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LSG Hessen: Weisungen über das „Wie“ sind bei hochspezialisierten Tätigkeiten unerheblich für den Erwerbsstatus (Foto: Yakobchuk Olena / stock.adobe.com)
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

LSG Hessen zum Erwerbsstatus eines Piloten

ESV-Redaktion Recht
08.11.2022
Eine Beschäftigung von Personen, die betrieblich eingegliedert und weisungsgebunden sind, ist grundsätzlich sozialversicherungspflichtig. Doch was gilt für Piloten, die überwiegend nicht in der Betriebsstätte vor Ort tätig sind? Einen solchen Fall hat das LSG Hessen vor Kurzem entschieden.
In dem Streitfall war ein Pilot für einen Wurstwarenfabrikanten im Landkreis Waldeck-Frankenberg tätig. Das Unternehmen verfügte – neben Kraftfahrzeugen –  auch über ein Flugzeug und an 6 bis 7 Tagen im Monat war ein Flugzeugführer für das Unternehmen tätig. Hierfür erhielt er Tagespauschalen von etwa 120 EUR.
 

Deutsche Rentenversicherung: Tätigkeit des Piloten ist abhängige Beschäftigung

Im Rahmen einer Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status meinte die Deutsche Rentenversicherung, dass der Pilot abhängig beschäftigt ist und damit der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegt.
 

Kläger: Pilot ist nicht weisungsgebunden

Hiergegen werte sich der Fleischproduzent mit einer Klage. Seine Begründung: Der Pilot wäre nicht in den Betrieb eingegliedert und unterliege nicht seinen Weisungen. Der Fall landete schließlich vor dem LSG Hessen in Darmstadt.

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LSG Hessen: Flugzeugführer ist in Betrieb des klägerischen Unternehmens eingegliedert

Das LSG Hessen folgte der Ansicht der beklagten Deutschen Rentenversicherung. Demnach ist der Pilot in den Betrieb des klagenden Fleischproduzenten eingegliedert. Entscheidend ist nach Auffassung des LSG, dass der Pilot mit der Beförderung der Beschäftigten unmittelbar dem Erreichen der Geschäftszwecke des Unternehmens dient. Demnach kommt es nicht darauf an, dass er nicht in der in der eigentlichen Betriebsstätte tätig ist, so das LSG weiter. Die weiteren wesentlichen Überlegungen des Darmstädter Gerichts:
 
  • Flugzeugführer war weisungsgebunden: Der Pilot musste die ihm erteilten Flugaufträge persönlich durchführen. Hierbei war er dem Gericht zufolge gegenüber dem Kläger auch weisungsgebunden, denn seine Pflichten waren weitgehend vertraglich festgelegt. Neben der Flugvorbereitung und Durchführung oblag ihm auch die Nachbereitung und Dokumentation der Flüge. Hierzu gehörten unter anderem auch die Überprüfung von Luftdruck, Öl und Treibstoff sowie das Reinigen und Betanken des Fluggeräts. Ebenso war er dem Gericht zufolge für ergänzende Dienstleistungen bei der Betreuung der Fluggäste zuständig.
  • Direktionsrecht ausgeübt: Zudem muss ein Unternehmen sein Direktionsrecht nicht durch konkrete Einzelanweisungen während der Durchführung des jeweiligen Auftrags ausüben. Vielmehr reichen die vorherigen Vereinbarungen aus dem vorliegenden „Rahmen-Dienstvertrag über freie Mitarbeiter eines Flugzeugführers (Freelance)“ aus. Darüber hinaus sind Weisungen über das „Wie“ für die Statusfeststellung bei hoch spezialisierten Tätigkeiten für den Sozialversicherungsstatus unerheblich.
  • Unternehmerisches Risiko ausschließlich beim Kläger: Ebenso wenig hat der Pilot ein unternehmerisches Risiko getragen. So wurde ihm das Flugzeug kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch stünden dem Piloten keine eigenen Betriebsmittel zur Verfügung, um anderweitig am Markt unternehmerisch zu agieren. Zwar musste er die Kosten für fliegerärztliche Bescheinigungen und flugrechtliche Erlaubnisse selbst tragen. Aber auch daraus leitete das Gericht kein unternehmerisches Risiko für ihn ab. Diese Kosten muss der Pilot nämlich unabhängig von seiner Einordnung als Arbeitnehmer oder als Selbstständiger selbst übernehmen, um seinen Beruf auszuüben.
Das Gericht hat Revision zum BSG allerdings zugelassen.

Quelle: PM des LSG Hessen vom 03.11.2022 zum Urteil vom 29.09.2022 – L 8 BA 65/21


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  • Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch (SGB) X, Verwaltungsverfahren, Schutz der Sozialdaten, Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten
  • SGG, Sozialgerichtsgesetz Kommentar, von Dr. Wolfgang Fichte und Dr. Andreas Jüttner (Hrsg.)
  • Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens von Prof. Dr. Otto Ernst Krasney, Prof. Dr. Peter Udsching
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Im Wortlaut: § 7 Absatz 1 SGB IV – Beschäftigung
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers [...]

§ 7a SGB IV – Feststellung des Erwerbsstatus
 
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt (…)
 

(ESV/bp) 
 
 

Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung