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Nach wie vor sind Impfstoffe knapp und der Andrang auf Impftermine ist sehr hoch (Foto: Alexander Limbach / stock.adobe.com)
Reihenfolge bei Corona-Impfungen und Ansprüche auf vorzeitige Impfung

Neue Entscheidungen der Gerichte zu Ansprüchen auf Corona-Impfung

ESV-Redaktion Recht
18.02.2021
Bisher haben die Gerichte einige Eil-Entscheidungen im Zusammenhang mit Corona-Impfungen getroffen. Dabei waren sie sich jedoch nicht immer einig. Nun haben sich das VG Stuttgart und das VG Frankfurt a. M. erneut mit der Frage befasst, ob es Ansprüche auf vorgezogene Impfungen oder auf Änderungen bei der Impfpriorität geben kann.
Bisher hatten das LSG Niedersachsen-Bremen und das VG Berlin Eilanträge auf vorgezogene Corona-Impfungen abgelehnt; wohingegen zuvor das VG Dresden und das VG Frankfurt a. M. Ansprüche auf vorzeitige Impfungen nicht ausgeschlossen hatten und den Behörden unter bestimmten Voraussetzungen eine Änderung der Impfreihenfolge gewährten. Jüngst hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) die Beschwerde eines Antragstellers zurückgewiesen, der eine sofortige Schutzimpfung gegen das SARS-CoV-2 Virus erreichen wollte.

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Anknüpfend an die Thematik befasste sich nun das VG Stuttgart mit dem Anspruch auf eine unverzügliche Impfung gegen das Coronavirus. Hingegen hatte das VG Frankfurt a. M. zu entscheiden, ob eine Priorisierung bei der Schutzimpfung innerhalb der Personengruppe möglich ist. Der Reihe nach:

VG Stuttgart: Kein Anspruch auf unverzügliche Impfung gegen Corona

Mit Hilfe von Eilanträgen wollten drei Antragsteller im Alter von 39, 60 und 79 Jahren abweichend von der Impfreihenfolge der CoronaImpfV vorgezogen und sofort geimpft werden. Sie begründeten ihr Anliegen mit gesundheitlichen Vorerkrankungen. So wurde in einem Fall Atemnot angeführt, im weiteren Fall eine Krebserkrankung sowie ein Herzinfarkt und in dem dritten Fall eine Querschnittslähmung bei Schwächung des Immunsystems. Die 16. Kammer des VG Stuttgart lehnte alle drei Anträge ab. Im Wesentlichen mit folgenden Begründungen:

  • Keine schwerwiegenden Gründe glaubhaft gemacht: Um einen Anspruch auf unverzügliche Impfung zu haben, müssten schwerwiegende Gründe vorliegen, die der Gesetzgeber bei Schaffung der Priorisierungsgruppen nicht beachtet hat. Solche Gründe hatten die Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
  • Verordnungsgeber hat Vorerkrankungen berücksichtigt: Darüber hinaus hätte der Verordnungsgeber die angeführten Vorerkrankungen bereits berücksichtigt, meint das VG weiter.
  • Sterberisiko der Antragsteller nur geringfügig erhöht: Schließlich sei das Sterberisiko bei den dargelegten Vorerkrankungen aufgrund von Corona nur geringfügig erhöht. Damit, so das VG weiter, käme eine Einordnung in die höchste Prioritätsgruppe nicht in Betracht.
  • Kein verfassungsrechtlicher Teilhabeanspruch: Auch dem verfassungsrechtlichen Teilhabeanspruch ist nach Auffassung des VG kein Anspruch auf unverzügliche Impfung zu entnehmen. So hätten über 80-jährige ein 16-fach höheres Sterberisiko gegenüber dem Durchschnitt. Weil der Impfstoff derzeit noch knapp ist, halten die Stuttgarter Richter die vorrangige Impfung von Personen der höchsten Priorisierungsgruppe für sachgerecht.

Quellen: PM des VG Stuttgart vom 16.02.2021 zu den Beschlüssen vom 25.1.2021, vom 11.2.2021 und vom 15.2.2021 – 16 K 193/21; 16 K 511/21; 16 K 581/21

Anmerkung der Redaktion: Die Corona-Impfverordnung wurde mit Wirkung zum 8.2.2021 geändert, sodass zumindest ein Sachverhalt unter die alte Fassung fiel, die bis zum 7.2.2021 gegolten hat. Nähere Informationen hierzu sind der Pressemitteilung des VG vom 16.2.2021 hierzu aber nicht zu entnehmen.

Im Überblick: Die unterschiedlichen Fassungen von § 1 Abs. 2  CoronaImpfV

§ 1 Abs. 2 CoronaImpfV
(Fassung bis 7.2.2021):
Die Länder und der Bund sollen den vorhandenen Impfstoff so nutzen, dass die Anspruchsberechtigten in der folgenden Reihenfolge berücksichtigt werden (...)

Demnach wäre der Wechsel von einer Prioritätsgruppe in eine höhere wohl möglich, weil die Behörden ein Ermessen haben.
§ 1 Abs. 2 CoronaImpfV (Fassung ab 8.2.021):
Die Länder und der Bund haben den vorhandenen Impfstoff so nutzen, dass die Anspruchsberechtigten in der folgenden Reihenfolge berücksichtigt werden (...)

Demnach wäre ein Wechsel von einer Prioritätsgruppe in eine höhere wohl nicht möglich. Die Behörden haben kein Ermessen.
 

VG Frankfurt: Schwerstbehinderte minderjährige Antragstellerin kann innerhalb der Personengruppe mit hoher Priorität vorrangig zu berücksichtigen sein

Demgegenüber hat die 5. Kammer des VG Frankfurt dem Eilantrag einer achtjährigen Antragstellerin teilweise stattgegeben. Die Antragstellerin leidet seit ihrer Geburt an einer schweren Fehlbildung des Gehirns, unter Epilepsie, wiederkehrenden Atemwegsinfekten sowie unter Blindheit. Zudem bescheinigt ein ärztliches Attest ein signifikant erhöhtes Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf bei einer Coronaerkrankung. Als Person mit geistiger Behinderung gehört die Antragstellerin nach § 3 der CoronaImpfV zur Personengruppe mit hoher Priorität.

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Zwar hat das VG Frankfurt eine Einstufung der Antragstellerin in eine höhere Prioritätsgruppe abgelehnt. Das Gericht verpflichtete die Stadt Frankfurt aber dazu, die Antragstellerin nach pflichtgemäßen Ermessen bei der Vergabe der Impftermine für die Personengruppe mit hoher Priorität vorrangig zu berücksichtigen. Ausschlaggebend für dieses Ergebnis waren im Wesentlichen folgende Erwägungen:

  • Minderjährigkeit steht Impfung nicht entgegen: Die Minderjährigkeit der Antragstellerin ist den Frankfurter Richtern zufolge unerheblich. Obwohl der Impfstoff für Kinder nicht zugelassen ist, kann dem Richterspruch zufolge ein Fertigarzneimittel im Einzelfall auch außerhalb des Gebrauchs verabreicht werden, der von den Arzneimittelbehörden zugelassen wurde. Hierzu hatte sich der Kinderarzt der Antragstellerin bereit erklärt.
  • Vorrangige Berücksichtigung der Antragstellerin innerhalb der Gruppe nach Ermessen: Sobald für die Personengruppe mit hoher Priorität Impftermine vergeben werden, muss die Antragsgegnerin nun im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens über eine vorrangige Berücksichtigung der Antragstellerin innerhalb dieser Gruppe entscheiden.
Die  Frankfurter Richter berücksichtigten in ihrem Beschluss § 3 der Corona-Impfverordnung in der Fassung ab dem 08.02.2021 (siehe oben). Durch die neue Fassung wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten mit hoher Priorität deutlich erweitert.

Quelle: PM des VG Frankfurt a. M. vom 12.02.2021 zum Beschluss vom selben Tag – 5 L 219/21
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(ESV/pc/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht