm seiner Entscheidung die Annahme pflichtgemäßen Verhaltens zugrunde. Die GmbH-Gesellschafter und Geschäftsführer, die jeweils zu 1/3 beteiligt waren, hätten bei entsprechendem Hinweis durch den Steuerberater einen Rechtsanwalt aufgesucht oder ein Statusfeststellungsverfahren initiiert. In beiden Fällen hätte dies dazu geführt, dass eine Sozialversicherungspflicht bejaht worden wäre, und hätte die Gesellschafter-Geschäftsführer veranlasst, die notwendigen gesellschaftsrechtlichen Änderungen vorzunehmen, um für die Zukunft eine Sozialversicherungspflicht auszuschließen.

Das OLG Hamm bejahte eine Haftung des Steuerberaters auch deswegen, weil sogar schon vor Aufgabe der „Kopf und Seele“ Rechtsprechung des BSG klar war, dass durch die Vereinbarung von Sperrminoritäten erreicht werden konnte, dass die Tätigkeiten von Minderheitsgesellschaftern von der Sozialversicherungspflicht befreit waren (BSG vom 24.09.1992 – 7 Rar 12/92). Beachtlich ist auch ein Aspekt, der sich ebenfalls als Ansatz für die Abwehr eines Haftungsanspruchs eignen könnte: Das Gericht stellt auch darauf ab, dass bei Übernahme der Lohnbuchhaltung durch den Steuerberater noch keine Betriebsprüfung vorangegangen war, in der die sozialversicherungsrechtliche Einordnung unbeanstandet geblieben war, weil das Mandat im Zuge der Neugründung der Gesellschaft übernommen wurde.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 8. April 2022 – 25 U 42/20

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ESV/cmx

Programmbereich: Steuerrecht