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Insolvenzverwalter: Nur natürliche Personen dürfen die Fäden zusammenhalten (Foto: Gajus/Fotolia.com)
Insolvenzrecht

Juristische Personen können keine Insolvenzverwalter sein

ESV-Redaktion Recht
25.02.2016
Der Ausschluss juristischer Personen von einer Tätigkeit als Insolvenzverwalter gemäß § 56 Absatz 1 der Insolvenzordnung verstößt weder gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Die Karlsruher Richter sahen also weder einen Verletzung von Artikel 3 Absatz 1 noch von Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) gegeben (Aktenzeichen: 1 BvR 3102/13). Der Eingriff in die Berufsfreiheit der juristischen Person sei gerechtfertigt, so das Gericht. Mit § 56 Absatz 1 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO) habe der Gesetzgeber eine ausreichende Grundlage geschaffen. Es werde ein legitimer Zweck verfolgt, denn die Regelung sichere eine effektive gerichtliche Aufsicht über den Insolvenzverwalter. Damit werde ein Beitrag geleistet zu einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut.

Im Wortlaut: § 56 Absatz 1 Insolvenzordnung
(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1. vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
 
2. den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.


Der Gesetzgeber gehe zurecht davon aus, dass mit der Zulassung juristischer Personen zum Insolvenzverwalteramt vor allem Aufsichtsprobleme verbunden wären. Der juristischen Person fehle es an einem unmittelbaren, allein entscheidungsbefugten Ansprechpartner, sodass die Effektivität der Aufsicht fraglich sei.

Aufsicht im Insolvenzverfahren besonders wichtig

Laut Gericht hänge ein sachdienliches Insolvenzverfahren maßgeblich ab von der Befähigung und Zuverlässigkeit der natürlichen Person, die das Insolvenzgericht als vertrauenswürdig erachtet und anhand der fachlichen Qualifikation laufend beaufsichtigt. Bei einer juristischen Person sei beim Wechsel der Geschäftsführung oder der Gesellschafter eine erneute, aufwendige Prüfung nötig. Die Begrenzung des Berufszugangs auf natürliche Personen sei deshalb erforderlich. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass es keine Alternative zum Ausschluss juristischer Personen vom Insolvenzverwalteramt gebe, so das Gericht.

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Tätigkeiten im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren durchaus erlaubt

Das Gericht erkenne zwar an, dass eine juristische Person aufgrund ihrer Rechtsform in der Freiheit der Berufswahl eingeschränkt und in ihrem Recht beeinträchtigt wird, den Beruf des Insolvenzverwalters auszuüben. Doch stehe dieser Eingriff in einem vernünftigen Verhältnis zu den Vorteilen, die der Allgemeinheit durch ein solches Verbot erwachsen. Deshalb sei die Beschränkung des Grundrechts der Berufsfreiheit nach Artikel 12 Absatz 1 GG verhältnismäßig.

Zudem sei eine juristische nicht grundsätzlich an jeder gewerblichen Tätigkeit im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren gehindert. Der Ausschluss juristischer Personen von einer Insolvenzverwaltertätigkeit verstoße im Ergebnis nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz. Eine Ungleichbehandlung vergleichender Sachverhalte könne durch hinreichend gewichtige Sachgründe gerechtfertigt sein, so das Bundesverfassungsgericht.

Geklagt hatte eine Rechtsanwaltsgesellschaft, die in der Rechtsform einer GmbH geführt wird. Sie beantragte im August 2012, in die Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter beim Amtsgericht aufgenommen zu werden. Das Amtsgericht wies den Antrag zurück. Klagen vor dem Oberlandesgericht und vor dem Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung blieben erfolglos. (ESV/bm)

Das Urteil des Bundesverfassungserichts im Wortlaut finden Sie hier.

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Programmbereich: Wirtschaftsrecht