Kammergericht: Illegales Rennen setzt keine Höchstgeschwindigkeiten voraus
Anschließend nahmen die Betroffenen Gas weg, um erneut und wiederum deutlich hörbar Vollgas zu geben. Hierbei befanden sie sich allerdings auf einer Linie und beschleunigten ihre Fahrzeuge auf über 90 km/h. Diese Geschwindigkeit konnte der Fahrer des Polizeifahrzeugs, der die beiden Betroffenen verfolgte, von seinem Tacho ablesen und stellte fest, dass sich der Abstand zu den Betroffenen weiter erhöhte.
Bereits vorher waren die beiden Betroffenen wegen undisziplinierter, aggressiver und in vielerlei Hinsicht verkehrsrechtswidriger Fahrweise aufgefallen.
AG Tiergarten: Verhalten der Betroffenen ist illegales Autorennen
Aus dem Gesamtbild des Tatgeschehens hatte die Tatrichterin der Ausgangsinstanz geschlossen, dass es den Betroffenen darum ging, das schneller beschleunigende Fahrzeug vom gleichen Typ zu ermitteln. Danach hatten die Betroffenen kompetitiv gehandelt, wobei die „Reaktion der Fahrzeuge“ gegeneinander gemessen werden sollte, so dass die Tatrichterin ein illegales Autorennen im Sinne des zur Tatzeit geltenden §§ 29 Absatz 1 StVO annahm. Gegen die Entscheidung des AG legten beide Betroffene Rechtsbeschwerde zum Kammergericht (KG) in Berlin ein.KG: Rennen setzt keine absoluten Höchstgeschwindigkeiten voraus
Der 3. Senat des KG hat die Beschwerden nach § 79 Absatz 3 Satz 1 OWiG mit § 349 Absatz 2 StPO verworfen. Dabei stützte sich das Gericht im Wesentlichen auf folgende Gründe:Die Bewertung des Sachverhalts und die Einordnung des Verhaltens der Betroffenen sah das Gericht aufgrund der Gesamtumstände als ausgesprochen lebensnah an.- Dabei stellte der Senat klar: Ein Rennen mit Kraftfahrzeugen nach § 29 Abs 1 StVO setzt nicht die Erzielung von absoluten Höchstgeschwindigkeiten voraus. Vielmehr wäre es ausreichend, dass die betroffenen Kraftfahrzeugführer das Beschleunigungspotential ihrer Fahrzeuge vergleichen.
- Im Übrigen sei die Beweiswürdigung nur auf besonders gravierende Fehler zu überprüfen. Diese lagen dem 3. Senat zufolge ersichtlich nicht vor. Dabei betonte der Senat, dass die tatrichterlichen Schlussfolgerungen nur möglich und nicht zwingend sein müssten.
Nebenaspekt: Verwertbarkeit eines Handy-Videos
Das AG hatte dem Richterspruch des KG zufolge auch ein Handyvideo nicht prozessrechtswidrig verwertet. Schon die Verwertungsrüge sei nicht ordnungsgemäß erhoben, so der Senat. Bereits die Rechtsmittelschriften würden nicht erkennen lassen, dass der Verwertung in der Hauptverhandlung widersprochen wurde.Kammergericht zu illegalen Autorennen | |
Im Februar 2017 hatte das LG Berlin zwei Autoraser, die einen schweren Unfall verursachten, wegen Mordes verurteilt. Die Fahrer sollen dabei ein illegales Autorennen veranstaltet haben. Doch wann liegt ein solches Rennen vor? Hierzu hat sich das Kammergericht (KG) Berlin geäußert. mehr.
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Standpunkt – Assessor jur. Bernd Preiß (ESV-Redaktion Recht) |
Auch wenn diese Entscheidung im Ergebnis überzeugt, steht sie im krassen Widerspruch zu einer weniger überzeugenden Entscheidung des Kammergerichts vom 06.04.2017. Dort hatte das Gericht bei einem vergleichbaren Sachverhalt gerade kein illegales Autorennen angenommen. Durchdrehende Reifen: Imponiergehabe oder Anzeichen für Rennen? In dem damaligen Fall wertete das KG die durchdrehenden Reifen lediglich als gegenseitiges Imponiergehabe der Fahrer. Vorliegend wertete der Senat die durchdrehenden Reifen nun doch als Indiz für ein illegales Autorennen, was durchaus lebensnah erscheint. Zwischenstopps
In dem damaligen Fall sei die gefahrene Höchstgeschwindigkeit nicht hinreichend festgestellt worden, so das KG seinerzeit. Vorliegend betont der 3. Senat nun zu Recht, dass es auf die gefahrenen Höchstgeschwindigkeiten nicht ankomme. Vielmehr wäre es ausreichend, wenn die betroffenen Fahrer das Beschleunigungspotential ihrer Fahrzeuge vergleichten. |
Lesen Sie die Entscheidung des KG Berlin in Berlin vom 07.6.2017 - AZ: 3 Ws (B) 117-118/17 - auszugsweise in VRS Band 132/14
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(ESV/bp)
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