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LSG Nordrhein-Westfalen: Die Amtssprache für sozialhilferechtliche Bescheide ist deutsch (Foto: Stockfotos-MG / stock.adobe.com)
Amtssprache im sozialrechtlichen Verfahren

LSG Nordrhein-Westfalen: Kein Anspruch auf Behördenbescheid in plattdeutscher Sprache

ESV-Redaktion Recht
07.06.2023
Müssen Behörden – hier das Jobcenter – ihre Bescheide auf Wunsch eines Beteiligten in niederdeutscher oder plattdeutscher Sprache verfassen? Hierzu hat das LSG Nordrhein-Westfalen eine eindeutige Entscheidung getroffen.
In dem Streitfall bezog der Kläger im Jahr 2017 Arbeitslosengeld II und das beklagte Jobcenter wies ihm auf seinen Wunsch hin eine Tätigkeit in einem Bauernmuseum zu. Allerdings verlangte er die Erteilung des entsprechenden Bescheides in plattdeutscher Sprache. Da sich das Jobcenter weigerte, klagte er zunächst vor dem SG Detmold. Die Ausgangsinstanz wies seine Klage jedoch per Gerichtsbescheid ab. Deshalb zog er mit einer Berufung vor das LSG Nordrhein-Westfalen. 

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LSG Nordrhein-Westfalen: Sprache im schriftlichen sozialrechtlichen Verfahren ausschließlich Hochdeutsch

Aber auch seine Berufung hatte keinen Erfolg. Das LSG wies das Rechtsmittel zurück. Demnach hat der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung eines Bescheides in platt- oder in niederdeutscher Sprache. Gleiches gilt für Übersetzungen. Die nähere Begründung des LSG:
 
  • Deutsche Sprache umfasst zwar auch Mundarten: Die Amtssprache ist nach § 19 Abs. 1 SGB X deutsch. Zwar können auch Mundarten und Dialekte zur deutschen Sprache gehören. Dies gilt aber nur, wenn alle Beteiligten diese verstehen.  
  • Aber – im schriftlichen Verfahren ausschließlich Hochdeutsch: Im schriftlichen Verfahren ist jedoch ausschließlich die hochdeutsche Sprache zulässig, betonte das LSG. Dem Gericht zufolge entspricht dies dem Gebot von § 9 Abs. 2 SGB X. Demnach ist das Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen.
  • Unübersichtliches Nebeneinander ist zu vermeiden: Diese Vorgabe kann nicht eingehalten werden, wenn durch verschiedene Sprachvarianten mit unterschiedlichen Schreibweisen ein unübersichtliches Nebeneinander entsteht und nicht alle Beteiligten die verwendeten Sprachen verstehen können.
  • Keine offizielle niederdeutsche Schriftsprache: Dies gilt dem Gericht zufolge auch für die niederdeutsche und plattdeutsche Mundart, weil diese seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr als gemeinsame niederdeutsche Schriftsprache existiert.
  • Kein Anspruch aus der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen: Auch mit dem Status als geschützte Regionalsprache im Sinne der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 05.12.1992 konnte der Kläger nicht punkten – denn dieser beherrscht nachweislich die hochdeutsche Sprache. Darüber hinaus hätten weder die Bundesrepublik Deutschland noch das Land NRW Regelungen zur Verwendung der niederdeutschen- bzw. plattdeutschen Sprache in der Verwaltung schaffen müssen.
  • Auch Benachteiligung aus ethnischen Gründen nicht gegeben: Ebenso sah das Gericht keine Benachteiligung des Klägers aufgrund seiner ethnischen Herkunft, denn wer nieder- oder plattdeutsch spricht, gehört deswegen noch keiner eigenständigen ethnischen Gruppe an.
Die Vorinstanz hatte dem Kläger auch sogenannte Verschuldenskosten in Höhe von 500 EUR nach § 192 SGG auferlegt – und zwar ohne Rechtsfehler, wie das Berufungsgericht meint. Danach sind die Kosten für die substanzlose Klage, die für jedermann erkennbar völlig substanzlos war, gerechtfertigt.
 
Das Urteil des LSG ist inzwischen rechtskräftig.
 
Quelle: PM des LSG Nordrhein-Westfalen vom 30.05.2023 zum Urteil vom 08.09.2022 – L 7 AS 1360/21


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(ESV/bp)

Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung