LAG Schleswig-Holstein zur Verfristung einer Kündigungsschutzklage wegen nicht eingebetteter Schriftart in elektronischem Dokument
ArbG Elmshorn: Klage wirksam eingereicht
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LAG Schleswig-Holstein: Kündigungsschutzklage unzulässig wegen Verfristung
- Klagefrist endete am 30.04.2020: Nach § 4 Satz 1 KSchG sind die Gründe, die zu Unwirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung führen sollen, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung klageweise geltend zu machen. Nach den weiteren Ausführungen der Berufungsinstanz hätte die Klage daher zwingend und beanstandungsfrei in elektronischer Form bis zum 30.04.2020 bei der Ausgangsinstanz eingehen müssen.
- Frist nicht eingehalten: Die Klägerin hat die Klageschrift aber nicht innerhalb der obigen Frist formwahrend eingereicht, weil die bis dahin über das beA übermittelten PDF-Schriftsätze mangels Einbettung der entsprechenden Schriftarten nicht den technischen Anforderungen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV in Verbindung mit Nr. 1 Satz 1 ERVB 2019 entsprachen. Beanstandungsfrei erfolgte die elektronische Übermittlung erst am 06.06.2020.
- ERVB 2018 wirksam: Die ERVB 2019, die nach ihrer Nr. 1 die Einbettung der Schriftarten in das zu übermittelnde Dokument vorschreibt, ist – entgegen der Meinung der Ausgangsinstanz – von der Ermächtigungsgrundlage des § 5 Absatz 1 Nr. 1 ERVV gedeckt. Sie schränkt den Justizgewährleistungsanspruch nicht unangemessen ein und wurde von der Bundesregierung wirksam erlassen.
- Mindestgültigkeitsdauer definiert: Die Bundesregierung hatte bereits in Nr. 1 der „Bekanntmachung zu § 5 ERVV (ERVB 2018)“ unter anderem die zulässigen PDF-Dateiversionen mit dem Mindestgültigkeitsdatum 31.12.2020 bekanntgegeben. Die später erlassene ERVB 2019 ist daher keine eigenständige Ermächtigungsgrundlage, die eine alte ERVB ablöst. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Ergänzung der bereits bestehenden ERVB 2018. Dies ist der Kammer zufolge dem Schluss-Satz der ERVB 2019 zu entnehmen. Somit gilt die in der ERVB 2018 festgelegte Mindestgültigkeitsdauer weiter.
- Keine Heilung über eine Zustellungsfiktion: Der Formfehler kann auch nicht nach § 46 c Abs. 6 Satz 2 ArbGG rückwirkend geheilt werden. Eine solche heilende Zustellungsfiktion setzt nämlich voraus, dass der Absender das elektronische Dokument unverzüglich in einer Form nachreicht, die dem Gericht eine weitere Bearbeitung ermöglicht – also mit den eingebetteten Schriftarten. Darüber hinaus muss der betreffende Prozessbevollmächtige glaubhaft machen, dass dieses Dokument mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt. Beides ist unterblieben.
- Auch keine Heilung über Einreichung der Klage per Post: Die per Post übermittelte Klageschrift entsprach nicht den Formvorgaben des § 46 g ArbGG, so die Kammer weiter. Diese Norm – die über Artikel 3 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (FördElRV) – eingeführt wird, regelt, dass anwaltliche Schriftsätze an Arbeitsgerichte ab dem 01.01.2022 nur noch über den elektronischen Rechtsverkehr eingereicht werden können. In Schleswig-Holstein gilt diese Regelung per Landesverordnung aber schon seit dem 01.01.2020. Die am 29.04.2020 per Post eingegangene Klageschrift vom 14.04.2020 erfüllte also nicht die zwingenden Formvorgabe der elektronischen Übermittlung nach § 46g Satz 1 ArbGG.
Quelle: Urteil des LArbG Schleswig-Holstein vom 15.07.2021 – 5 Sa 8/21
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