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Münchner Verhältnisse: Kaltmiete von 2.000 Euro für 100 qm große Wohnung (Foto: Dagmar Breu/Fotolia.com)
§ 556 d BGB wirksam

LG München I: Mietpreisbegrenzungsverordnung in Bayern nichtig

ESV-Redaktion Recht
07.12.2017
Nachdem im September 2017 ein Hinweisbeschluss des LG Berlin für Aufregung um die Mietpreispreisbremse gesorgt hatte, gibt es nun Diskussionen um ein Urteil des LG München I: Einer aktuellen Entscheidung zufolge hält das Gericht die Mieterschutzverordnung des Freistaates Bayern für unwirksam.
In dem betreffenden Verfahren hatte der Mieterverein München in Vertretung der Kläger einen Verstoß gegen § 556d BGB gerügt. Er forderte die Beklagten dazu auf, Auskunft über die Höhe der Vormiete, sowie über Sanierungs-und Modernisierungsmaßnahmen zu erteilen. Die Beklagte hatte an die Kläger eine Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 100 qm und einer Nettokaltmiete von 2.000 Euro zuzüglich Betriebs-und Heizkosten vermietet. Den Auskunftsanspruch stützten die Kläger auf § 556g Absatz 2 BGB.

Beklagte: § 556 d BGB verstößt gegen Art. 3 und 14 GG

Diesen Auskunftsanspruch bestritt die Beklagte mit der Begründung, dass §§ 556d BGB gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz von Art. 3 GG sowie gegen das nach Art 14 GG geschützte Eigentumsrecht verstoßen würde. Ebenso sei die Mietpreisbegrenzungsverordnung des Freistaates Bayern unwirksam.

Der Freistaat hatte diese Verordnung, die am 01.08.2015 in Kraft trat, am 14.07.2015 erlassen. Diese enthielt allerdings nur den reinen Gesetzestext ohne Begründung. Eine solche findet sich aber im Justizministerialblatt 2015 auf Seite 117.

Die Ausgangsinstanz - das Amtsgericht (AG) München - hatte die Klage abgewiesen. Das Gericht hielt die benannte Mietpreisbegrenzungsverordnung für unwirksam. Hiergegen legten die Kläger Berufung zum Landgericht (LG) München I ein.

Im Wortlaut: § 556d BGB - Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn; Verordnungsermächtigung
(1) Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2) höchstens um 10 Prozent übersteigen.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen. Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn
  1. die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,
  2. die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt, (...) 
Eine Rechtsverordnung .. muss begründet werden. Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt. Ferner muss sich (...) 

LG München I: Mieterschutzverordnung des Freistaates Bayern unwirksam

Die 14. Zivilkammer des Landgerichts teilte die Auffassung der Vorinstanz. Danach ist die Mietpreisbegrenzungsverordnung des Freistaates Bayern nicht von der Ermächtigungsgrundlage des §§ 556d BGB gedeckt und deshalb unwirksam. Dem Richterspruch zufolge ist eine wirksame Ermächtigung aber Voraussetzung für einen Auskunftsanspruch nach § 556g Absatz 2 BGB. Das Gericht stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende tragende Gründe:
  • Der Landesgesetzgeber habe es  versäumt, in der Verordnung die Gemeinden zu benennen, in denen ein angespannter Wohnungsmietmarkt besteht. Zudem müsse für die betreffenden Gemeinden erkennbar sein, warum sie in die Verordnung aufgenommen wurden.
  • Konkret verstoße die Verordnung gegen das Begründungserfordernis von § 556d Absatz 2 BGB, das dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz diene. So werde der Vermieter durch die Aufnahme einer Gemeinde in die Verordnung in seinem Eigentumsrecht beschränkt. Die Aufnahme habe nämlich zur Folge, dass eine Neumiete im Vergleich zur Vormiete auf eine Quote von zehn Prozent gedeckelt wird. Hierdurch wiederum werde der Vermieter daran gehindert, eine marktgerechte Neumiete zu erzielen, so das LG.
  • Zwar hält das Gericht einen solchen Eingriff nicht per se für verfassungswidrig. Der Vermieter müsse aber aus der Begründung erkennen können, warum gerade eine bestimmte Gemeinde in die Verordnung aufgenommen wurde. Eine Gesamtschau reicht der Kammer zufolge nicht aus, um einen Eingriff in Art. 14 GG zu rechtfertigen. Auch der Bundesgesetzgeber habe dies gesehen und deshalb in § 556d BGB eine Begründungspflicht angeordnet.
Im Ergebnis steht den Klägern also mangels wirksamer Mietpreisbegrenzungsverordnung kein sekundärer Auskunftsanspruch zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf Mietanpassung oder auf Herausgabe überzahlter Mieten zu.

Was aus der Entscheidung folgt
  • Keine Unwirksamkeit der Mietpreisbremse: Eine generelle Unwirksamkeit der Mietpreisbremse folgt aus der Entscheidung aber nicht. In seinen Entscheidungsgründen hat das Gericht ausdrücklich betont, dass es einen landesrechtlichen Einzelfall entschieden hat.

  • Mietpreisbegrenzungsverordnung nicht außer Kraft: Das Gericht hat auch nicht, wie zahlreiche Meldungen gedeutet werden können, die Mietpreisbegrenzungsverordnung des Freistaates Bayern in dem Sinne „gekippt“, dass es die Verordnung allgemeingültig für unwirksam erklärt hat.

  • Verwerfungskompetenz nur im Einzelfall: Vielmehr hat das Gericht nur von seiner Verwerfungskompetenz in dem Sinne Gebrauch gemacht, dass es die betreffende Verordnung im Einzelfall nicht angewendet hat.

  • § 556d BGB: Im Übrigen hat die Kammer ausdrücklich betont, dass es die Verordnungsermächtigung des §§ 556d BGB nicht für verfassungswidrig hält und insoweit auch gar keine Verwerfungskompetenz hätte. Auch der Hinweisbeschluss des Landgerichts Berlin vom 14.09.2017 vermochte die 14. Zivilkammer des LG München I nicht von der Verfassungswidrigkeit des §§ 556 d BGB zu überzeugen, und dies unabhägig davon, ob diese Frage seinerzeit entscheidungserheblich war, was die Entscheidungsgründe nochmals hervorheben.

  • Jedes Gericht kann anders entscheiden: Somit kann also nach wie vor jedes andere Gericht in einem vergleichbaren Fall anders entscheiden.

  • Signalwirkung abwarten: Ob die Entscheidung die vielerseits betonte Signalwirkung haben wird, bleibt also abzuwarten.

Quelle: Urteil des Landgerichts München I vom 06.12.2017 - AZ: 14 S 10058/17

Mietrecht 25.09.2017
Mietpreisbremse: Aufregung um Entscheidung des LG Berlin
Nach Auffassung der 67. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin ist § 556d BGB, der die sogenannte Mietpreisbremse normiert, verfassungswidrig. Dies ergibt sich aus einem aktuellen Hinweisbeschluss, in dem das LG seine Rechtsansicht begründet. Diese hat für viel Aufregung gesorgt. mehr …


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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht