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LG München II: Streuen hat bei Dauerschneefall und bis fünf Zentimeter Schneehöhe keinen Sinn (Foto: Petair/Fotolia.com)
Streupflicht von Gemeinden

LG München II: Keine Streupflicht der Gemeinde bei Dauerschneefall

ESV-Redaktion Recht
09.01.2019
Obliegt einer Gemeinde im Winter die Streupflicht, haftet sie grundsätzlich auch für Unfälle aufgrund entsprechender Pflichtverletzungen. Mit den Grenzen dieser Pflicht und mit der Frage, inwieweit diese auch bei Dauerschneefall gilt, hat sich das Landgericht (LG) München II aktuell beschäftigt.
In dem Streitfall hatte es am 30.12.2014 länger flächendeckend geschneit. Die Wetterprognosen sagten auch weiterhin langanhaltenden Schneefall voraus. An diesem Tag stürzte der Kläger in Kochel am See auf einer nicht gestreuten und abschüssigen Gemeindestraße. Hierbei verletzte er sich am Knie. Zudem erlitt er – wie allerdings erst einige Wochen später diagnostiziert wurde – eine Hirnblutung. Als sich der Unfall des Klägers ereignete, war die Gemeindestraße mit einer vier bis fünf Zentimeter dicken Schneedecke überzogen.

Kläger: Gemeinde hat Streupflicht verletzt

Etwa zwei Jahre später verklagte er die Gemeinde auf ein Schmerzensgeld von mindestens 10.000 Euro. Seine Begründung:
  • Pflichtverletzung der Beklagten: Die beklagte Gemeinde habe ihre Streupflicht verletzt. Dies hätte letztlich zu seinem Unfall geführt.
  • Auch auf Eis ausgerutscht: Im weiteren Prozessverlauf behauptete der Kläger zudem, dass er auch auf einer Eisfläche unter dem lockeren Schnee ausgerutscht wäre.
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Gemeinde: Streuen bei Dauerschneefall sinnlos

Dem trat die beklagte Gemeinde mit dem Argument entgegen, dass sie nicht verpflichtet wäre, ständig die Straßen streuen, weil es ununterbrochen schneite und die Wetterprognosen weiteren Schneefall vorausgesagt hatten. Den Vortrag des Klägers, nach dem die Straße unter der Schneedecke vereist gewesen sein soll, bestritt die Beklagte.

LG München II: Rollsplitt bei Dauerschnee wirkungslos

Die Münchner Richter schlossen sich der Auffassung der beklagten Gemeinde an und wiesen die Klage ab. Die tragenden Gründe des LG:
  • Keine Wirkung von Rollsplitt: Unterstellt, die Gemeinde hätte Rollsplitt gestreut und der Kläger wäre tatsächlich bei einer Schneehöhe von vier bis fünf Zentimetern ausgerutscht, hätte die Neuschneemenge die Wirkung des Rollsplitts aufgehoben. Insoweit folgte das LG dem Gutachten eines Sachverständigen.  
  • Keine allgemeine Eisglätte: Bei Eisglätte muss die Streupflicht den Gemeinden nach Auffassung des Gerichts zumutbar sein. Dies ist dem Richterspruch zufolge nur bei einer allgemeinen Eisglätte der Fall. Darunter versteht das LG großflächige Vereisungen und nicht nur punktuelle Glättestellen. Zwar könne angesichts des Dauerschneefalls durchaus eine punktuelle Glätte angenommen werden. Eine allgemeine Eisglätte im Unfallbereich hatte der Kläger aber nicht substantiell vorgetragen. Somit war die Klage dem Gericht zufolge abzuweisen. 
Quelle: Mehrere Medienberichte unter Hinweis auf dpa zum Urteil des LG München II vom 28.12.2018 – AZ: 13 O 4859/16

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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht