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Die 66. Kammer des LG Berlin hält den Berliner „Mietendeckel“ für verfassungskonform (Foto: Friedberg / Fotolia.com)
Berliner Mietendeckel

Keine Einigkeit beim LG Berlin zur Verfassungsmäßigkeit des Berliner „Mietendeckels“

ESV-Redaktion Recht
04.08.2020
Die Frage der Wirksamkeit des Berliner „Mietendeckels“ bleibt spannend. Nachdem die 67. Zivilkammer des LG Berlin das Regelwerk des Landesgesetzgebers im März 2020 noch für unwirksam gehalten hat, sind die Richterkollegen von der 66. Zivilkammer des gleichen Gerichts nun anderer Meinung. Allerdings können Mieterhöhungen über die Landesregelungen erst seit dem 23.2.2020 verhindert werden, so die 66. Kammer.
In dem Streitfall hatte ein Vermieter mit Wirkung zum 1.9.2019 eine Mieterhöhung verlangt. Die Vorinstanz – das AG Tempelhof-Kreuzberg – hatte das Erhöhungsverlangen mit Urteil vom 5.3.2020 (18 C 374/19) abgelehnt. Die Begründung: Das Verlangen des Klägers sei auf ein Rechtsgeschäft gerichtet, das der Berliner „Mietendeckel“ mit den §§ 3 Absatz 1 Satz 1 MietenWoG Bln in Verbindung mit 134 BGB verbietet.

Der Hintergrund
Der Mietendeckel soll den starken Anstieg der Mieten in Berlin im Wesentlichen durch folgende Maßnahmen bremsen:

  • Die Mieten wurden seit dem 23.2.2020 für etwa 1,5 Millionen Wohnungen auf dem Stand Juni 2019 eingefroren.
  • Ab dem Jahr 2022 dürfen die Mieten um maximal 1,3 Prozent pro Jahr angehoben werden.
  • Bei Neu-Vermietungen gelten neue Obergrenzen, die staatlich festgelegt werden oder die zuletzt verlangten Mieten.


LG Berlin (66. Zivilkammer): Berliner „Mietendeckel“ verfassungskonform

Die 66. Zivilkammer des LG Berlin hat sich als Berufungsgericht der Auffassung der Vorinstanz grundsätzlich angeschlossen und deren Entscheidung im Ergebnis bestätigt. Die tragenden Gründe der Kammer:

  • Berliner „Mietendeckel“ verfassungsgemäß: Das BVerfG hatte im Rahmen eines Eilverfahrens offen gelassen, ob die Mieten in Berlin für fünf Jahre gedeckelt werden dürfen. Die Kammer selbst sah den Berliner „Mietendeckel“ aber weder formell noch materiell als verfassungswidrig an. Daher hat sie die Sache auch nicht nach Art. 100 GG dem BVerfG in Karlsruhe vorgelegt, sondern die Berliner Regelung angewendet.
  • Aber – Berliner Verbotsgesetz gilt erst seit dem 23.2.2020: Allerdings, so die Kammer weiter, sei das MietenWoG Bln als Verbotsgesetz erst am 23.2.2020 in Kraft getreten. Zu dem Zeitpunkt, an dem das Mieterhöhungsverlangen des Klägers gelten sollte, war Mieterhöhungsverbot nach Meinung der Kammer also noch nicht existent. Eine höhere Miete als die Vergleichsmiete ist demzufolge erst für die Miete ab März 2020 verboten.
  • Für Zeitraum bis Ende Februar 2020 ortsübliche Vergleichsmiete überschritten: Für die Zeit vom 1.9.2019 bis zum 29.2.2020 verstößt das Mieterhöhungsverlangen zwar nicht gegen das Verbot des MietenWoG Bln. Dennoch, so die 66. Zivilkammer des LG Berlin weiter, überschreitet es die ortsübliche Vergleichsmiete. Damit war die Klage auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete für den benannten Zeitraum unbegründet.
Eine Revision gegen ihr Urteil zum BGH haben die Berliner Richter nicht zugelassen. Dennoch kann der Kläger gegen die Nichtzulassung innerhalb von einem Monat ab Zustellung des LG-Urteils eine Beschwerde einlegen.
 
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Ausblick

In der Sache geht es ganz entscheidend darum, ob die Landesgesetzgeber eigenständig die Höhe von Wohnraummieten regeln dürfen, oder ob dies dem Bundesgesetzgeber vorbehalten ist.

  • Keine Einigkeit in Berlin: Keine Einigkeit hierüber besteht insoweit am LG Berlin. Mit ihrer aktuellen Entscheidung hat die 66. Zivilkammer nun der Auffassung ihrer Kollegen von der 67. Zivilkammer widersprochen. Letztere hält ausschließlich den Bund für zuständig und hat die Sache darum dem BVerfG in Karlsruhe vorgelegt.

  • BVerfG lässt Ergebnis offen: Das BVerfG hat diese Frage bisher aber offen gelassen. Mit ihrem Beschluss vom 13.2.2020 hat die 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG – 1 BvQ 12/20 – nämlich einen Eilantrag gegen den Berliner „Mietendeckel“ als unzulässig verworfen. Danach kam der Eilantrag zu früh. Eine Sachentscheidung erging daher nicht.
  • Auch der BayVerfGH hält den Bund für zuständig: Ebenso hat sich der BayVerfGH mit der Frage befasst, wem die Gesetzgebungskompetenz zur Regulierung der Mietpreise zusteht. Im Rahmen ihrer Entscheidung über das bayerische Volksbegehren „Mietenstopp“ vertreten die Verfassungshüter in Bayern die Auffassung, dass ausschließlich der Bund hierfür zuständig ist. Dieser habe von der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz erschöpfend Gebrauch gemacht, so die bayerischen Verfassungsrichter. 
  • Weitere Verfahren: Gegen den Berliner „Mietendeckel“ sind sowohl einige Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin (VerfGHG) als auch vor dem BVerfG anhängig. Zahlreichen Medienberichten zufolge bevorzugt der Berliner Senat aber eine Grundsatzentscheidung des BVerfG – und zwar ohne, dass die Berliner Verfassungshüter noch entscheiden müsste. Über seine Anwälte hat er daher angeregt, die dortigen Verfahren bis zu einer Entscheidung aus Karlsruhe auszusetzen. Wie die Berliner Verfassungsrichter hierzu stehen, ist allerdings noch unklar.
Quellen: PM des LG Berlin vom 31.7.2020 zum Urteil vom selben Tag – 66 S 95/20 und weitere Medienberichte

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Berliner Kommentar Mietrecht


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(ESV/bp)

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