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Büfett, Büffet oder Bufett? – Hauptsache, es schmeckt. (Foto: .shock – stock.adobe.com)
Auszug aus: Contact, variation and change

„Mit den Aussprachevarianten können auch orthographische Varianten einhergehen“

ESV-Redaktion Philologie
26.05.2020
Haben Sie auch schon einmal überlegt, ob es Büffet, Buffet oder Büfett heißt oder ob man Bukett oder Bouquet schreibt? Und wie man diese Wörter ausspricht? Bei Lehnwörtern aus dem Französischen ist das ja nicht immer eindeutig. Hingegen sind wir uns relativ sicher, wie wir Bulette, Serviette und Zigarette schreiben und sprechen.
Lesen Sie hier einen Ausschnitt aus dem Beitrag „Wenn auf dem Büfett das Baguette neben den Bukett liegt: Zur Integration von Gallizismen im heutigen Deutsch‘“ von Nathalie Nicolay und Rolf Thieroff aus dem Sammelband „Contact, variation and change in Romance and beyond – Studies in honor of Trudel Meisenburg“. Beim nächsten Kauf einer Sandalette oder bei der nächsten Fahrt im Cabriolet bzw. Kabriolett werden Sie vielleicht daran denken!

»Gegenstand des vorliegenden Beitrags ist die graphische und phonische Integration bestimmter Fremdwörter ins Deutsche und damit ein Thema, mit dem Trudel Meisenburg sich schon vor Jahrzehnten befasst hat. Meisenburg hat gezeigt, dass die graphische Integration von Fremdwörtern in so genannten flachen Schriftsystemen wie etwa dem des Spanischen, des Tschechischen oder des Türkischen auf andere Weise erfolgt als die Integration in so genannten tiefen Schriftsystemen wie dem des Englischen, des Französischen oder des Deutschen (cf. Meisenburg 1993).

Graphische und phonische Integration von Fremdwörtern

Zur Fremd­wortintegration in tiefe Schriftsysteme führt sie aus: „In tiefe Schriftsysteme […] werden fremde Schreibungen eher unverändert aufgenommen und beibehalten – auch wenn die Aussprache mehr oder weniger stark dem heimischen Lautsystem angepaßt wird. Zum einen wird so ein bereits bestehendes Repertoire unregelmäßiger und mehrdeutiger GPK-Regeln nur erweitert; zum anderen ist auch die Beibehaltung fremder Schreibungen Ausdruck des für tiefe Schriftsysteme grundlegenden Strebens nach graphischer Morphemkonstanz, die in solchen Fällen übereinzelsprach­lichen Charakter annimmt“ (Meisenburg 1993: 49–50).

In einem Vergleich von Fremdwortschreibungen in verschiedenen Sprachen zeigt Meisenburg, „daß im Spanischen, Tschechischen und Türkischen Fremdwörter in der Tat graphisch viel weitgehender integriert werden“ als im Deutschen oder Französischen (1993: 51). So weisen in ihrem Korpus von 29 im Deutschen vorkommenden Wörtern nicht weniger als 18 Wörter die Originalschreibungen der Gebersprache auf und es sind weitere acht nur „teilangepaßte Formen zu verzeichnen“ (1993: 52).

Im Folgenden befassen wir uns mit einer Gruppe bislang kaum unter­suchter Fremdwörter, nämlich den Gallizismen, die mit den Buchstaben­folgen -et, -ett und -ette enden, und versuchen, den phonologischen, graphematischen und morphologischen Regeln und Besonderheiten dieser Wörter und dem Grad ihrer Integration auf die Spur zu kommen. Es geht um etwa hundert Wörter, die sich zu fast gleichen Teilen auf die drei Wortausgänge (-et, -ett und -ette) verteilen.
[...]

Gallizismen auf <et>: [ɛ], [eː], [ɛt], [eːt]

Die von uns konsultierten Wörterbücher weisen insgesamt 30 Gallizismen auf -et auf. Gallizismen, die mit den Buchstaben -et enden, haben im unmarkierten Fall die folgenden Eigenschaften: Sie sind Neutra, der Kern der letzten Silbe wird mit gespanntem, langem [eː] gesprochen und sie haben Ultimabetonung. Der Plural wird mit -s gebildet, ebenso der Genitiv Singular. Alle diese Eigenschaften finden wir beispielsweise bei Budget (das Budget; [by.ˈdʒeː]; die Budgets, des Budgets). Die Wörter in (1) haben ausschließlich die genannten Eigenschaften.

(1) Bidet, Bonnet ‘Damenhaube des 18. Jahrhunderts’, Brevet ‘Schutz-, Verleihungs-, Ernennungsurkunde (besonders in Frankreich)’, Budget, Couplet, Estaminet ‘kleines Kaffeehaus; Kneipe’, Filet, Gilet, Sujet, Toupet, Tourniquet ‘Drehkreuz an Wegen, Eingängen o. Ä.; korkenzieherförmiges Gebäckstück aus Blätterteig’

Die Wörter in (2) unterscheiden sich in verschiedener Hinsicht mehr oder weniger stark vom Default-Fall in (1). Die Wörter in (2a) können den Wörterbüchern zufolge sowohl mit gespanntem langem [eː] als auch mit ungespanntem kurzem [ɛ] gesprochen werden; diejenigen in (2b) haben ausschließlich [ɛ]. Bei den drei Wörtern in (2c) ist neben der Aussprache mit [eː] auch ein konsonantischer Auslaut auf [ɛt] möglich. Und schließlich liegen mit (2d) zwei Sonderfälle vor, die ausschließlich die so genannte Leseaussprache auf [eːt] aufweisen (cf. unten). Schon hier offenbaren sich unterschiedliche Integrationsgrade: von (2b), was wohl dem Französischen am nächsten kommt, über [eː] und [ɛt] hin zur so genannten Leseaussprache. Dass der kurze, ungespannte Auslaut tatsächlich so häufig vorkommt, wie unsere Referenzwerke es nahelegen, darf bezweifelt werden, da dies nicht der deutschen Phonologie entspricht: Betonte offene Silben mit Kurzvokal kommen sonst nicht vor; dementsprechend verzeichnen Krech et al. (2009: 154) als „eingedeutscht[e]“ Aussprache von Daudet [dodˈɛː] und [dodˈeː]. Der Auslaut [eː] stellt also den erwartbaren ersten Schritt zur Anpassung dar.

(2)
a. Chalet, Civet ‘Ragout von Hasen und Wildkaninchen’, Biquet ‘Schnellwaage für Gold- und Silbermünzen’, Effet, Gourmet
b. Béret ‘Baskenmütze’, Carnet, Godet ‘in einem Kleidungsstück eingesetzter Keil’, Clairet, Muscadet
c. Calumet, Signet, Sorbet
d. Paket, Pamphlet

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Insgesamt sechs Gallizismen auf -et sind Maskulina, nämlich Biquet, Effet und Gourmet in (2a), Clairet und Muscadet in (2b) und Sorbet in (2c), wobei Effet und Sorbet auch als Neutra vorkommen, letzteres wahrscheinlich überwiegend. Der Grund für das maskuline Genus bei Gourmet ist zweifellos, dass es sich um eine Personenbezeichnung handelt. Clairet und Musca­det sind Bezeichnungen für Weinsorten, und Weine sind grundsätzlich, wie alle alkoholischen Getränke mit Ausnahme von Bier, Maskulina. Warum Biquet nur und Sorbet auch maskulin ist, vermögen wir nicht anzugeben; die Genusschwankung bei Effet liegt vermutlich in der etymologischen Nähe zu Effekt begründet.

Auffällig ist, dass alle Maskulina mit [ɛ] gesprochen werden können; im Fall von Sorbet kommen auch [eː] und [ɛt] vor, bei Clairet und Muscadet scheint die [ɛ]-Aussprache sogar die einzige zu sein. Da also Auslaut und Genus sich wie im Französischen verhalten, haben wir es mit schwach integrierten Substantiven zu tun. Bei den Neutra kommt die Aussprache mit [ɛ] offenbar nur bei Civet und Carnet vor, bei ersterem neben [eː], bei letzterem allein.

Zwei Aussprachevarianten

Die beiden Varianten Calumet und Kalumet kommen laut Wortschatz-Lexikon der Universität Leipzig heute praktisch nicht mehr vor. Ob Sprecher bei Signet die Aussprache [zɪnˈjeː] oder [zɪˈɡnɛt] (beide von Duden online angegeben) bevorzugen, kann anhand von Korpora des Geschriebenen natürlich nicht überprüft werden. Die erstgenannte Aussprache macht zwar zwingend den s-Plural erforderlich, doch sind bei der letztgenannten Aussprache sowohl der native e-Plural als auch der s-Plural möglich.

(3)    Bouquet/Bukett, Buffet/Büfett, Cabaret/Kabarett, Cabriolet/Kabriolett

Wie die Wörter in (2c) so weisen auch die in (3) je zwei Aussprachevarianten auf, nämlich gleichfalls [eː] und [ɛt]. Anders als bei den Wörtern in (2c) gehen mit den Aussprachevarianten in (3) jedoch auch orthographische Varianten einher. Die Formen auf -et behalten die französische Schreibweise auch sonst bei, während die Formen auf -ett neben dem Doppel-t zusätzlich k für französisches qu bzw. c aufweisen und eine angepasste Schreibung für die Vokale [u] und [y], zudem Wegfall der Geminatenschreibung bei Büfett und Bukett. Büfett, Kabarett und Kabriolett sind also orthographisch sehr viel stärker integriert bzw. dem Kernsystem des Deutschen sehr viel näher als die jeweils anderen Varianten. Die Varianten auf -et werden mit auslautendem [eː], die Formen auf -ett mit auslautendem [ɛt] gesprochen.
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Um 1945 war Büfett etwa viermal so häufig wie Buffet

Sowohl Bouquet als auch Buffet und Cabriolet sind also die gegenüber den integrierten Schreibungen ungleich häufigeren Varianten. Lediglich Kabarett ist häufiger als sein französisches Pendant, und interessanterweise ist dies auch der einzige Fall, für den Duden online eine mögliche Akzentverschiebung (von der Ultima zur Antepänultima, also [ˈkabaʁɛt]) registriert. Cabrio wurde in die Tabelle mit aufgenommen, da diese Variante offenbar den beiden Varianten Cabriolet und Kabriolett den Rang abläuft. Kabriolett ist mit Häufigkeitsklasse 22 heute sehr selten.
Auch in den anderen drei Fällen hat eine Entwicklung von der integrierten Form hin zur ursprünglichen, französischen Variante stattgefunden. So übertrifft im DWDS-Zeitungskorpus die Variante Bukett 1945 die Variante Bouquet bei weitem. Doch um 1975 hat die Variante Bouquet die Frequenz von Bukett erreicht, und seitdem nimmt die Frequenz von Bouquet stark zu, während die von Bukett weiterhin abnimmt, wenn auch seit 1995 nur noch langsam.
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Noch wesentlich stärker überwog einst die Form Büfett die Form Buffet – um 1945 war Büfett etwa viermal so häufig wie Buffet. Seitdem ist die Frequenz von Büfett kontinuierlich zurückgegangen, während gleichzeitig die Frequenz von Buffet ebenso kontinuierlich zunahm. Erst um 2005 waren im DWDS-Zeitungskorpus beide Formen gleich frequent. Zunahme von Buffet und Abnahme von Büfett gehen jedoch unvermindert weiter, so dass heute Buffet die Variante Büfett deutlich an Häufigkeit übertrifft.
[...]

Dass dies bei einzelnen Sprachbenutzern für Diskussion sorgt, zeigen entsprechende Forumsbeiträge im Netz; dort wird sogar die Vermutung geäußert, die Schreibvarianten dienten der Bedeutungsdifferenzierung:

„Unterschiedliche Schreibweisen für ein Wort sind keine Erfindung der Rechtschreibreform, Büfett und Buffet sind ein Beispiel dafür. Mir gefällt die zweite Schreibweise besser, aber das liegt hauptsächlich daran, dass ich hoffnungslos frankophil bin und das Wort ohne t spreche. Die heiße Schlacht am kalten Büfett oder Buffet gerät im Internet zu einer Schlacht um Schreibweisen: Büffet, Bufett, Büfett, Büfee, Büffee, Buffett mögen kreativ sein, gelten aber als falsch. [Ines Balcik; 29. Oktober 2007 um 11:22 Uhr]“.

[Kommentar von Christian, 12. Mai 2014:] „Büfett ist ein Geschirrschrank und Buffet eine Art der Nahrungsdarbietung.“
(https://sprachblog.ib-klartext.de/lektorat.php/text/notizen/Bfett-und-Buffet; 2019-05-12)

Originalvariante versus integrierte Schreibung

Es ist also festzuhalten, dass dann, wenn zwei Varianten eines Lexems existieren, von denen die eine näher am französischen Original ist, während die andere eine integrierte Schreibung aufweist, grundsätzlich die Originalvariante bevorzugt wird. Diachron gehen die integrierten Varianten zurück, die Originalvarianten nehmen zu. Man beachte, dass dies auch eine Zunahme der s-Flexion, genauer des s-Plurals impliziert (die Bouquets, Buffets gegenüber älterem die Bukette, die Büfette). Was die Gründe für diese Entwicklung sind, ist schwer auszumachen. Eine unseres Erachtens durchaus plausible Annahme ist jedoch die folgende:

„Die Teilhabe an diesem international gemeinsamen Wortschatz, die durch Beibehaltung der fremden Schreibung erleichtert wird, wird oft höher eingeschätzt als leicht zu erlernende integrierte Schreibungen, durch die die graphischen Wortformen aus dem internationalen Wortschatz ausgegliedert würden […]. Das Streben nach Internationalität äußert sich aber auch allgemeiner in Form von Loyalität gegenüber Quellsprachen, insbesondere, wenn es sich um Prestigesprachen handelt. Ihre Schreibung und möglichst auch ihre Lautung sollen im entlehnten Wortschatz bewahrt bleiben, wodurch sich zugleich Bildungsbewußtsein und Mehrsprachigkeit ausdrücken läßt.“ (Meisenburg 1993: 50–51)
[...]

Wenn Sie neugierig geworden sind, und mehr lesen möchten, beispielsweise auch zum Schwa-Laut, zum Code-Mixing bei dreisprachigen Kindern oder zur Schreibung des Nasalvokals im Französischen, dann empfehlen wir Ihnen einen längeren Blick in das Buch „Contact, variation and change in Romance and beyond – Studies in honor of Trudel Meisenburg“.

Die HerausgeberInnen
Christoph Gabriel ist seit 2015 Professor für Romanische Sprachwissenschaft an der JGU Mainz. Zuvor war er an der Universität Hamburg tätig, wo er u.a. Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Mehrsprachigkeit“ war.
Andrea Pešková promovierte 2014 an der Universität Hamburg und ist nach einjähriger Tätigkeit an der Universität zu Köln derzeit als Postdoktorandin für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität Osnabrück tätig.
Maria Selig ist Professorin für Romanische Sprachwissenschaftlich an der Universität Regensburg. Sie ist seit 2009 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und leitet das Wörterbuchprojekt „Dictionnaire de l'occitan médiéval“ (www.dom-en-ligne.de).

Contact, variation and change in Romance and beyond. Kontakt, Variation und Wandel in und jenseits der Romania.
Studies in honor of Trudel Meisenburg. Festschrift für Trudel Meisenburg

Herausgegeben von Prof. Dr. Christoph Gabriel, Dr. Andrea Pešková und Prof. Dr. Maria Selig

The contributions assembled in this volume are devoted to Trudel Meisenburg and address central aspects of her research: language contact, variation and change. Based on numerous examples from Europe and Latin America the authors examine the multifaceted dynamics of languages in situations of contact, with a particular focus on segmental and prosodic phenomena, on language acquisition in situations of multilingualism and on the repercussions of language contact in the speakers’ awareness and attitudes.The individual papers testify the growing interest in complex heterogeneous and hybrid language constellations and show the explanatory power of linguistic theories which account for contact-induced variability in empirical data.

Die Beiträge dieses Bandes sind Trudel Meisenburg gewidmet und gruppieren sich um die zentralen Themen ihrer Forschung: Sprachkontakt, Variation und Wandel. In einer Vielzahl von Kontaktsituationen in Europa und in Lateinamerika werden die Dynamiken aufgezeigt, die sich aus dem Neben- und Miteinander der Sprachen ergeben. Dazu zählen u. a. Phänomene des Kontakts auf segmentaler und prosodischer Ebene, Spracherwerb im Kontext von Mehrsprachigkeit sowie die Reflexe des Kontakts in Sprachbewusstsein und Spracheinstellungen. Die Beiträge bezeugen das neue Interesse für komplexe heterogene und hybride sprachliche Situationen und zeigen die Leistungsfähigkeit einer für kontaktbedingte Variabilität offenen linguistischen Theoriebildung auf.

(ESV/vh)

Programmbereich: Romanistik