Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

LArbG Köln: Auch wenn eine versendete E-Mail im Postausgangsprotokoll gelistet ist, eröffnet dies keinen Anscheinsbeweis für deren Zugang (Foto: Pixel-Shot /stock.adobe.com)
Zugangsnachweis beim E-Mailversand

LArbG Köln zum Anscheinsbeweis für den Zugang einer E-Mail

ESV-Redaktion Recht
22.02.2022
Der Absender einer E-Mail muss im Zweifel beweisen, dass seine Nachricht dem Empfänger auch zugegangen ist. Doch kann er sich auf Beweiserleichterungen – wie etwa den Anscheinsbeweis – berufen, wenn die verschickte Nachricht im Sendeprotokoll gelistet ist und er keine Meldung über die Unzustellbarkeit der E-Mail erhält? Hierüber hat das LArbG Köln kürzlich entschieden.
In dem Rechtsstreit hatte der Kläger von der Beklagten ein Darlehen zur Finanzierung einer Fortbildung erhalten. Laut Darlehensvertrag sollte die Beklagte auf die Rückzahlung des Darlehens verzichten, wenn sie dem Kläger innerhalb von fünf Jahren nach Ende der Fortbildung keine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis anbietet.
 
Umstritten war nun, ob der Kläger von der Beklagten am Tag des Fristablaufs eine E-Mail mit einem Beschäftigungsangebot erhalten hat. Laut ihrem Postausgangs- und Posteingangskonto hatte die Beklagte die betreffende E-Mail am Tag des Ablaufs der Fünf-Jahresfrist verschickt. Auch eine Rückmeldung der Unzustellbarkeit erhielt die Beklagte nicht. Demgegenüber trug der Kläger vor, dass er die streitgegenständliche Mail erst drei Tage nach Ablauf der benannten Frist empfangen hat.
 

Beklagte: Für den Zugang der E-Mail gilt der Beweis des ersten Anscheins

Daraufhin vereinbarten die Parteien ein Arbeitsverhältnis und die Beklagte behielt vom Gehalt des Klägers monatlich jeweils 500 Euro als Darlehensrückzahlung ein. Nach ihrer Auffassung hatte sie dem Kläger rechtzeitig einen Arbeitsplatz angeboten – und zwar ohne Verzicht auf die Rückzahlung des Darlehens. Zur Frage des rechtzeitigen Zugangs der obigen Mail berief sie sich auf den Beweis des ersten Anscheins, weil die versendete Nachricht in ihrem Postausgangsprotokoll gelistet war und sie keine Benachrichtigung über die Unzustellbarkeit der Mail erhalten hatte. Demgegenüber verlangte der Kläger Zahlung des vollständigen Lohns. Die Ausganginstanz gab der Lohnzahlungsklage statt.

Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden!
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.

 

LArbG Köln: Risiko des Zugangs trägt der Versender

Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das LArbG hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Dabei betonten die Kölner Richter zunächst, dass der Versender den Zugang seiner E-Mail in vollem Umfang darzulegen und zu beweisen hat. Die weiteren tragenden Erwägungen des Gerichts:
 
  • Listung im Sendeprotokoll eröffnet noch keinen Anscheinsbeweis: Die Listung der E-Mail im Sendeprotokoll begründet noch keinen Anscheinsbeweis für den Zugang einer E-Mail. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Beklagte keinen Hinweis erhalten hat, nach der die betreffende Nachricht nicht zugestellt werden konnte. Dem LArbG zufolge ist es technisch immer noch möglich, dass die Nachricht nicht beim Empfänger angekommen ist.
  • Risiko des Zugangs bleibt beim Versender: Das Risiko, dass die Nachricht den Empfänger nicht erreicht, kann diesem nicht aufgebürdet werden. Weil der Versender die Art der Übermittlung der Willenserklärung wählt, trägt er auch das volle Risiko, dass seine Nachricht nicht beim Empfänger ankommt.
  • Anforderung einer Lesebestätigung möglich: Will der Versender sichergehen, dass seine Mail den Adressaten auch erreicht hat, muss er von der grundsätzlichen Möglichkeit Gebrauch machen, über die Optionsverwaltung seines E-Mail-Programms eine Lesebestätigung anzufordern. 
Quelle: PM des LArbG Köln vom 21.02.2022 zur Entscheidung vom 11.01.2022
 


Jahrbuch des Arbeitsrechts


Die fortlaufende Dokumentation der jüngsten Entwicklungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Fachliteratur macht das Jahrbuch des Arbeitsrechts zum konstant verlässlichen Nachschlagewerk für alle Arbeitsrechtler aus Wissenschaft und Praxis. Ausführliche Beiträge untersuchen zudem alljährlich besonders wichtige arbeitsrechtliche Fragen der Gegenwart. Lesen Sie aktuell:

  • Risikotragung bei pandemiebedingter Arbeitsverhinderung: Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Preis / Wiss. Mit. Matthias Schmid, Universität zu Köln
  • Der elektronische Posteingang und die elektronische Gerichtsakte – ein Screenshot aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts: Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Ulrich Koch
  • Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Das Honorar des Betriebsratsberaters im Dickicht möglicher Anspruchsgegner und rechtswegübergreifender Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren: Richter am Bundesarbeitsgericht Matthias Waskow/Wiss. Mit. Dr. Sandra Wullenkord
  • Virtuelle Gremiensitzungen im Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht: Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Weber, Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Verlagsprogramm  Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht 

Auch interessant

20.07.2017
BGH zur Heilung von Zustellungsmängeln einer Klage

Wird eine Klage nicht an den richtigen Beklagten zugestellt, so kann dies für den Kläger fatale Konsequenzen haben. Liegt ein Zustellungsmangel vor, kann dieser eventuell geheilt werden. Im vorliegenden BGH-Fall berief sich der Kläger auf eine Zustellungsfiktion nach § 189 ZPO. mehr …


(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht