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BVerfG: Treuepflicht von Beamten tangiert dienstliche Belange (Foto: Klaus Eppele und AllebaziB/Fotolia.com)
Rechtsprechungsübersicht 12/2019

Neues aus Karlsruhe, Frankfurt und Osnabrück

ESV-Redaktion Recht
12.04.2019
BVerfG bestätigt Entfernung von Wahklkandidaten der Partei PRO NRW aus Polizeidienst. Im Verfahren gegen Facebook wartet der BGH Entscheidung des EuGH ab. Über den Begriff des „vereinzelten“ Operationsrisikos entschied das OLG Frankfurt. Cannabis-Konsum schließt nicht  automatisch einen Arbeitsunfall aus, so das SG Osnabrück.

BVerfG: Verstoß gegen Verfassungstreue kann Entfernung aus Polizeidienst rechtfertigen

Die Verfassungsbeschwerde eines Funktionsträgers und Wahlkandidaten der Partei „Bürgerbewegung pro Nordrhein-Westfalen“ (PRO NRW) gegen seine Entfernung aus dem Polizeidienst ist gescheitert. Die 1. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG (BVerfG) hat seine Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Begründung: Der Grundsatz der ordnungsgemäßen Begründung der Verfassungsbeschwerde mache eine konkrete inhaltliche Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen und deren tragenden Begründungen auf Ebene des Verfassungsrechts erforderlich. Maßstab hierfür seien die als verletzt gerügten grundrechtlichen Positionen. Eine ausreichende argumentative Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidungen konnten die Karlsruher Richter nicht erkennen.

Grund der Entfernung aus dem Dienst war eine Verletzung der politischen Treuepflicht durch Ausübung hochrangiger Funktionen bei der Partei PRO NR. Nach Auffassung des Dienstherrn und der Vorinstanzen sind deren Ziele nicht mit dem GG vereinbar. Da die Verletzung der politischen Treuepflicht die Grundlage des Beamtenverhältnisses betrifft, sahen die Vorinstanzen auch keine außerdienstliche Pflichtverletzung. Mit Beschluss vom 20.08.2018 hatte das Bundesveraltungsgericht noch die Rüge des Beschwerdeführers, der Polizeipräsident sei in dem vorangegangen Disziplinarverfahren befangen gewesen, zurückgewiesen.

Quelle: PM des BVerfG vom 10.04.2019 zum Beschluss vom 28.03.2019 – AZ: 2 BvR 2432/18
 
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Klagerecht für Verbraucher-Verbände gegen Datenschutzverstöße? BGH setzt Verfahren gegen Facebook aus

In dem Streitfall ging es darum, ob die Weitergabe von Nutzerdaten im App-Zentrum des Social-Media-Pioniers gegen deutsches Datenschutzrecht verstößt. Die Beklagte – die Facebook Ireland Limited mit Sitz in Irland – betreibt über ihre Internetplattform ein „App-Zentrum“. Hierüber macht sie ihren Nutzern kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich. Über einen Botton „Sofort spielen“ sollten Nutzer darin einwilligen, dass die Spieleanwendung unter anderem deren Mail-Adressen, Statusmeldungen und Punktstände posten darf. Nach Auffassung des klagenden Dachverbandes der Verbraucherzentralen der Bundesländer verstößt Facebook mit der Präsentation der Spiele gegen § 13 Absatz 1 Satz 1 TMG und § 4a Absatz 1 Satz 2 BDSG a.F. Somit könnten die Nutzerhinweise auch keine Grundlage für wirksame Einwilligung in die Nutzung der Daten sein. Zudem meint der Kläger, dass die verletzten Normen Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3 Absatz 1, § 4 Nr. 11 UWG a.F. sind. Daher liege ein Wettbewerbsverstoß vor, den der Kläger nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG geltend machen könne.

Der BGH hat das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-40/17 über das Vorab-Ersuchen des OLG Düsseldorf vom 19.01.2017 ausgesetzt (AZ: I-20 U 40/16). Dort geht es unter anderem um die Frage, ob Art. 22 bis 24 der Richtlinie 95/46/EG solchen nationalen Regelung entgegenstehen, die gemeinnützigen Verbänden die Befugnis geben gegen Datenschutzverletzungen vorzugehen. Möglicherweise erlaube die obige Richtlinie nur Datenschutzbehörden und Betroffenen die Verfolgung von Verstößen, nicht aber den Verbänden, so der BGH.

Quelle: PM des BGH vom 11.04.2019 zum Beschluss vom selben Tag – AZ: I ZR 186/17

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OLG Frankfurt zum Begriff des „vereinzelten“ Operationsrisikos

Die Formulierung „vereinzelt“ ist keine Verharmlosung, die zur Unwirksamkeit der Aufklärung führt, wenn die Wahrscheinlichkeit für eine Komplikation nach einer Operation (OP) bei bis 20 Prozent liegt. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. aktuell entschieden. Dem Richterspruch zufolge müssen Behandlungsrisiken auch nicht mit genauen Prozentzahlen umschrieben werden oder mit Formulierungen, die für einen Beipackzettel verwendet werden.

Der Kläger brach sich auf seinem Betriebsgelände den rechten Arm, als er bei Glatteis ausrutschte. Nach der anschießenden Operation litt er an einer sogenannten Falschgelenkbildung. Der Aufklärungsbogen, den der Kläger vor der OP erhalten hatte, enthielt den Hinweis, dass eine solche Folge „vereinzelt“ auftreten könne. Der Kläger war der Auffassung, dass damit das entsprechende Risiko verharmlost worden sei. Der operative Eingriff nach seinem Unfall wäre daher unwirksam. Dem trat der Sachverständige mit dem Argument entgegen, dass das Risiko der Bildung eines Falschgelenks bei etwa 20 Prozent aller Fälle liege. Dem schloss sich das OLG an. Nach Meinung der Frankfurter Richter müssten annähernd genaue Prozentzahlen in Bezug auf ein Behandlungsrisiko nicht mitgeteilt werden. Zudem würden sich die verbalen Risikobeschreibungen in ärztlichen Aufklärungsbögen nicht nach den Häufigkeitsdefinitionen in Medikamentenbeipackzetteln des MedDRA (Medical Dicitionary for Regulatory Activities) richten. Dort werden Begriffe, wie gelegentlich, selten oder sehr selten verwendet. Ebenso wenig  hätten es die Beklagten versäumt, den Kläger über alternative gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären.

Quelle: PM des OLG Frankfurt a. M. vom 08.04.2019 zum Urteil vom 26.03.2019 – Az: 8 U 219/16
 

AHRS Arzthaftpflicht-Rechtsprechung 

Unerschöpfliche Informationsquelle – Herausgeberin: Eva Ohlsberg

Die Sammlung AHRS Arzthaftpflicht-Rechtsprechung bietet seit Jahrzehnten einen umfassenden und zuverlässigen Überblick über die Rechtsprechung auf diesem Gebiet. Nicht ohne Grund erntet die Sammlung deshalb auch hervorragende Kritiken.

Mittlerweile ein Klassiker auf dem Gebiet des Arzthaftpflichtrechts, enthält das Gesamtwerk alle seit 1949 ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen sowie rechtskräftige, schwer zugängliche Entscheidungen der unteren Instanzen. AHRS gibt Antworten auf wichtige Fragen:
  • Welche Pflichten hat ein Arzt?
  • Welche Rechtsfolgen hat eine Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht?
  • Wer haftet für Fehler von Hilfskräften?
  • Wer trägt im Prozess wofür die Darlegungs- und Beweislast?

SG Osnabrück: Gelegentliche „Joints“ schließen Arbeitsunfall nicht automatisch aus

Ein Wegeunfall wird nicht automatisch als Arbeitsunfall ausgeschlossen, weil der Versicherte Cannabis konsumiert hat. Dies hat das Sozialgericht (SG) Osnabrück aktuell entschieden. Der Kläger war am 04.05.2017 mit seinem E-Fahrrad auf direktem Weg von seinem Wohnort zum Beschäftigungsort unterwegs. Als er eine Straße überqueren wollte, übersah er einen PKW, der von rechts kam. Der PKW-Fahrer konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und erfasste den Kläger, der mit dem Körper auf die Windschutzscheibe des Pkw aufprallte. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erklärte er, dass er am Vorabend zwischen 20:00 und 22:00 Uhr eine Cannabis-Zigarette geraucht habe. Er rauche regelmäßig Cannabis. Da die Wirkung bei ihm aber nur wenige Stunden anhalte, stehe er am nächsten Morgen nicht mehr unter Einfluss der Droge. Den PKW habe er schlicht übersehen. Die beklagte Berufsgenossenschaft (BG) erkannte den Vorfall nicht als Arbeitsunfall an. Schon aufgrund des nachgewiesenen THC-Werts von 10 ng/ml sei von einem drogenbedingten Fehlverhalten auszugehen, so die BG.

Diese Auffassung teilte das SG Osnabrück nicht. Ein verbotswidriges Handeln schließe den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht grundsätzlich aus, so das Gericht. Auch das sogenannte Rechtsinstitut der selbstgeschaffenen Gefahr sei nicht anwendbar. Für Cannabis gebe es nämlich keine gesicherte Dosis-Wirkung-Beziehung und damit auch keinen Wert für eine absolute Fahruntüchtigkeit. Allein die Blutuntersuchung weise keine konkrete Beeinträchtigung der Wegefähigkeit nach. Bei dem ermittelten THC-Wert müssten zusätzliche Anzeichen für einen rauschmittelbedingten Unfall vorliegen. Hierfür trägt die Beklagte nach Auffassung der Osnabrücker Richter die Beweislast. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: PM vom 29.03.2019 zum Urteil vom 07.02.2019 – AZ: S 19 U 40/18

WzS Wege zur Sozialversicherung

Redaktion: Dr. Ursula Schweitzer, Dr. Linda Nehring-Köhler, Bernd Preiß

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht