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LG Frankfurt a. M.: Es ist nicht ersichtlich, warum die Leistungsfähigkeit bei Eliteschiedsrichtern gerade mit 47 Jahren entscheidend abnehmen soll – hier ein Symbolbild (Foto: orodenkoff / stock.adobe.com)
Fußballrecht

LG Frankfurt am Main entscheidet über Altersdiskriminierung von Schiedsrichtern im Profifußball

ESV-Redaktion Recht
02.02.2023
Kann ein Schiedsrichter der Fußball-Bundesliga vom DFB eine Entschädigung wegen Diskriminierung verlangen, wenn der Verband ihn altersbedingt mit 47 Jahren aus der Schiedsrichterliste austrägt? Hierüber hat das LG Frankfurt am Main aktuell entschieden.
In dem Streitfall war der Kläger langjährig im Auftrag des DFB als Schiedsrichter tätig und seit 2004 leitete er Spiele der Ersten Bundesliga. Ab der Saison 2021/2022 – im Alter von 47 Jahren – berücksichtigte der DFB ihn nicht mehr in seiner Schiedsrichterliste. Der Kläger sah sich deshalb wegen seines Alters diskriminiert und klagte vor dem LG Frankfurt am Main aus diesem Gesichtspunkt eine Entschädigung ein. Zudem verlangte er Ersatz seines potenziellen Verdienstausfalls und darüber hinaus beantragte er die Feststellung, dass der DFB ihm künftige Schäden ersetzen muss.

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LG Frankfurt am Main: Faktische Altersgrenze diskriminiert Schiedsrichter

Die 16. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main folgte der Ansicht des Klägers teilweise und sprach ihm eine Entschädigung in Höhe von 48.500 EUR zu. Ebenso wie der Kläger wertete die Kammer die Nichtberücksichtigung des Klägers als Altersdiskriminierung, die einen ideellen Entschädigungsanspruch auslöst. Die tragenden Gründe der Kammer hierfür:
 
  • Alter mitursächlich für Laufbahnbeendigung: Ausreichend für den Anspruch ist, dass das Alter des Klägers mitursächlich für die Beendigung der Schiedsrichterlaufbahn war. Dabei ist nicht entscheidend, ob auch andere Gründe im Spiel waren.
  • DFB setzt faktische Altersgrenze: Zwar findet sich in den Statuten des DFB keine ausdrücklich fixierte Altersgrenze für Schiedsrichter. Allerdings sah die Kammer eine tatsächlich praktizierte Altersgrenze von 47 Jahren, weil die Bewerber ab diesem Lebensjahr vom DFB fast ausnahmslos nicht mehr berücksichtigt werden. Darüber hinaus habe der Verband die Bedeutung des Alters von 47 Jahren für das Ende einer Schiedsrichterlaufbahn auch öffentlich zum Ausdruck gebracht, so die Kammer.
  • Altersgrenze willkürlich: Diese Altersgrenze sah das LG im Ergebnis als willkürlich an. Demnach ist das Alter zwar aus biologischen Gründen für die Eignung als Schiedsrichter relevant. Denn mit zunehmendem Alter sinkt die Leistungsfähigkeit prinzipiell und das Verletzungsrisiko steigt. Es ist für das Gericht aber nicht ersichtlich, warum bei einem Eliteschiedsrichter gerade das Alter von 47 Jahren maßgebend sein soll. Dies hatte der DFB weder durch einen wissenschaftlichen Nachweis noch durch näher begründete Erfahrungswerte dargelegt.
  • Prüfung der individuellen Tauglichkeit von Bewerbern möglich: Zudem konnte die 16. Kammer des LG Frankfurt am Main nicht nachvollziehen, warum die individuelle Tauglichkeit der Schiedsrichter nicht in einem transparenten Bewerbungsverfahren festgestellt wird, das sich an Leistungskriterien und gegebenenfalls an wiederholten Leistungstests orientiert – zumal die Zahl der Bundesligaschiedsrichter recht überschaubar ist. 
  • Zur Höhe der Entschädigung: Bei der Höhe der Entschädigung war nach Ansicht der Kammer entscheidend, dass das Antidiskriminierungsgesetz Sanktionscharakter hat. Hierzu führte das Gericht aus, dass die Benachteiligung des Klägers grundsätzlich schwer wiegt, weil der DFB wirtschaftsstark ist, eine Monopolstellung hat und die Nachteile für den Kläger nicht ansatzweise gerechtfertigt hat.  

Aber – kein materieller Schadenersatz

Mit seiner Forderung auf den Ersatz von materiellen Schäden hatte der Kläger jedoch keinen Erfolg. Dies gilt vor allem für den geltend gemachten Verdienstausfall. Hierzu hatte der Kläger nicht vorgetragen, dass er ohne die Altersgrenze tatsächlich berücksichtigt worden wäre. Hierfür hätte er darlegen und ggf. beweisen müssen, dass er der am besten geeignete Bewerber war, so das Frankfurter Gericht abschließend.
 
Quelle: PM des LG Frankfurt am Main vom 25.01.2023 zum Urteil vom selben Tag – 2-16 O 22/21


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(ESV/bp)

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