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VGH Kassel: Die Stadt Frankfurt am Main hatte die Kundgebung an der Bockenheimer Warte ermessensfehlerfrei verboten (Foto: fotohansel / stock.adobe.com)
Versammlungsrecht und Demoverbot

Motto: „Nie wieder Faschismus ..“ ist nur Deckmantel für antiisraelische Kundgebung, so der VGH Kassel

ESV-Redaktion Recht
15.11.2023
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof – kurz VGH Kassel – hat das Verbot einer Kundgebung bestätigt, die unter dem Motto stehen sollte: „Nie wieder Faschismus – Erinnerung an die Reichspogromnacht wachhalten, Antisemitismus bekämpfen!“.
In dem Streitfall hatte die Stadt Frankfurt am Main mit Verfügung vom 8.11.2023 der Anmelderin eine für den für den 10.11.2023 geplante Kundgebung verboten. Die Demo unter dem obigen Motto sollte zwischen 18.00 und 20.00 Uhr an der Bockenheimer Warte stattfinden.
 
Die Stadt begründete das Verbot unter anderem damit, dass die Anmelderin vorher in Berlin und Frankfurt zu propalästinensischen und antiisraelischen Kundgebungen aufgerufen hatte, bei denen es zu Straftaten kam. Deshalb ist das Motto der nun im Streit stehenden Demo nach Auffassung der Stadt nur der Deckmantel für eine antisemitische Kundgebung.
 
Das Verbot der Stadt griff die Anmelderin erfolgreich mit einem Eilantrag vor dem VG Frankfurt am Main an (5 L 3551/23.F). Gegen den erstinstanzlichen Beschluss zog die Stadt Frankfurt dann mit einer Beschwerde vor den VGH Kassel.


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VGH Kassel: Antragstellerin sieht Israel in Täterrolle

Der 2. Senat des VGH Kassel hob den Beschluss des VG Frankfurt auf. Er begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Stadt Frankfurt die Kundgebung nach Abwägung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit mit den Interessen der öffentlichen Sicherheit ermessensfehlerfrei verboten hatte. Die weiteren wesentlichen Erwägungen des Senats:
 
  • Gefahr für öffentliche Sicherheit: Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sah der Senat nachvollziehbare Anzeichen für zu erwartende Straftaten im Zusammenhang mit der Kundgebung. Damit lag eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vor. 
  • Motto nur vorgeschoben: Auch der Senat schließt aus den bisherigen Erkenntnissen, dass das Motto der Kundgebung nur vorgeschoben ist. Dies zeigen nicht nur die Ereignisse der Vergangenheit aus den Demos in Frankfurt und Berlin. Auch der Aufruf der Anmelderin – bzw. der Antragstellerin – auf Instagram macht deutlich, dass es dieser nicht nur um die Erinnerung an die Reichspogromnacht geht. Vielmehr sehe die Antragstellerin den Staat Israel im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt in der Täterrolle, so der Senat weiter. Dies macht er daran aus, dass die Antragstellerin den Staat Israel zwar in den Kontext der Reichspogromnacht stellt, letzlich aber die Einzigartigkeit des Holocausts relativieren würde.
  • Keine spätere Distanzierung von Straftaten: Von den damaligen Straftaten in Berlin und Frankfurt hatte sich die Antragstellerin später auch nicht distanziert. Zudem belegen dem Senat zufolge weitere Verhaltensweisen und Äußerungen der Antragstellerin, dass sie derartige Straftaten weder verhindern noch unterlassen möchte. Vielmehr will sie diese nach weiterer Senatsauffassung zumindest billigend in Kauf nehmen. Auch die bisher eingeleiteten Strafverfahren haben die Antragstellerin nicht davon abgehalten, sich weiter strafrechtlich relevant über den Nahostkonflikt zu äußern und die dort geschehenen Hamas-Verbrechen zu billigen.
  • Status der bisherigen Strafverfahren unerheblich: Bei der Gefahrenprognose kam es nach Senatauffassung auch nicht darauf an, dass die gegenwärtigen Ermittlungsverfahren gegen die Antragstellerin noch nicht zu rechtskräftigen Verurteilungen geführt haben.
Der Beschluss des VGH ist im verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug unanfechtbar, so der Senat abschließend. 
 
Quelle: PM des VGH Kassel vom 10.11.2023 zum Beschluss vom selben Tag – 2 B 1578/23


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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht