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Rechtsanwalt Martin Gladenbeck und Rechtsanwalt Dr. Abbas Samhat: Der Sicherungszweck kann bei der Grundschuld ohne notarielle Beurkundung  und ohne Grundbucheintrag jederzeit geändert werden (Foto: privat)
Nachgefragt bei: RA Martin Gladenbeck und RA Dr. Abbas Samhat

Martin Gladenbeck und Dr. Abbas Samhat: „Bei der Bestellung von Grundschulden ist der Sicherungsvertrag maßgeblich“

ESV-Redaktion Recht
05.03.2020
Die Vergabe von Krediten ist ohne Sicherheiten kaum denkbar. Eines der wichtigsten Sicherungsmittel ist die Grundschuld. Über die Besonderheiten dieses Grundpfandrechts und neue Entwicklungen in diesem Bereich hat sich die ESV-Redaktion mit den Rechtsanwälten Martin Gladenbeck und Dr. Abbas Samhat unterhalten.
Herr Gladenbeck, Herr Dr. Samhat, bei der Kreditsicherung spielten Grundpfandrechte schon immer eine besondere Rolle. Warum ist gerade die Grundschuld aus der Perspektive der Sicherungsnehmer beliebter als die Hypothek?

Martin Gladenbeck und Dr. Abbas Samhat: Hypotheken sind akzessorische Sicherungsrechte, d.h. sie sind in ihrem Bestand abhängig von der besicherten Verbindlichkeit. Erlischt diese, verliert der Sicherungsnehmer auch die Hypothek. Für eine erneute Ausnutzung zum Zwecke der Kreditsicherung kommt sie daher nicht mehr ohne weiteres in Betracht.

Ganz anders Grundschulden: diese sind abstrakt, d.h. sie bestehen auch nach Erlöschen der ursprünglich mit ihr besicherten Kreditforderung fort. Es genügt dann, mit dem Sicherungsgeber einen neuen Sicherungszweck privatschriftlich zu vereinbaren. Betroffen ist insoweit allein die sogenannte Grundschuldzweckerklärung, auch Sicherungsvertrag genannt. Die Parteien müssen – anders als bei der Hypothek – weder nochmal zum Notar (spart Zeit und Kosten) noch sind Änderungen im Grundbuch erforderlich. Dies macht Grundschulden in ihrer banktechnischen Handhabung im Vergleich zu Hypotheken vorzugswürdig.

Zu den Personen
  • Martin Gladenbeck beschäftigt sich als Rechtsanwalt in München sowie als Referent beim Sparkassenverband Bayern und Autor schwerpunktmäßig mit dem Kreditsicherungsrecht. Er lehrt an der Sparkassenakademie Bayern und empfiehlt sich als Bankkaufmann und langjähriger Chefsyndikus einer großen Genossenschaftsbank mit umfangreichen Praxiseinblicken.
  • Dr. Abbas Samhat ist ein erfahrener Experte mit Erfahrungen als langjähriger Dozent (FU Berlin), Autor und Rechtsanwalt in Berlin. Als Syndikusrechtsanwalt beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband ist er zudem insbesondere für das Referat Recht der Kreditsicherheiten zuständig.

Welche grundsätzlichen Interessen der Beteiligten stehen sich bei der Grundschuld gegenüber?

Martin Gladenbeck und Dr. Abbas Samhat: Dem Grundschuldgläubiger dient die Grundschuld als Kreditsicherheit. Er möchte die Grundschuld im Sicherungsfall verwerten, d.h. erforderlichenfalls in das Grundstück vollstrecken, um seine offene Kreditforderung aus dem Vollstreckungserlös zu befriedigen. Die Grundschuld gibt ihm gegen den Eigentümer des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks einen dahingehenden Duldungsanspruch.

Demgegenüber möchte der Sicherungsgeber nicht nur sicherstellen, dass die Grundschuld allein für diejenigen Verbindlichkeiten haftet, welche vereinbarungsgemäß in den Sicherungszweck der Grundschuld einbezogen wurden. Er möchte auch, dass die Vollstreckung in seine Immobilie nur und erst dann erfolgt, wenn es auch wirklich zu Leistungsstörungen im besicherten Kreditverhältnis gekommen ist. Schließlich möchte er die Sicherheit vollständig zurückerhalten, wenn der Sicherungszweck vollständig erledigt ist. Dieses Spannungsfeld wird maßgeblich durch den Sicherungsvertrag zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer geregelt.


Rechtsprechung zur Rückgewähr bei Zwangs- und Teilungsversteigerungen hat sich fortentwickelt


Ihrem neuen Werk Kreditsicherung durch Grundschulden – erschienen im Erich Schmidt Verlag –  ist zu entnehmen, dass sich der BGH in der jüngeren Vergangenheit zum Rückgewähranspruch bei Zwangs- und Teilungsversteigerungen geäußert hat. Was hat sich durch die BGH-Rechtsprechung im Wesentlichen geändert?

Martin Gladenbeck und Dr. Abbas Samhat: Der BGH hat seine Rechtsprechung fortentwickelt. Dabei liegt der Gedanke zugrunde, dass der Sicherungsgeber die Grundschuld nach Erledigung des Sicherungszwecks so zurückgeben muss, wie er sie erhalten hat. In der Praxis ist die Person des Sicherungsgebers regelmäßig identisch mit dem Eigentümer. Haben ursprünglich mehrere Eigentümer die Sicherheit zur Verfügung gestellt, sind sie auch gemeinsame Sicherungsgeber und damit auch berechtigt, die Grundschuld nach Erledigung des Sicherungszwecks zurückzufordern. 
 
In der Teilungsversteigerung kommt es zu einem Eigentümerwechsel – sei es, dass die Immobilie komplett neue Eigentümer findet, sei es, dass einzelne der bisherigen Eigentümer das Objekt ersteigern. Grundschuldgläubiger haben zuweilen die Vorstellung, es genüge, wenn sie vom neuen Eigentümer zur Löschung der Grundschuld nur den Betrag anfordern, der zur Begleichung der mit der Grundschuld abgesicherten Forderung erforderlich ist. Dies ist jedoch ein folgenschwerer Irrtum. Denn die Rückgewähr der Grundschuld muss stets so erfolgen, dass die Sicherungsgeber und früheren Eigentümer auch nach dem Eigentumsverlust den der Grundschuld innewohnenden Wert zurückerhalten. Daher macht sich der Sicherungsnehmer ggf. schadensersatzpflichtig, wenn er nicht die gesamte im Teilungsversteigerungsverfahren typischerweise bestehenbleibende Grundschuld dem neuen Eigentümer gegenüber geltend macht.

Bei der Zwangsversteigerung geht es anders als bei der Teilungsversteigerung darum, dass der Grundschuldgläubiger eine ihm als Sicherheit zur Verfügung stehende Sicherheit verwertet. Dieser Zweck rechtfertigt es, im Zuge der Zwangsvollstreckung nur diejenigen Beträge zu liquidieren, die zur Befriedigung der persönlichen Forderung notwendig sind. Details zu Rückgewährfragen bei der Immobiliarversteigerung hat der BGH in den letzten Jahren in mehreren Urteilen fortgeschrieben.


Schäden vermeiden


An wen richtet sich Ihr Werk und was zeichnet es aus?

Martin Gladenbeck und Dr. Abbas Samhat: Das Buch hat einen weiten Adressatenkreis. Aufgrund seines praktischen Bezugs zum Kreditgeschäft ist es von Interesse für Mitarbeiter in Kreditinstituten, die sich mit der Ausgestaltung und den rechtssicheren Umgang mit Grundschulden zu befassen haben. Dabei geht es von der Bestellung der Grundschuld, die Bestimmung ihres Sicherungszwecks bis hin zur Rückgewähr wie auch Verwertung darum, dass die Grundschuld einerseits für die Bank von größtmöglichem Nutzen ist und andererseits beim Sicherungsgeber bzw. Eigentümer keine der Bank anzulastenden Schäden verursacht werden. Zugleich richtet das Buch an Notare, Anwälte wie auch Richter, die entweder vertragsgestaltend tätig werden bzw. eine Arbeits- und Argumentationshilfe in streitigen Auseinandersetzungen suchen. Zahlreiche Fundstellen aus Literatur und Rechtsprechung sollen die Recherche erleichtern. Auch für Studierende bietet das Werk – nicht zuletzt wegen der ausführlichen Darstellung von Wertungen und Streitständen – einen Mehrwert.

Kreditsicherung durch Grundschulden 

Grundsteine sicherer Kreditvergabe

Entscheidungen über eine Kreditvergabe sind grundsätzlich individuell, entsprechend anspruchsvoll und risikobehaftet. Eine besonders elementare Rolle spielen Sicherheiten, allen voran die Grundschuld als wichtigstes Kreditsicherungsmittel.

Ob Bestellung, Abtretung, Verwertung: Einen anschaulichen 360°-Grad-Blick auf die Grundschuld, die gesicherten Forderungen und die Verwertung der Sicherungsgrundschuld wirft das von Gaberdiel begründete Standardwerk – in der nun 10. Auflage verfasst von Martin Gladenbeck und Dr. Abbas Samhat. Im Fokus stehen u.a.: 

  • Erläuterung aktueller Rechtsrisiken und Gestaltungsmöglichkeiten, unter Berücksichtigung wichtiger neuer Rechtsentwicklungen, z.B. durch die Verbraucherkredit- und Wohnimmobilienkreditrichtlinie, durch novelliertes Kostenrecht oder die InsO-Reform
  • Neueste Rechtsprechung, u.a. BGH zum Rückgewähranspruch bei Zwangs- und Teilungsversteigerungen oder im Kontext von Vollstreckungsgegenklagen u.a.
  • Fallbeispiele, Praxishinweise und ein Formularanhang mit Vordrucken und Kurzerläuterungen

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(ESV/bp)

Programmbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht