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LG Berlin: Der Angeklagte hat durch seine Teilnahme an einem illegalen Autorennen den möglichen Tod von Dritten billigend in Kauf genommen (Foto: Lukas Gojda / stock.adobe.com)
Berliner Ku'damm-Raser-Fall

LG Berlin verurteilt zweiten Ku’damm-Raser nun wegen versuchten Mordes

ESV-Redaktion Recht
03.03.2021
Der Raserunfall auf dem Berliner Ku’damm von 2016 hat erneut das LG Berlin beschäftigt. Zwar wurde einer der beiden Fahrer, die an dem damaligen illegalen Rennen beteiligt waren, rechtskräftig wegen Mordes verurteilt. Im Verfahren gegen den zweiten Beteiligten musste das LG Berlin nun aber zum dritten Mal entscheiden.
Zur Erinnerung: Nach einem spontanen illegalen Autorennen auf dem Kurfürstendamm kam am 1.2.2016 ein unbeteiligter Jeep-Fahrer ums Leben. Der aktuell Angeklagte und sein bereits rechtskräftig verurteilter Rivale fuhren mit ihren PS-starken Autos mit Geschwindigkeiten bis zu 170 km/h auf dem Kurfürstendamm um die Wette. Hierbei missachteten sie nicht nur mehrere rote Ampeln. Vielmehr kollidierte der Rivale des Angeklagten mit dem Jeep.

Die 35. Große Strafkammer des LG Berlin verurteilte beide Raser wegen Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu lebenslangen Freiheitsstrafen. Nachdem der BGH diese Entscheidungen aufgehoben hatte, landete der Fall bei der 32. Großen Strafkammer des LG Berlin. Auch diese Kammer verurteilte beide Angeklagte wegen Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen.

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BGH: Keine gemeinschaftliche Tötung

Die erneute Revision führte dazu, dass der 4. Strafsenat des BGH die Revision des Fahrers, der mit dem Jeep kollidierte, zwar verwarf. Den Schuldspruch hatte der Senat aber so abgeändert, dass dieser Angeklagte wegen Mordes in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung schuldig blieb. Damit wurde das Urteil gegen diesen Fahrer rechtskräftig.

Das Urteil gegen den Angeklagten hatte der 4. Strafsenat des BGH erneut aufgehoben. Demnach ist diesem die Tat seines Renngegners, der auf den Jeep prallte, nicht ausreichend zurechenbar. Zwar hatten sich beide Fahrer zu einem illegalen Rennen verabredet. Allerdings hatten sie dabei aber (noch) keine Tötung eines Dritten im Blick, so der BGH. Insoweit musste nun die 29. Große Strafkammer des LG Berlin neu entscheiden.  

 

29. Große Strafkammer des LG Berlin: Nur Mordversuch beim Angeklagten

Die 29. Große Strafkammer kam bei den tatsächlichen Feststellungen zu denselben Ergebnissen wie die vorherigen Kammern. Rechtlich bewertete die 29. Kammer das Handeln des Angeklagten aber als versuchten Mord in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung ein. Die tragenden Überlegungen dieser Kammer:

  • Keine Mittäterschaft des Angeklagten in Bezug auf den Mord: Zwar war der Angeklagte nicht unmittelbar an der tödlichen Kollision mit dem Jeep beteiligt. Auch einen diesbezüglichen gemeinsamen Tatplan gab es nicht. Daher ist dem Angeklagten der Zusammenstoß mit dem Jeep nicht mittäterschaftlich zuzurechnen.

  • Aber - der Angeklagte wusste, dass sein rücksichtslos Verhalten zum Tode Dritter führen könnte: Es hing der Kammer zufolge jedoch nur vom Zufall ab, dass nicht der Angeklagte, sondern sein bereits verurteilter Gegner mit dem Jeep zusammenstieß. Daher ist der Angeklagte nach Meinung der Kammer des versuchten Mordes schuldig. Auch der Angeklagte habe gewusst, dass der Tod von unbeteiligten Verkehrsteilnehmern die Folge seines rücksichtslosen Fahrverhaltens sein könne, so die Kammer weiter.
  • Eventualvorsatz beim Angeklagten: Die mögliche Todesfolge von unbeteiligten Dritten habe er dann seinem Ziel – nämlich dem Sieg beim Rennen – untergeordnet und deshalb billigend in Kauf genommen. Hierbei sah die 29. Große Strafkammer des LG Berlin auch die Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe als erfüllt an. Gegenüber seiner Beifahrerin – die bei dem Unfall verletzt wurde – verneinte die Kammer allerdings den Eventualvorsatz des Angeklagten und verurteilte ihn insoweit wegen fahrlässiger Körperverletzung.
Weil ein versuchter Mord vorlag, hat das Gericht von seiner Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Strafmaß nach § 23 Absatz 2 StGB zu mindern und den Angeklagten zu einer  Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Bei enem vollendeten Mord hätte es den Angeklagten zwingend zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilen müssen. 

Quelle: PM des LG Berlin vom 2.3.2021 zum Urteil vom selben Tag – 529 Ks 6/20


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(ESV/bp)

Programmbereich: Verkehrsrecht, -wirtschaft, -technik