Neues aus Berlin, Braunschweig und Koblenz
Kammergericht (KG) in Berlin: Datenschutzerklärung von Google aus 2012 in vielen Teilen rechtswidrig
Dem Berliner Richterspruch zufolge sind insgesamt 13 Klauseln der Datenschutzerklärung und 12 Regelungen in den Nutzungsbedingungen von Google unwirksam. Mit der Datenschutzerklärung sollen die Nutzer der Suchmaschine Rechte zur Erhebung und Nutzung der Kundendaten einräumen. So hatte sich Google beispielsweise vorbehalten, gerätespezifische Informationen und Standortdaten zu erfassen. Zudem sollten personenbezogene Daten aus verschiedenen Google-Diensten miteinander verknüpft werden. Darüber hinaus wollte Google persönliche Daten in bestimmten Fällen an Dritte weitergeben. Bevor sich die Nutzer anmelden können, müssen diese ihr Einverständnis durch Ankreuzen eines Kästchens erklären und bestätigen, dass sie die Datenschutzerklärung gelesen haben. Das KG meint, dass Teile der Google-Bestimmungen gegen die DSGVO verstoßen. Dabei betonte das Gericht, dass stets eine freiwillige, aber auch informierte Einwilligung erforderlich ist. Eine einfache Bestätigung der Verbraucher, dass sie die Datenschutzerklärung gelesen hätten, genüge diesen Anforderungen nicht. Zudem, so die Berliner Richter weiter, wären Teile der Datenschutzerklärung so verschachtelt und redundant ausgestaltet, dass ein durchschnittlicher Leser diese kaum noch durchschauen könnte. Letztlich müssten die Leser annehmen, dass jegliche Nutzung der personenbezogenen Daten erlaubt wäre.Das KG hat die Revision zum BGH nicht zugelassen. Wie der vzbv in einer aktuellen Presseerklärung mitteilte, hat sich Google bereits mit einer Nichtzulassungsbeschwerde an den Bundesgerichtshof (BGH) gewendet.
Quelle: PM des vzbv vom 16.04.2019 zum Urteil des Kammergerichts Berlin vom 21.03.2019 – AZ: 23 U 268/13
Wo Datenschützer ihre Nase reinstecken PinG Privacy in Germany – Die Zeitschrift für alle, die mit Datenschutz in Unternehmen zu tun haben und bei der regelkonformen Umsetzung stets auf der sicheren Seite sein wollen:
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OLG Braunschweig: Unterlassene Darmspiegelung führt zur Haftung des Arztes für nicht erkannten Darmkrebs
Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig. Ein Internist hatte bei einer Patientin trotz teilweise schwerer Blutungen aus dem Anus keine Darmspiegelung veranlasst. Er hatte lediglich Hämorrhoiden und eine Analfissur diagnostiziert. Erst als die Patientin neun Monate später wegen eines anderen Leidens ein Krankenhaus aufsuchte, wurde bei der Patientin Darmkrebs entdeckt. Allerdings hatte der Krebs nun schon Metastasen in der Leber entwickelt und kurze Zeit später verstarb die Patientin.Weil er die erforderliche Darmspiegelung unterlassen hatte, ist dem beklagten Mediziner nach Meinung des OLG Braunschweig ein grober Behandlungsfehler vorzuhalten, der gravierend gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstößt. Damit, so das Gericht weiter, greife zugunsten der Patientin eine Beweislastumkehr: Das heißt, nicht die Patientin muss den Kausalzusammenhang zwischen Behandlungsfehler und den gesundheitlichen Folgen beweisen. Vielmehr muss der Arzt beweisen, dass die verspätete Diagnose nicht ursächlich für den weiteren Krankheitsverlauf war. Zugunsten der Patientin berücksichtigten die Braunschweiger Richter, dass sie den beklagten Internisten wegen ihrer rektalen Blutungen aufgesucht hat. Dabei habe sie auch eine Diagnose erhalten, die gerade nicht auf Krebs lautete. Darauf durfte die Patientin vertrauen. Als Kläger traten die Erben der verstorbenen Patientin ein. Diese hatte noch zu Lebzeiten ihren behandelnden Internisten verklagt.
Quelle: PM des OLG Braunschweig vom 10.04.2019 zur Entscheidung vom 28.02.2019 – AZ: 9 U 129/15
AHRS Arzthaftpflicht-RechtsprechungUnerschöpfliche Informationsquelle – Herausgeberin: Eva OhlsbergDie Sammlung AHRS Arzthaftpflicht-Rechtsprechung bietet seit Jahrzehnten einen umfassenden und zuverlässigen Überblick über die Rechtsprechung auf diesem Gebiet. Nicht ohne Grund erntet die Sammlung deshalb auch hervorragende Kritiken. Mittlerweile ein Klassiker auf dem Gebiet des Arzthaftpflichtrechts, enthält das Gesamtwerk alle seit 1949 ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen sowie rechtskräftige, schwer zugängliche Entscheidungen der unteren Instanzen. AHRS gibt Antworten auf wichtige Fragen:
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LG Berlin: Mietspiegel 2015 keine geeignete Schätzgrundlage für ortsübliche Vergleichsmiete
Dies ist die Auffassung der 63. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin. Die Kammer hatte zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht den Mietspiegel 2015 angewendet und schloss sich damit der Meinung eines Sachverständigen an. Dieser hatte ausgeführt, dass der Mietspiegel auf Daten beruht, die nicht nach anerkannten mathematischen Grundsätzen ausgewertet worden seien. Damit, so die Berliner Richter weiter, liege keine geeignete Schätzgrundlage nach § 287 ZPO vor. In dem Streitfall wehrten sich die beklagten Mieter gegen eine Mieterhöhung der GEHAG GmbH. Das LG hob das Urteil der ersten Instanz auf und verurteilte die Mieter dazu, der Mieterhöhung zuzustimmen.Quelle: PM des LG Berlin vom 12.04.2019 zum Urteil vom 26.03.3019 – AZ: 63 S 230/16
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LG Koblenz: Kündigung von Gewerberaum-Mietvertrag trotz Mängeln berechtigt
Ein Vermieter darf ein Mietverhältnis kündigen, wenn der Mieter mit zwei Monatsmieten in Verzug ist. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Mietsache mangelhaft ist. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts (LG) Koblenz. Eine Mietkürzung in vollem Umfang ist zwar nicht ausgeschlossen. Diese setzt jedoch voraus, dass der Mietgegenstand völlig unbrauchbar ist. Ansonsten, so das LG weiter, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles eine Quote zu bilden.In dem Streitfall wollte der beklagte Mieter die vertragsgegenständlichen Mieträume gewerblich als Hotel nutzen. Laut Mietvertrag war der Kläger dazu verpflichtet, in allen Hotelzimmern bis zum 01.12.2017 Laminatböden zu verlegen. Wegen des Fehlens des Laminats hatte der Mieter zeitweise gar keine Miete gezahlt. Zwar sahen auch die Koblenzer Richter das Fehlen des vereinbarten Fußbodens als Mangel an. Dieser berechtigt den Mieter dem Richterspruch zufolge aber nicht dazu, die Miete komplett einzubehalten. Vielmehr hätte der beklagte Mieter die Zimmer – ggf. billiger – auch im Originalzustand vermieten können. Dass die Hotelzimmer gar nicht genutzt werden konnten, hat der Beklagte nach Meinung des LG selber zu vertreten. Er hatte nämlich die alten Teppichböden in Eigenregie entfernt, was zur Unbrauchbarkeit der Hotelzimmer führte. Da zeitweilig ein Mietrückstand in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten aufgelaufen war, sah das LG den Kläger als berechtigt an, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen.
Quelle: PM des LG Koblenz vom 16.04.2019 zur Entscheidung vom 02.04.2019 – AZ: 9 O 185/18
Aktuelles GewerberaummietrechtAutor: Dr. Rainer BurbullaDas Gewerberaummietrecht hat sich in jüngerer Zeit zu einer Spezialmaterie entwickelt. Für Praktiker ist es daher eine Herausforderung, sich schnell in die komplexe Materie des Gewerberaummietrechts einzuarbeiten. Entsprechend ihrer praktischen Bedeutung behandelt das Werk die aktuellen Rechtsprechungsentwicklungen anhand von Praxishinweisen und Hinweisen zur Vertragsgestaltung Die Schwerpunkte der Darstellung:
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(ESV/bp)
Programmbereich: Wirtschaftsrecht