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Geplante Verschärfung der Mietpreisbremse: Umlagesatz bei Modernisierung soll von 11 auf 8 Prozent sinken (Foto: photo 5000/Fotolia.com)
Mietrechtsreform 2018

Im Kreuzfeuer der Kritik: Die geplante Verschärfung der Mietpreisbremse

ESV-Redaktion Recht
15.11.2018
Explodierende Mieten beunruhigen die Öffentlichkeit schon länger. Gegensteuern will die Bundesregierung mit ihrem Mietrechtsanpassungsgesetz (MietAnpG). Hierzu hat sich inzwischen der Bundesrat geäußert. Auch der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestags hat zahlreiche Experten angehört – ein Zwischenbericht der ESV-Redaktion.




Der Regierungsentwurf im Kern

Grundlage für den Entwurf der Bundesregierung vom 05.09.2018 ist der Referentenentwurf des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vom 12.07.2018. Die wesentlichen geplanten Änderungen im Überblick:
  • Vorvertragliche Auskunftspflicht des Vermieters: Vermieter sollen bei Neuabschluss eines Mietvertrages dazu verpflichtet werden, unaufgefordert offenzulegen, warum sie ausnahmsweise eine höhere als die gesetzlich zulässige Miete verlangen. Dies würde alle Vermieter betreffen, die sich bei einem Neuvertrag auf die Ausnahmen der §§ 556e und § 556f BGB berufen wollen.
  • Senkung des Umlagesatzes bei Modernisierung: Der Prozentsatz, mit dem der Vermieter die Kosten einer Modernisierung an die Mieter weitergeben kann, soll von 11 auf 8 Prozent gesenkt werden. Allerdings würde dies nur für Gebiete mit abgesenkter Kappungsgrenze gelten. Hierzu gehören Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Zudem soll die Umlage von Modernisierungskosten auf drei Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren begrenzt werden.
  • Vereinfachtes Verfahren bei kleiner Modernisierung: Für kleinere Modernisierungen – das heißt, bei einem Umfang von bis zu 10.000 Euro pro Wohnung – soll ein vereinfachtes Verfahren eingeführt werden. So sollen Vermieter 30 Prozent für den Erhaltungsaufwand abziehen und den Rest als Modernisierungskosten umlegen können. Hiervon würden vor allem private Vermieter profitieren.  
  • Neue Regelungen zur Wohnflächenberechnung: Der nun vorgelegte Gesetzesentwurf enthält auch eine Neuregelung der Wohnflächenberechnung. Damit müssen Vermieter künftig im Mietvertrag eine Berechnungsmethode angeben. Ohne eine solche Angabe gelten für Gebäude bis Baujahr 2003 die Regelungen der §§ 42 bis 44 der Zweiten Berechnungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.10.1990 (BGBl. I S. 2178). Bei Gebäuden ab Baujahr 2003 gilt dann die Berechnungsmethode der Wohnflächenverordnung vom 25.11.20193 (BGBl. I S. 2346) in der Fassung ab dem 01.01.2004.  
  • „Herausmodernisieren“ als Ordnungswidrigkeit: Um ein zielgerichtetes „Herausmodernisieren“ von Mietern zu verhindern, soll ein neuer Ordnungswidrigkeitentatbestand in das WiStrG eingeführt werden. Dieser wäre erfüllt, wenn der Vermieter an dem Mietobjekt bauliche Veränderungen durchführt mit der Absicht, den Mieter zur Kündigung zu veranlassen. Ordnungswidrig wäre es auch, wenn der Vermieter nicht innerhalb von zwölf Monate nach Ankündigung mit den baulichen Veränderungen beginnt. Entsprechende Ordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet werden. 
  • „Herausmodernisierung als Pflichtverletzung“: Ebenso soll bei Ankündigungen von Modernisierungen eine Pflichtverletzung des Vermieters vermutet werden, wenn dieser nach der Ankündigung nicht innerhalb von zwölf Monaten mit der Maßnahme beginnt oder die Arbeiten nach Beginn mehr als zwölf Monate ruhen lässt. Dies gilt aber nur bei der Ankündigung einer Mieterhöhung von mindestens 100 Prozent oder dann, wenn er die Maßnahme so durchgeführt, dass der Mieter erheblich belastet wird. Diese Vermutung soll der Vermieter widerlegen können, wenn er einen nachvollziehbaren objektiven Grund vorträgt.
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Die Beratungen im Bundesrat

Der Deutsche Bundesrat hat im Oktober 2018 den Regierungsentwurf beraten. Die Länderkammer forderte Änderungen und gab Anregungen. Eine Gegenäußerung der Bundesregierung liegt inzwischen vor. Danach will diese einige Anregungen des Bundesrates aufgreifen. Hier eine Gegenüberstallung der Positionen: 

Stellungnahme/Vorschlag des Deutschen Bundesrates  Antwort der Bundesregierung 
 
Absenkung der Modernisierungsumlage  
  • Die Modernisierungsumlage soll dem Bundesrat zufolge generell von 11 auf 8 Prozent abgesenkt werden und nicht auf bestimmte Gebiete beschränkt werden.
 
  • Diesen Vorschlag lehnt die Bundesregierung ab.
Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete
  • Insoweit fordert der Bundesrat, dass der Betrachtungszeitraum für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete von gegenwärtig vier auf acht Jahre verlängert wird. Auch der Bindungszeitraum soll danach von zwei auf drei Jahre verlängert werden.
 
  • Hierzu merkt die Bundesregierung an, dass das Eckpunktepapier zum Wohnungsgipfel vom 21.09.2018 eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums von vier auf sechs Jahre vorsieht. Der Gesetzentwurf könne entsprechend ergänzt werden. Ebenso soll eine Verlängerung des Bindungszeitraums geprüft werden.
Abschaffung der Rügepflicht
  • Der Bundesrat regt die Abschaffung der Rügepflicht des Mieters bei Verstoß gegen Mitpreisbremse an. Aktuell können Mieter nur dann Rechte aus der Mietpreisbremse geltend machen, wenn sie einen Verstoß gegenüber dem Vermieter gerügt haben. Dem Regierungsentwurf zufolge soll nur das Rügerecht vereinfacht werden.  
 
  • Die Bundesregierung meint, dass eine Rügepflicht generell sinnvoll sei. Sie möchte aber eine Evaluierung der Vorschriften zur Mietpreisbremse abwarten. Danach könne zu diskutieren sein, ob weitere Änderungen sinnvoll und geboten wären.
Harmonisierung der Verzugsfolgen
  • Der Bundesrat will prüfen lassen, wie Mieter, die nach einer fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung wegen Mietschulden ihre Rückstände bezahlt haben, vor dem Verlust ihrer Wohnung geschützt werden können. Nach aktueller Rechtslage, die der BGH jüngst verfestigt hat, macht eine sogenannte Schonfristzahlung nur die fristlose Kündigung unwirksam. Demgegenüber bleibt eine hilfsweise ordentlich erklärte  Kündigung wirksam.   
 
  • Diesen Vorschlag greift die Bundesregierung  zwar auf, sie weist aber auch darauf hin, dass keine weiteren Regelungen in das laufende Gesetzgebungsverfahren mehr aufgenommen werden sollten. Demnach sind die bereits im Entwurf enthaltenen Regelungen dringlicher und sollen so schnell wie möglich in Kraft treten.          
Wirtschaftsstrafgesetz (WiStrG)
  • Insoweit fordert das Ländergremium § 5 Absatz 2 WiStrG praxistauglicher zu machen. Nach dieser ist das Ausnutzen einer Zwangslage zur Durchsetzung einer überhöhten Miete ordnungswidrig.
 
  • Auch zu diesem Punkt meint die Bundesregierung, dass sie wegen der Dringlichkeit der bisherigen Regelungsmaterie keine weiteren Punkte aufnehmen möchte.

Regierungsentwurf zum MietAnpG   -   Stellungnahme des Bundesrates  

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Expertenanhörung: Regierungsentwurf im Kreuzfeuer der Kritik

Im Rahmen der Expertenanhörung ist das Vorhaben der Bundesregierung auf heftige Kritik gestoßen. Den einen geht der Entwurf nicht weit genug. Andere widerum sprechen von reiner Symbolpolitik, fordern eine Stärkung des Wohnungsneubaus oder halten die verschärfte Mietpreisbremse gar für verfassungswidrig. Die einzelnen Stimmen und Kritikpunkte: 

Mietpreisbremse nicht weit genug?


Vertreter der Mieterverbände hatten sich erwartungsgemäß stärkere Verschärfungen der Mitpreisbremse erhofft. Nach Auffassung von Sylvia Sonnemann, Geschäftsführerin des Hamburger Mietervereins „Mieter helfen Mietern“, würde die Einbeziehung aller Bestandsmieten oder zumindest der Mieten, die sich in den letzten zehn Jahren erhöht haben, den Anstieg der Mietspiegelmieten dämpfen.

Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes, forderte eine bundesweite flächendeckende und unbefristete Einführung der Mietpreisbremse. Auch Prof. Markus Artz, Universität Bielefeld sprach sich für eine Verschärfung der Mietpreisbremse aus. Zudem schlug er vor, die Verpflichtung der Mieter zur Rüge von überhöhten Miete zu streichen, verbunden mit einem uneingeschränkt Rückforderungsanspruch der Mieter.

Oder reine „soziale Symbolpolitik“?

Demgegenüber sehen Vertreter der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft die geplanten Änderungen noch kritischer. So sprach Christian Bruch
als Geschäftsführer des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) von „sozialer Symbolpolitik“. Eine Begrenzung der Mietpreise mache das Wohnungsangebot für untere Einkommensgruppen nicht größer. Vielmehr halte der Regierungsentwurf die Mieten für die oberen Einkommen günstig. Das Hauptproblem sah er darin, dass die ortsübliche Vergleichsmiete überwiegend nicht rechtssicher festtellbar wäre.

Mehr Förderung von Wohnungsneubau gefordert

Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) forderte anstatt der Mietpreisbremse eine Förderung des Neubaus. Der gleichen Meinung war Prof. Dr. Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft. Danach lässet sich der Anstieg der Mietpreise nur durch umfassenden Neubau und nicht durch Verschärfungen der Mietpreisbremse stoppen. Ebenso sprach sich Jürgen Michael Schick, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID), gegen Änderungen am Mietrecht aus. Nach seiner Auffassung widersprechen die Zielen im Bereich des Klimaschutzes und der Wohnraumversorgung.

Verfassungsrechtliche Bedenken 

Nach Dr. Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland verfehlt der Gesetzentwurf den Ausgleich zwischen  Bezahlbarkeit des Wohnens und dem Erfordernis des Modernisierens. Darüber hinaus sah er einen verfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum und die Vertragsfreiheit.

Berliner Kommentar Mietrecht 

Herausgeber: Joachim Spielbauer und Joachim Schneider – jetzt in Neuauflage 

Brandaktuell: Alle praxisrelevanten Probleme aus Miete und Leasing werden von den versierten Praktikern wieder ausführlich behandelt. Damit Sie in jedem Fall schnell zu richtigen Entscheidungen und optimalen Gestaltungsergebnissen kommen. Mietrecht ist Fallrecht. Entsprechend groß ist der Einfluss der Rechtsprechung mit der Flut an neuen Entscheidungen, etwa zu folgenden Themen:
  • Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln bei unrenoviertem Wohnraum
  • Praktische Auswirkungen der „Mietpreisbremse“
  • Verletzung der Anbietpflicht nach Eigenbedarfskündigung
  • Formelle Wirksamkeit von Betriebskostenabrechnungen
  • Beschränkung der Minderung bei Umweltmängeln (ortsübliche Immissionen)

(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht