Molkentin: „Intensivere Debatte über posttraumatische Belastungsstörungen und Berufskrankheiten notwendig“
Darüber hinaus hat das Sozialgericht (SG) Detmold dem Verfasser zufolge dem beklagten Unfallversicherungsträger sogar vorgehalten, durch rein somatische Betrachtung des Sachverhalts beim Kläger eine positive Wendung verhindert zu haben. Nach Auffassung des SG hätte der Krankheitsverlauf durch frühe psychotherapeutische Begleitung positiv beeinflusst werden können (rechtskräftiges Urteil vom 08.09.2011 – Az: S 14 U 161/09).
Psychische Leiden als Berufskrankheit
Im Vordergrund seines Beitrages steht jedoch die Frage, ob die psychische Erkrankung selbst eine Berufskrankheit (BK) sein kann. Zwar hat er hieran keine grundsätzlichen Bedenken. Allerdings wäre zu diesem Thema in der öffentlichen Diskussion außer gelegentlichen zaghaften Forderungen der Gewerkschaften kaum etwas wahrzunehmen.Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden! |
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Uodate: Psychische Belastung als Berufskrankheit |
27.08.2019 |
SG Stuttgart: Keine Anerkennung von posttraumatischer Belastungsstörung bei Rettungssanitäter | |
Können Angehörige bestimmter Berufsgruppen Ansprüche auf Anerkennung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) als Berufskrankheit haben? In einem Fall vor dem Sozialgericht Stuttgart ging es um einen Rettungssanitäter, der sich unter anderem auf Traumata aus seinen Einsätzen beim Amoklauf von Winnenden berief. mehr … |
Bisher keine Lösungen
In der Folge befasst sich Molkentin dann mit dem Versuch, eine psychische Erkrankung unmittelbar nach § 9 Absatz 2 SGBVII wie eine BK anzuerkennen. Die Beteiligten, so der Autor weiter, hätten insoweit bisher allerdings erhebliche Fehler gemacht:- Formelle Fehler: Zum einen wäre der Unfallkasse ein formeller Fehler unterlaufen, der zur Aufhebung des LSG-Urteils führte.
- Keine Verschlüsselung nach internationalen Diagnoseverzeichnissen: Darüber hinaus meint der Verfasser, dass der medizinische Gutachter das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Bezug auf die Definition einer posttraumatischen Belastungssituation (PTBS) falsch beraten hatte. Damit habe es an der Voraussetzung gefehlt, dass eine psychische Erkrankung exakt nach den internationalen Diagnoseverzeichnissen verschlüsselt sein muss (vgl. hierzu auch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20.07.2010 – AZ: B 2 U 19/09 R sowie das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 14.05.2009 – AZ: L 6 U 845/06).
„Wie-BK“: Gleichstellung einer Krankheit mit Berufskrankheit
Sodann fragt Molkentin, wie überhaupt festzustellen ist, dass eine Krankheit einer Berufskrankheit (BK) gleichzustellen ist. Insoweit spricht er von der sogenannten „Wie-BK“.Im Vordergrund stehen dabei die naturwissenschaftliche und -philosophische Kausalitätsprüfung sowie das Vorliegen einer „Posttraumatischen Belastungssituation“ (PTBS) nach der S3-Leitlinie der AWMF-Fachgesellschaften.
DSM als Leitfaden
In diesem Zusammenhang verweist der Autor auf die „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM).DSM (deutsch): Diagnostischer und Statistischer Leitfaden psychischer Störungen |
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Im besonderen Fokus: Die Bundeswehr
Sein besonderes Augenmerk richtet Molkentin dann auf die Bundeswehr. Diese habe ein ganz erhebliches Problem mit PTBS-Erkrankungen im Rahmen ihrer ISAF-Einsätze in Afghanistan. Der Grad der Neuerkrankungen habe seinen letzten Höhepunkt im Jahr 2017 mit 1.450 Behandlungskontakten gehabt.Vor diesem Hintergrund wurde ein Forschungsvorhaben durchgeführt, das der Definition nach DSM-IV folgte. In diesem Zusammenhang hebt Molkentin zwei bemerkenswerte Erkenntnisse hervor:
- Häufigkeit der Ereignisse entscheidend: Zum einen stelle das Vorhaben ebenfalls auf kumulative Traumata ab. Danach sind weniger die Art, sondern vielmehr Häufigkeit und Dichte der Ereignisse entscheidend, die zur PTBS führen.
- Moralisch belastende Situationen prägen Wahrnehmung stärker: Nach Studienlage des Psychotraumazentrums der Bundeswehr (PTZ) würden zudem eher moralisch belastende Situationen die Wahrnehmungen der Einsatzteilnehmenden prägen. Hierzu gehörten das Erleben von Armut, Bürgerkriegen oder Gräueltaten und weniger die unmittelbare persönliche Bedrohung aus Kampfhandlungen.
Lesen sie in dem vollständigen Beitrag in der SGb Ausgabe 04/2019: |
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Was für die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls relevant ist, stellt Professor Eberhard Jung in seinem Beitrag dar. mehr … |
(ESV/bp)
Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung