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BGH unterstreicht Beratungspflichten von Sozialhilfeträgern (Foto: Blackosaka und AllebaziB/Fotolia.com)
Rechtsprechungsübersicht 30/2018

Neues aus Karlsruhe, Düsseldorf, Hildesheim und Berlin

ESV-Redaktion Recht
02.08.2018
Sozialhilfeträger muss auf mögliche Rentenansprüche hinweisen, sagt der BGH. Das LG Düsseldorf meint, dass ein Anwalt ohne Krawatte im Gerichtssaal nicht anwesend ist. Weitere interessante Entscheidungen befassen sich mit grober Fahrlässigkeit beim Abstellen eines Fahrzeugs und mit Tattoos bei Polizeibewerbern.

BGH: Sozialhilfeträger muss auch auf etwaige Rentenansprüche hinweisen

Sozialrechtliche Leistungsträger können besondere Beratungs- und Betreuungspflichten gegenüber dem Bürger haben. Kommen sie diesen Plichten nicht oder nur ungenügend nach, begründet dies eine Amtspflichtverletzung. Dies hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) aktuell entschieden. Dem Senat zufolge ist eine umfassende Beratung des Bürgers die Grundlage für das Funktionieren des immer komplizierter werdenden sozialen Leistungssystems. Dabei soll der jeweilige Sachbearbeiter von Amts wegen auch die Vor-und Nachteile prüfen, die sich aus bestimmten sozialrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf das Bürgeranliegen ergeben.

In dem Streitfall beantragte die Mutter des Klägers als dessen Betreuerin im Dezember 2004 beim Landratsamt des Beklagten laufende Leistungen der Grundsicherung. Im Jahr 2011 hatte eine neue Sachbearbeiterin die Mutter des Klägers erstmals darüber informiert, dass der Kläger auch einen Rentenanspruch wegen voller Erwerbsminderung habe. Anschließend bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Kläger eine Erwerbsunfähigkeitsrente zum 01.08.2011. Der Rentenbescheid enthielt den Hinweis, dass der Kläger die Voraussetzungen für seinen Rentenanspruch schon seit dem 10.11.2004 erfüllt habe. Daraufhin verlangte der Kläger Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen der Grundsicherung – die vom 10.11.2004 bis 31.07.2014 gewährt wurde – und der Erwerbsminderungsrente bei rechtzeitiger Antragstellung. Der III. Zivilsenat des BGH hat das klageabweisende Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden aufgehoben und dorthin zurückverweisen. Eine andere Kammer des OLG muss nun klären, inwieweit der Rentenanspruch des Klägers tatsächlich begründet war.

Quelle: PM des BGH vom 02.08.2018 zum Urteil vom selben Tag – AZ: III ZR 466/16

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Sozialrechtliche Beratungspflichten 07.08.2018
BGH: Sozialhilfeträger muss auch auf Rentenansprüche hinweisen
Die steigende Komplexität des Sozialsystems macht umfassende Beratungen erforderlich. Doch wie konkretisieren sich Beratungspflichten des Sozialhilfeträgers, wenn bei Beantragung von Leistungen rentenversicherungsrechtlicher Beratungsbedarf erkennbar wird? Damit hat sich der BGH aktuell auseinandergesetzt. mehr …

LG Düsseldorf: Keine Krawatte – keine Verhandlung 

Weil ein Rechtsanwalt vor einer Zivilkammer des Landgerichts (LG) Düsseldorf – wegen der großen Hitze von 35 Grad – keine weiße Krawatte trug, hat ihn der Vorsitzende zahlreichen Medienberichten zufolge von der Verhandlung ausgeschlossen. Nach Auffassung des Vorsitzenden verletzt ein Anwalt, der zwar eine Robe aber eben keine weiße Krawatte trägt, die Würde des Gerichts und gilt als nicht anwesend. Dies hatte das Bundesverfassungsgericht bereits mit Beschluss vom 13.02.2012 (1 BvR 210/12) entschieden. Dennoch – eine gesetzliche Grundlage gibt es hierfür nicht. Berufstracht ist nach § 20 BORA ausschließlich die Robe. Die Krawattenpflicht soll aber gewohnheitsrechtlich anerkannt sein. Der Anwalt kam dennoch nicht umsonst. Er konnte sich bei der Geschäftsstelle des Deutschen Anwaltsvereins eine weiße Krawatte leihen und schloss das Verfahren mit einem Vergleich ab.

Quelle: Unter anderem rp-online.de

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LG Hildesheim zur groben Fahrlässigkeit beim Abstellen eines Fahrzeugs

Wer beim Abstellen eines Fahrzeugs nicht die Handbremse benutzt und nicht gleichzeitig den ersten Gang einlegt, handelt grob fahrlässig. Dies hat das Landgericht (LG) Hildesheim aktuell entschieden. In dem Streitfall hatte der 78-jährige Beklagte bei der Klägerin einen VW Golf angemietet. Die Parteien vereinbarten eine Haftungsbeschränkung auf 500 Euro im Schadensfall. Diese sollte jedoch bei grober Fahrlässigkeit des Mieters nicht uneingeschränkt angewendet werden. Kurze Zeit nach Übernahme des Fahrzeugs wollte der Beklagte einem drängenden menschlichen Bedürfnis nachgehen. Dabei aktivierte er jedoch weder die Handbremse noch legte er den ersten Gang ein. In dieser unterlassenen doppelten Sicherung sah das LG Hildesheim einen objektiv schwerwiegenden Pflichtverstoß und verurteilte den Beklagten zum Ersatz des an dem Auto entstandenen Schadens in Höhe von 1.800 Euro. Damit hat das LG Hildesheim die Entscheidung des Amtsgerichts Lehrte als Ausgangsinstanz bestätigt.

Quelle: PM des LG Hildesheim vom 30.07.2018 zum Beschluss vom 13.06.2018 – AZ: 1 S 17/18

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VG Berlin: Tätowierte Polizeibewerber dürfen nur bei gesetzlicher Grundlage abgelehnt werden

Sichtbare Tätowierungen dürfen bei Bewerbern für den mittleren Dienst der Schutzpolizei grundsätzlich nicht zur Ablehnung führen, solange es hierfür keine gesetzliche Grundlage gibt. Dies ergibt sich aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin in einem Eilverfahren.  

In dem Streit fall war der 26 Jahre alte Antragsteller am linken Arm und rechten Unterarm tätowiert. Ebenso hatte er Tattoos an der linken Schulter und am rechten Handgelenk in Form von zum Teil großflächigen Abbildungen, verschiedenen Symbolen und eines Sinnspruchs. Inhaltlich zeigten die Tätowierungen Fußballvorlieben oder familiäre Bezüge auf. Der Polizeipräsident in Berlin verweigerte dem Antragsteller die Einstellung und begründete dies mit den Tätowierungen. Zu Unrecht, wie die 5. Kammer des VG befand. Die Kammer verpflichtete die Behörde dazu, den Antragsteller vorläufig weiter am Auswahlverfahren teilnehmen zu lassen.

Nach Auffassung der Berliner Richter greift das Tattoo-Verbot in das Persönlichkeitsrecht des Beamten ein und lässt sich von Natur aus nicht auf die Zeit der Dienstausübung beschränken. Aufgrund der Erheblichkeit des Eingriffs bedürfe ein Verbot einer gesetzlichen Grundlage, an der es derzeit fehle, so das VG. Dem Gericht zufolge obliegt es allein dem Gesetzgeber, Tattoos im öffentlichen Dienst zu untersagen, solange diese keine strafbaren oder jugendgefährdenden Inhalte hätten.

Quelle: PM des VG Berlin vom 26.07.2018 zum Beschluss vom 23.07.2018 – AZ: 5 L 248.18

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Mit der Datenbank Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD) erhalten Sie als Praktiker im öffentlichen Dienst die bestmögliche Unterstützung für rechtssichere Entscheidungen und Gestaltungsmöglichkeiten. Seit Jahrzehnten gilt der von Prof. Dr. Walther Fürst, Präsident des Bundesverwaltungsgerichts a. D., begründete Kommentar als ein Standardwerk zum Dienstrecht der Beamten, Richter und Soldaten. 

(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht