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Kaufpreisregelungen beim Unternehmenskauf

ZRFC Risk, Fraud & Compliance Heft 3/2015
16.06.2015
Bewertung – Kaufpreisermittlung – Klauselgestaltung – Kaufpreisanpassung. Von Roger Kiem. C.H. Beck Verlag, München 2015, 402 Seiten, 149,00 EUR, ISBN 978-3-406-65045-1.
Bewertung – Kaufpreisermittlung – Klauselgestaltung – Kaufpreisanpassung. Von Roger Kiem. C.H. Beck Verlag, München 2015, 402 Seiten, 149,00 EUR, ISBN 978-3-406-65045-1.

Unternehmenskäufe und -verkäufe gehören zum strategischen Standardrepertoire von deutschen Unternehmen, seien sie aus dem Mittelstand oder aus dem Bereich der Großkonzerne. Die Bedeutung der Mergers & Acquisitions ist für die rechtsanwaltliche Beratungspraxis nicht zu unterschätzen. Bedeutende Mandate in Unternehmenstransaktionen prägen die Reputation von zu einer erheblichen Verrechtlichung der Unternehmenstransaktionen. Das Herzstück der Transaktion ist inzwischen häufig der Unternehmenskaufvertrag und nicht mehr die Unternehmensbewertung. Wesentlicher Inhalt des Kaufvertrags ist die Ableitung des Kaufpreises des Unternehmens. Aufgrund der den Verfahren immanenten Unsicherheiten verliert dabei die statische Unternehmensbewertung, die einen festen Kaufpreis zum Zeitpunkt der Transaktion ermittelt, an Bedeutung. An deren Stelle treten variable Kaufpreisvereinbarungen mit zum Teil komplexen Regeln, wie sich der Kaufpreis nach Vollendung der Transaktion entwickelt. Diesen Sachverhalt greift das Herausgeberwerk von Kiem auf und möchte ein umfassendes Kompendium für Praktiker der Mergers & Acquisitions darstellen.

Im ersten Abschnitt des Buches werden die Methoden der Unternehmensbewertung gezeigt. Es wird das Handwerkszeug der Investmentbanken dargestellt. Im Wesentlichen wird sich auf die Bewertung von Großunternehmen bzw. mit der Börse in Verbindung stehende Unternehmen beschränkt. Der Mittelstand und das bei kleineren Unternehmen sinnvolle und praktisch relevanteste Bewertungsverfahren, das Ertragswertverfahren, wird dementsprechend stiefmütterlich behandelt. Im zweiten Kapitel wird thematisiert, wie man die richtigen (Vergangenheits-)Daten für die Unternehmensbewertung erhält, also wie Due Diligence und Bewertung zusammenhängen. Es fällt auf, dass der Frage, wie mit erkannten Fehlern umzugehen ist, nur ein sehr kurzer Absatz gewidmet wird. Auch hier fällt der Fokus auf Großunternehmen ins Auge. Bei Transaktionen, die kleinere mittelständische Unternehmen umfassen, liegt hier aber ein ganz wesentlicher Problemkreis.

In den weiteren Kapiteln wird dann auf das eigentliche Thema des Buches abgezielt. Zunächst werden die gängigen Instrumente zur Absicherung der Bewertungsannahmen besprochen (Klauseln zum Schutz vor Material Adverse Changes und Covenants). Hier – wie auch in den folgenden Teilen – ist zu bemängeln, dass das Buch den Bereich der laufenden Kontrolle und Überprüfung zwischen Vertragsabschluss und Stichtag des Unternehmensübergangs nur sehr wenig Aufmerksamkeit widmet. Dies wäre aus Compliance-Sicht ein ganz wesentliches Feld. In den Folgekapiteln werden die möglichen Gestaltungen des Kaufpreises und ihre vertraglichen Regelungen systematisch beleuchtet: fixe vereinbarte Kaufpreise mit Regeln, die verhindern, dass wesentliche Werte abgezogen werden; Earn-out-Klauseln, die eine nachträgliche Kaufpreisanpassung bedeuten; Anpassungen des Kaufpreises beim Erreichen bestimmter bilanzieller Schwellenwerte (Net Debt, Net Cash, Working Capital, Eigenkapital); Vereinbarung bestimmter Meilensteine und kundenbezogener (Gewinnung eines bestimmten Key Accounts) Anpassungen. Es schließt sich ein Kapitel zur Schiedsgerichtsbarkeit an, deren Vorteile sehr gewürdigt werden, während die Nachteile (z. B. fehlende Rechtsbehelfe) nur am Rande erwähnt werden.

Das Buch ist für den Praktiker sehr hilfreich, da es mit vielen Checklisten und Formulierungshilfen ausgestattet ist. Im Anhang werden Formulierungen für diverse Vertragsklauseln vorgestellt. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass der Fokus sehr stark auf großen, börsenorientierten Unternehmen liegt. Viele der vorgestellten Methoden sind nicht auf den Mittelstand übertragbar. Für eine Neuauflage würde man sich außerdem eine stärkere Thematisierung von Überwachungsmöglichkeiten der Kaufpreisklauseln für den nicht operativ tätigen Vertragsteil jenseits von juristischen Vereinbarungen und Sanktionsmöglichkeiten wünschen.

Prof. Dr. Stefan Behringer, NORDAKADEMIE Elmshorn

Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Heft 3/2015