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BSG stärkt Mütterrechte bei der Berechnung des Elterngeldes (Foto: Oksana Kuzmina/Fotolia.com)
Bemessung von Elterngeld nach Arbeitsplatzverlust

LSG Niedersachen-Bremen: Rechte von Müttern bei Elterngeldberechnung gestärkt

ESV-Redaktion Recht
04.10.2018
Für das Elterngeld ist prinzipiell das Durchschnittseinkommen der letzten zwölf Monate vor dem Mutterschutz maßgebend. Schwangerschaftsbedingte Einkommensverluste können die Bemessungsgrundlage verändern. Die Grenzen zum kündigungsbedingten Einkommensverlust hat nun das LSG Niedersachsen-Bremen konkretisiert.
Klägerin war eine Hotelfachfrau. Ihren Arbeitsplatz hatte sie nach langer Mobbingsituation verloren. Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs beendeten die Parteien das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 30.04.2014. Zudem zahlte die Arbeitgeberin eine Abfindung von 6.000 Euro brutto und stellte die Klägerin für den Fall der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von weiteren Arbeitsleistungen frei.

Zwar bemühte sich die Klägerin um eine neue Stelle und arbeitete auch bei zwei Arbeitgebern zur Probe. Allerdings wurde sie mit Zwillingen schwanger. Ihre Frauenärztin sprach daher wegen einer Risikoschwangerschaft ein Beschäftigungsverbot aus. Dementsprechend war die Klägerin im weiteren Verlauf der Schwangerschaft ab Mai 2014 nicht mehr berufstätig. Von Mai bis September 2014 bezog sie Krankengeld.

Nach der Geburt der Zwillinge berechnete die Beklagte für die Monate Mai bis September 2014 das Elterngeld für ein Erwerbseinkommen in Höhe von 0 EUR. Das rechnerische Durchschnittseinkommen der Klägerin reduzierte sich dadurch um etwa 1.000 Euro.

Beklagte: Einkommensverlust resultiert aus Aufhebung des Arbeitsverhältnisses

Nach Auffassung der Beklagten war die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses Ursache für den Einkommensverlust und nicht die Risikoschwangerschaft. Die Klägerin habe die Aufhebung ihres vorherigen Arbeitsverhältnisses grob fahrlässig verschuldet.  

Die hiergegen gerichtete Klage der Hotelfachfrau vor dem Sozialgericht Hannover blieb erfolglos. Hiergegen legte die Klägerin Berufung ein.

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LSG: Maßgebend ist der wahrscheinliche Verdienst ohne Erkankung

Die Auffassung der Beklagten und der Vorinstanz teilte das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen nicht. Danach hat die Beklagte das für die Betreuung der Kinder zuerkannte einkommensabhängige Elterngeld rechtsfehlerhaft berechnet. Hierbei stützten sich die Richter aus Celle im Wesentlichen auf folgende Gründe:
  • Risikoschwangerschaft ist Erkrankung: Bei der Bemessung des Elterngeldes kommt es darauf an, ob die schwangerschaftsbedingte Erkrankung und das Erwerbseinkommen gemindert hat. Die Risikoschwangerschaft sah das Gericht dabei als Erkrankung an.
  • Hypothetischer Verdienst ohne Erkrankung: Dieser Zusammenhang ist danach zu bewerten, ob die Klägerin ohne Erkrankung – also nach gewöhnlichem Lauf der Dinge – mit hoher Wahrscheinlichkeit einen höheren Verdienst erzielt hätte.
  • Klägerin hätte Arbeit gefunden: Hiervon ging das LSG aus. Nach Überzeugung der Richter hätte die Klägerin ohne die Risikoschwangerschaft wahrscheinlich eine neue Arbeit gefunden. Danach hatte sie als erfahrene Mitarbeiterin in einem Gewerbe mit großem Fachkräftebedarf intensiv bemüht und bereit zur Probe gearbeitet. Weitere gesundheitliche Einschränkungen hätte sie nicht gehabt.
  • Grund für Aufhebung des vorherigen Arbeitsverhältnisses irrelevant: Ob die Klägerin die Aufhebung des vorherigen Arbeitsverhältnisses grob fahrlässig verschuldet hatte - wie die Beklagte meint – ist dem Richterspruch aus Celle zufolge unerheblich.   
Dabei stützte sich der Richterspruch im Wesentlichen auf § 2b Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.
 
Im Wortlaut: § 2b Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) – Bemessungszeitraum 
(1) Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person

   3. eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder (…)

 und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte.

Quelle: PM des LSG-Niedersachsen-Bremen vom 24.09.2018 zum Urteil vom 22.08.2018 – AZ: L 2 EG 8/18 

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(ESV/bp)

Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung