LSG Niedersachsen-Bremen: Jobcenter muss Hartz-IV-Bezieherin Schulbuch-Kosten erstatten
Beklagte: Keine Rechtgrundlage für konkrete Bedarfsermittlung
Das Jobcenter bewilligte allerdings mit dem Schulbedarfspaket insgesamt nur 100 Euro pro Schuljahr. Zur Begründung führte die Behörde aus, dass § 28 Absatz 3 SGB II von einer Pauschale ausgehe. Für eine konkrete Bedarfsermittlung gebe es daher keine Rechtsgrundlage. Auch die Klage der Schülerin auf Erstattung sämtlicher Kosten vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg blieb erfolglos. Gegen die Entscheidung des SG legte die Klägerin daher Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachen-Bremen ein.LSG: Kosten für Schulbücher erstattungsfähig
Das LSG teilte die Auffassung von Jobcenter und Vorinstanz nur in Bezug auf die Schulbücher. Die Richter aus Celle haben das erstinstanzliche Urteil daher insoweit abgeändert und die Beklagte dazu verurteilt, der Klägerin bezüglich der Bücher weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 135,65 Euro zu zahlen. Hier insoweit die wesentlichen Erwägungen des Gerichts:- Schulbuchkosten sind zwar aus Regelbedarf zu bestreiten: Nach Auffassung des LSG werden Kosten für Bücher der Gesetzesbegründung zufolge nicht von der Schulbedarfspauschale nach § 28 Absatz 3 SGB II erfasst. Vielmehr müssten die Kosten hierfür grundsätzlich aus dem Regelbedarf bestritten werden.
- Aber - Regelbedarf deckt notwendige Schulbuchkosten nicht: Weil der Regelbedarf aber nur Kosten für Bücher jeglicher Art von etwa drei Euro pro Monat vorsehe, decke dieser weniger als ein Drittel der notwendigen Schulbuchkosten. Hierfür sehe das SGB II auch ansonsten keine auskömmlichen Leistungen vor. Darin sieht das LSG eine planwidrige Regelungslücke.
- Regelungslücke ist über § 21 Absatz 6 SGB II schließen: Der Gesetzgeber müsse jedoch das gesamte menschenwürdige Existenzminimum einschließlich der Kosten des Schulbesuches sicherstellen. Die Regelungslücke sei daher für Einmalbedarfe wie Schulbücher über eine verfassungskonforme Auslegung des § 21 Absatz 6 SGB II zu schließen, auch wenn diese Norm vom Wortlaut her nur laufende Bedarfe betreffen würde.
Im Wortlaut: SGB Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - § 28 Bedarfe für Bildung und Teilhabe |
(3) Für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf werden bei Schülerinnen und Schülern 70 Euro zum 1. August und 30 Euro zum 1. Februar eines jeden Jahres berücksichtigt (…). |
Im Wortlaut: SGB Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - § 21 Mehrbedarfe |
(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht (..). |
Keine evidente Unterdeckung bei Taschenrechner
Hinsichtlich der Kosten für den Taschenrechner hat auch das LSG die Klage abgewiesen. Diese Kosten sah das Gericht von der Schulbedarfspauschale abgedeckt. Hier gibt es dem Richterspruch zufolge selbst bei einer einmaligen Bedarfsspitze keine evidente Unterdeckung, weil die Rechner nicht für jedes Schuljahr erneut angeschafft werden müssen. Damit, so das LSG abschließend, seien die Pauschalen insgesamt auskömmlich.Quelle: PM des LSG Celle-Bremen vom 15.01.2018 zum Urteil vom 11.12.2017 – AZ: L 11 AS 349/17
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(ESV/bp)
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