LG Berlin schickt Streit um Mietpreisbremse nach Karlsruhe
Geklagt hatten zwei Mieter. Sie wollten die höchstzulässige Miete für ihre Wohnung nach den Regelungen der Mietpreisbremse feststellen lassen. Dabei ging es um eine 2-1/2-Zimmer-Wohnung in Berlin-Wedding mit einer Wohnfläche von 59,29 m². Den entsprechenden Mietvertrag mit einer Kaltmiete von 474,32 Euro hatten die Parteien zum 01.03.2016 geschlossen. Mit einem Schreiben, das der Vermieterin am 05.07.2016 zuging, rügten die Mieter, dass die Miete ihrer Ansicht nach preisrechtlich überhöht sei und meinten, dass sich diese auf nur 419,18 Euro netto kalt belaufen dürfe.
Wirksamkeit der Mietpreisbremse | 07.12.2017 |
LG München I: Mietpreisbegrenzungsverordnung in Bayern nichtig | |
Nachdem im September 2017 ein Hinweisbeschluss des LG Berlin für Aufregung um die Mietpreispreisbremse gesorgt hatte, gibt es nun Diskussionen um ein Urteil des LG München I: Einer aktuellen Entscheidung zufolge hält das Gericht die Mieterschutzverordnung des Freistaates Bayern für unwirksam. mehr … |
AG Wedding wendet Mietpreisbremse an
Die Ausgangsinstanz, das AG Wedding, hatte der Klage der Mieter teilweise stattgegeben. In seinem Urteil stellte es fest, dass die von der Mieterin geschuldete Miete unter Beachtung der Mietpreisbremse ab dem 01.08.2016 lediglich 435,78 Euro betrage. So habe die ortsübliche Vergleichsmiete bei Vertragsbeginn anhand des Berliner Mietspiegels 2015 nur insgesamt 396,16 Euro betragen - bei 6,68 Euro pro m². Diese Vergleichsmiete dürfe um höchstens 10% überschritten werden. Gegen dieses Urteil legte die Vermieterin Berufung ein. Sie berief sich darauf, dass das Amtsgericht die maßgebliche ortsübliche Vergleichsmiete fehlerhaft ermittelt habe. Zudem habe das AG kein Sachverständigengutachten eingeholt und sich unzulässig nur auf den Berliner Mietspiegel 2015 gestützt. Darüber hinaus könnten diese Regelungen ohnehin nicht zu Lasten eines Vermieters angewandt werden, weil diese gegen das Grundgesetz verstießen.LG Berlin, 67. Kammer: Mietpreisbremse verstößt gegen Gleichbehandlungs- und Bestimmtheitsgrundsatz
Die 67. Zivilkammer teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken der beklagten Vermieterin. So nimmt die Kammer eine ungleiche Behandlung von Vermietern an, die gegen Art. 3 Absatz 1 GG verstößt. Differenzierungen nach dieser Norm müssten dem Gericht zufolge durch Gründe gerechtfertigt werden, die dem Ziel der Differenzierung und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen seien.Newsletter |
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Ungeeignete Bezugsgröße
- Dies, so die Kammer weiter, habe der Gesetzgeber bei der Neuregelung von § 556d BGB nicht beachtet. So begrenze § 556d BGB in Verbindung mit der entsprechenden Rechtsverordnung des Landes Berlin die zulässige Neuvermietung auf 110% der ortsüblichen Vergleichsmiete, obwohl sich der Wohnungsmietmarkt bundesweit preislich seit langem höchst unterschiedlich entwickelt habe. Allein die Differenz zwischen der ortsüblichen Vergleichsmiete der Stadt München und Westberlin liege bei etwa 4,70 Euro pro m² im Jahr 2016. Danach liege der Unterschied bei über 70%.
- Diese Bezugsgröße treffe die Vermieter in unterschiedlichen Städten wesentlich ungleich, so die Kammer. Weder der Gesetzeszweck noch die mit der gesetzlichen Regelung verbundenen Vorteile könnten dies rechtfertigten. Im Rahmen des damaligen Gesetzgebungsverfahrens seien relevante einkommensbezogene Sozialdaten von Mietern für eine etwaige sachliche Rechtfertigung nicht erhoben worden. Das Gericht sah auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die einkommensschwächeren Haushalte und Durchschnittsverdiener, die das Gesetz schützten sollte, in höherpreisigen Mietmärkten wie München erheblich mehr verdienen würden, als die gleichen Zielgruppen in Berlin.
Begünstigung von Vermietern in Altfällen
Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung sieht das Gericht auch darin, dass Vermieter, die bereits früher eine zu hohe Miete verlangt hatten, ungerechtfertigt begünstigt würden. Diese dürften bei einer Neuvermietung nämlich weiterhin unbeanstandet ihre „alte Miete” verlangen.Verstoß gegen Bestimmtheitsgebot
- Zusätzlich rügte die Kammer auch einen Verstoß gegen das im GG verankerte Bestimmtheitsgebot. So wäre die staatliche Preisintervention nicht allein von einem angespannten kommunalen Wohnungsmarkt abhängig. Darüber hinaus käme es auf den Landesgesetzgeber an, ob er von Ermächtigung des §§ 556b BGB Gebrauch macht.
- Vermieter in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Saarland wären deshalb bisher nicht von der Mietpreisbremse betroffen. Betroffene Vermieter in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hingegen könnten sich darauf einstellen, dass bereits erlassene Verordnungen trotz Anspannungen auf zahlreichen kommunalen Wohnungsmärkten wieder aufgehoben würden. Durch dieses uneinheitlich bindende Regelungssystem verstoße der Bundesgesetzgeber auch verfassungswidrig gegen das am Gesamtstaat zu messende Bestimmtheitsgebot.
Mietrecht | 25.09.2017 |
Mietpreisbremse: Aufregung um Entscheidung des LG Berlin | |
Nach Auffassung der 67. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin ist § 556d BGB, der die sogenannte Mietpreisbremse normiert, verfassungswidrig. Dies ergibt sich aus einem aktuellen Hinweisbeschluss, in dem das LG seine Rechtsansicht begründet. Diese hat für viel Aufregung gesorgt. mehr … |
(ESV/bp)
Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht