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BGH:  § 87a Absatz 1 Satz 2 SGB XI gilt auch für zivilrechtliche Vergütungspflicht des Heimbewohners (Foto: Blackosaka und AllebaziB/Fotolia.com)
Rechtsprechungsübersicht 39/2018

Neues aus Karlsruhe, Hamm, Frankfurt a.M. und Berlin

ESV-Redaktion Recht
12.10.2018
BGH entscheidet über zivilrechtlichen Entgeltanspruch eines Pflegeheimbetreibers bei vorzeitigem Heimwechsel. Um die Pflichtteilsberechnung bei Hofübertragung zu Lebzeiten ging es vor dem OLG Hamm. AG Frankfurt a.M. befasst sich mit Stadionverbot und VG Berlin sorgt für Dieselfahrvebote in der Landeshauptstadt.

BGH zum Entgeltanspruch von Pflegeheimbetreibern bei vorzeitigem Heimwechsel

In dem Streitfall verlangt der – an Multiple Sklerose (MS) erkrankte  – Kläger vom beklagten Pflegeheim die Rückzahlung von Heimkosten. Von Dezember 2013 bis zum 14.02.2015 war er in dem Pflegeheim des Beklagten untergebracht und bezog Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung. Laut Wohn- und Betreuungsvertrag konnte er den Vertrag mit dem Beklagten spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des Monats schriftlich kündigen. Ende Januar 2015 fand der Kläger einen Pflegeplatz in einem anderen Heim, das auf die Pflege von MS-Patienten spezialisiert war. Daraufhin kündigte er den Vertrag mit dem Beklagten am 28.02.2015 mit Wirkung zum selben Tag. Bereits am 14.02.2015 zog er aber aus dem Heim des Beklagten aus. Dieser verlangte vom Kläger nun die anteiligen Heimkosten für den gesamten Monat Februar 2015 in Höhe von 1.493,03 Euro. Diesen Betrag bezahlte der Kläger zunächst auch vollständig. Für die zweite Februarhälfte 2015 erhielt er jedoch wegen seines Auszugs insoweit keine Sozialleistungen mehr. Daher verlangte er vom Beklagten die Rückerstattung der bezahlten 1.493,03 Euro.

Zu Recht, wie der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) befand. Dem Senat zufolge endete die Zahlungspflicht des Klägers mit dem Tag seines Auszugs – also am 14.02.2014. Als Rechtsgrundlage hierfür sah der Senat § 812 Absatz 1 Satz 1 Alt. 1 BGB in Verbindung mit § 87a Absatz 1 Satz 2 SGB XI und § 15 Abs. 1 WBVGan. Diese Normen würden das Prinzip der tagesgleichen Vergütung festlegen und bestimmen, dass die Zahlungsansprüche der Einrichtung auf Tagesbasis berechnet werden. Insoweit würde § 87a Abs. 1 Satz 2 SGB XI anordnen, dass die auch Zahlungspflicht der Heimbewohner mit dem Tag endet, an dem der Bewohner entlassen wird. Dem eindeutigen Wortlaut von § 87a Absatz 1 Satz 2 SGB XI entnimmt der Senat, dass diese Norm nicht nur die Zahlungspflicht des Kostenträgers, sondern auch die zivilrechtliche Vergütungspflicht des Heimbewohners umfasst.

Quelle: PM des BGH vom 04.10.2018 zum Urteil vom selben Tag – AZ: III ZR 292/17

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OLG Hamm: Übertragung eines Hofes zu Lebzeiten bleibt bei Pflichtteilsberechnung unberücksichtigt

Für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs einer Ehefrau ist der Nachlass im Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend. Hat der Erblasser noch zu Lebzeiten seinen Hof auf seinen Sohn übertragen, erhöht der Wert des Hofes nicht den Pflichtteil. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm. Damit hat der Senat die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Bad Oeynhausen als Landwirtschaftsgericht bestätigt.

Der Erblasser – Landwirt und Eigentümer eines Hofes in Bad Oeynhausen mit einem Wirtschaftswert von etwa 49.000 Euro – verstarb im Februar 2015 im Alter von 78 Jahren. Im Juli 2002 übertrug er den Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Sohn, den Antragsgegner. Dies hatte die Antragstellerin im Oktober 2003 genehmigt. Zuvor hatte der Erblasser die Antragstellerin – von der er seit 1999 getrennt lebte – enterbt. Nach dem Tod des Erblassers nahm die Antragstellerin den Antragsgegner auf Zahlung eines Mindest-Pflichtteils von etwa 6.100 Euro in Anspruch. Hierbei legte sie den Wirtschaftswert des Hofes zu Grunde. Nach Auffassung des OLG Hamm steht der Antragstellerin wegen der Hofübereignung zu Lebzeiten kein Pflichtteilsanspruch zu, weil der Hof nicht mehr zum Nachlass gehörte. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch scheiterte daran, dass seit der Übertragung des Hofes mehr als 10 Jahre vergangen waren. Auch einen Anspruch auf Abfindung als Miterbin nach § 12 Absatz  1 HöfeO scheidet dem OLG zufolge aus, weil die Antragstellerin weder zur Zeit der Hofübereignung noch zum Zeitpunkt des Erbfalles Miterbin war.

Quelle: PM des OLG Hamm 05.10.2018 zum Beschluss vom 20.07.0218 – AZ: 9a Lw 42/16

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AG Frankfurt konkretisiert Voraussetzungen für Stadionverbot

Ein Stadionverbot kann unwirksam sein, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, die künftige Störungen erwarten lassen. Dies hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt a.M. kürzlich entschieden. Kläger in dem Streitfall war ein Fan von Hannover 96. Dieser wurde am 04.11.2016 gemeinsam mit anderen Fans von der Polizei festgehalten und über Nacht in Gewahrsam genommen. Am Sonntag, den 06.11.2016, fand die Partie Eintracht Braunschweig gegen Hannover 96 – das sogenannte Niedersachsenderby – statt.  Im Vorfeld dieses Spiels wurde dem Kläger bis Sonntagabend für den Bereich der Stadt Braunschweig ein Platzverweis erteilt. Der Kläger trat vorher nicht polizeilich in Erscheinung. Auch wurden bei ihm keine gefährlichen Gegenstände gefunden. Bei anderen Fahrzeugen, die ebenfalls am 04.11.2016 kontrolliert wurden, fand die Polizei allerdings Vermummungsmaterial und Schlaggegenstände. Daher empfahl die Zentrale Informationsstelle der Polizei dem Beklagten im Dezember 2016 gegen den Kläger und insgesamt weitere 177 Personen, die am 04.11.2016 kontrolliert wurden, ein Stadionverbot auszusprechen. Nach Anhörung des Klägers erteilte der Beklagte dem Kläger ein bundesweites Stadionverbot, befristet bis zum 26.03.2019.

Zu Unrecht, wie das AG Frankfurt meint. Zwar kann der Beklagte grundsätzlich frei über den Zutritt Dritter zu Stadien entscheiden. Für den Ausschluss von einzelnen Personen muss aber ein sachlicher Grund vorliegen. Hierzu muss der Beklagte eine eigene Tatsachengrundlage ermitteln und darf sich nicht nur auf subjektive Einschätzungen der Polizei verlassen. Auch der Platzverweis gegen den Kläger reicht dem AG zufolge nicht aus. Neben diesem und der Ingewahrsamnahme lägen keine hinreichenden Tatsachen  vor, die künftige Störungen durch den Kläger erwarten lassen. Ebenso könnten die gefundenen Gegenstände nicht ohne weiteres den 177 Personen zugerechnet werden, die in die obigen Aktionen involviert waren. Da der Kläger bisher weder polizeibekannt war noch durch Störungen in Stadien auffiel, habe der Beklagte lediglich ein Pauschalurteil gefällt, so das AG abschließend.

Quelle: PM des AG Frankfurt a.M. vom 28.09.2018 zum Urteil vom 09.08.2018 – AZ: 30 C 3466/17 (71)

Das Eckige für das Runde
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VG Berlin sorgt für streckenbezogene Diesel-Fahrverbote in Berlin

Nach einem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) muss Berlin über Fahrverbote für Dieselfahrverbote einführen. Kernpunkt des Streitfalls war die Frage, ob das Land seinen Luftreinhalteplan so fortzuschreiben muss, dass dieser so schnell wie möglich den Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) i.H.v. 40 µg/m3 im Stadtgebiet Berlin enthält. Kläger war die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Der Klageantrag hatte das Ziel, Diesel-Fahrverbote für die gesamte Umweltzone bzw. für sämtliche Strecken zu verhängen, für die geringfügige Überschreitungen des Grenzwertes prognostiziert wurden.

Daraufhin erließ das VG Fahrverbote für elf Stellen. Nach Auffassung der Berliner Richter ist der aktuelle Luftreinhalteplan des Landes unzureichend. Die Maßnahmen und das bisherige Konzept des beklagten Landes zu seiner Fortschreibung sind nicht ausreichend, um  den durchschnittlichen Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxide von 40 µg/m3 einzuhalten. Dem Richterspruch zufolge sind Fahrverbote für die Strecken, auf denen nach eigenen Berechnungen der Grenzwert überschritten wird, zwingend. Bei den Berechnungen müssen auch Fahrverbote für Diesel-Pkw bis zur Schadstoffklasse Euro 5 berücksichtigt werden. Die anzuordnenden Fahrverbote gelten auch für Diesel-Lkw bis Schadstoffklasse Euro 5. Zudem muss das Land für insgesamt 15 km Straßenstrecke prüfen, ob hier Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge erforderlich sind.

Ursprünglich wollte der Kläger die Anordnung eines Fahrverbots für die gesamte Umweltzone bzw. für sämtliche Strecken, für die geringfügige Überschreitungen des Grenzwertes prognostiziert werden, erreichen. Nach einem Hinweis des Gerichts hat der Verband die Klage insoweit aber zurückgenommen. Das VG hat die Berufung zugelassen.

Quelle: PM des VG Berlin vom 09.10.2018 zum Urteil vom selben Tag – AZ: VG 10 K 207.16 

Immissionsschutz – datailliert und gut verständlich
Die Vorschriften und Auflagen des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) sind umfangreich und kompliziert. Der seit vielen Jahren bei Fachleuten bekannte Kommentar zum Bundes-Immissionsschutzgesetz und Textsammlung, begründet von Dr. Hans Schmatz und Matthias Nöthlichs, erläutert detailliert und gut verständlich die gesamte Thematik des Immissionsschutzrechts und fachübergreifend auch die relevanten angrenzenden Gebiete. 

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht