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BVerwG: Schutz der Verkehrssicherheit hat Vorrang (Foto: Maunel Schönfeld und AllebaziB/Fotolia.com)
Rechtsprechungsübersicht

Neues aus Leipzig, Erfurt, Celle und Berlin

ESV-Redaktion Recht
01.02.2017
Bundesverwaltungsgericht äußert sich zum Tattag bei Entziehung der Fahrerlaubnis. Um Schadensersatz wegen unterbliebener Erhöhung der Wochenarbeitszeit ging es vor dem Bundesarbeitsgericht. LSG Niedersachsen lehnt Kostenübernahme für nicht genutzte Wohnung ab. Keine Lohnungleichheit beim ZDF, so das Arbeitsgericht Berlin.

Bundesverwaltungsgericht zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichen von acht Punkten

Eine Fahrerlaubnis ist beim Erreichen oder Überschreiten der Acht-Punkte-Grenze zu entziehen. Kommt der Betroffene auf sieben Punkte, muss die Fahrlaubnisbehörde den Betroffenen grundsätzlich schriftlich verwarnen. Dies ergibt sich aus dem gestuften Maßnahmenkatalog von § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 bis 3 StVG: Ermahnung - Verwarnung - Fahrerlaubnisentziehung. Es kann aber vorkommen, dass die Behörde zum Zeitpunkt der Verwarnung noch keine Kenntnis davon hat, dass inzwischen neue Punkte hinzugekommen sind und nur eine Verwarnung ausspricht, anstatt die Fahrerlaubnis zu entziehen. In dem betreffenden Fall hatte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger zunächst wegen des Erreichens von sieben Punkten im Fahreignungsregister verwarnt. Dabei war der Behörde eine Geschwindigkeitsübertretung, die der Kläger schon vorher begangen hatte, nicht bekannt. Diese wurde allerdings schon rechtskräftig geahndet und war auch schon im Fahrerlaubnisregister eingetragen. Nachdem die Behörde hiervon erfuhr, entzog sie dem Kläger die Fahrerlaubnis.

Das Verwaltungsgericht (VG) Regensburg hatte der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben. Die Ausgangsinstanz meinte, dass die Stufen des obigen Maßnahmenkatalogs nicht ordnungsgemäß durchlaufen worden seien. Damit würde sich der Punktestand des Klägers auf sieben Punkte verringern. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des VG Regenburg aufgehoben und die Klage abgewiesen. 

Zu Recht, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 26.01.2017 entschieden hat. Nach Meinung der Richter aus Leipzig hat der Schutz der Verkehrssicherheit vor Mehrfachtätern Vorrang vor der Warn- und Erziehungsfunktion des gestuften Maßnahmensystems. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit einer Verwarnung und einer nachfolgenden Entziehung der Fahrerlaubnis nicht der Tattag, sondern der Kenntnistand, den die Fahrerlaubnisbehörde beim Ergreifen ihrer jeweiligen Maßnahme hat.

Quelle: Pressemeldung des BVerwG zum Urteil vom 26. Januar 2017 – AZ: 3 C 21.15
 
Weiterführende Literatur
Die Datenbank VRSdigital.de, Die Rechtsprechungsdatenbank zum Verkehrsrecht, herausgegeben von Rechtsanwalt Volker Weigelt, Berlin, ist die Entscheidungssammlung mit Entscheidungen aus allen Gebieten des Verkehrsrechts. Sie finden hier die relevante Rechtsprechung seit 1980. Alle Entscheidungen im Volltext ermöglichen schnelle und aktuelle Recherchen in den Standardbereichen des Verkehrsrechts den themenverwandten Rechtsgebieten. Hierzu gehören unter anderem das Recht der Verkehrshaftpflicht, das KFZ-Vertragsrecht, das Verkehrsstrafrecht, das Recht der Ordnungswidrigkeiten oder das Verkehrsverwaltungsrecht.

Bundesarbeitsgericht zum Schadensersatz wegen unterbliebener Erhöhung der Wochenarbeitszeit von Schwerbehinderten

Bei der Vermutung einer Benachteiligung in Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) müssen konkrete Anzeichen vorliegen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass ein Grund, der in § 1 AGG genannt wird, auch ursächlich für die Benachteiligung war. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 26.01.2017 entschieden.

Der Kläger ist seit Dezember 2011 mit einem GdB von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Die Beklagte, bei der der Kläger mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 27,5 Stunden als Kurier beschäftigt ist, betreibt einen Express-Versand mit einem Transport-Service. Im Juni 2013 verteilte die Beklagte ein Stundenvolumen von insgesamt 66,5 Stunden an 14 teilzeitbeschäftigte Kuriere und schloss mit diesen entsprechende Änderungsverträge ab. Hierbei wurde unter anderem der Kläger, der vorher mehrfach um eine Erhöhung seiner Wochenstundenzahl gebeten hatte, nicht berücksichtigt. Seine Klage auf Erhöhung seiner wöchentlichen Arbeitszeit hatte in der ersten Instanz keinen Erfolg. Die Berufungsinstanz hat dem Kläger dann Schadensersatz in Höhe des ihm entgangenen Verdienstes zugesprochen. Zu Unrecht, wie der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts befand. Nach Meinung der Richter aus Erfurt hat das  Landesarbeitsgericht (LAG) verkannt, dass die reine Möglichkeit einer Benachteiligung im Sinne von § 1 AGG nicht ausreicht, um die Benachteiligung zu vermuten. Vielmehr müssten konkrete Anzeichen dafür vorliegen, dass ein Grund im Sinne von § 1 AGG vorliegt, und dass dieser kausal für die Benachteiligung ist. Hierzu hatte die Berufungsinstanz keine Feststellungen getroffen. Das BAG hat die Sache daher an das LAG zurückverwiesen.

Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 5/17 zum Urteil vom 26. 01.2017 - 8 AZR 736/15

Weiterführende Literatur
Das Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, von Dr. Alexander Ostrowicz, Dr. Reinhard Künzl und Christian Scholz, bietet eine systematische Darstellung des gesamten Verfahrensrechts. Neben der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berücksichtigt es auch neuere bedeutsame Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte. Formulierungshilfen erleichtern Ihnen die Stellung von sachgerechten Anträgen in allen Verfahren der Arbeitsgerichtsbarkeit.

LSG Niedersachsen-Bremen: Keine Kostenübernahme für nicht genutzte Wohnung

Grundsicherungsempfänger können keine Übernahme der Kosten ihrer Wohnung beanspruchen, wenn sie diese nicht tatsächlich nutzen. Dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Beschluss vom 09.01.2017 entschieden.

Der Antragsteller bezog unter anderem Grundsicherungsleistungen für die Unterkunftskosten einer Wohnung. Seit dem 01.03.2016 nimmt er an einer vom Antragsgegner geförderten Maßnahme teil, die in einem etwa 70 km entfernten Ort stattfindet. Zudem unterhielt er dort eine Beziehung zur Inhaberin eines Frisiersalons und übte eine selbstständige Tätigkeit in der Fahrzeugaufbereitung aus. Bei einem Hausbesuch stellte das Jobcenter fest, dass sich der Antragsteller nicht mehr am bisherigen Wohnort aufhält und stellte die Leistungen für die Übernahme der Wohnkosten ein. Hiergegen wendete sich der Antragsteller mit einem Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Leistungseinstellung.

Das LSG hat den Antrag abgewiesen. Danach ist der Vortrag des Antragstellers zu pauschal und nicht glaubhaft. Die Richter aus Celle stellten vielmehr auf die Ergebnisse eines Hausbesuchs durch das Jobcenter ab. Hierbei war die Wohnung stark ausgekühlt. Sogar Ende November hätten die Innentemperaturen unterhalb der Außentemperatur gelegen. Ebenso wenig hätten sich dort frische Lebensmittel oder getragene bzw. verschmutzte Kleidungsstücke befunden. Nach der Heizkostenabrechnung lag ein Verbrauch von unter 0,73 Euro/Monat vor, der damit weit unterhalb des Erwarteten gelegen habe.

Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 09.01.2017 - L 11 AS 1138/16 B ER

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Weiterführende Literatur
Der Kommentar Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch (SGB) II: Grundsicherung für Arbeitsuchende, wendet sich an Praktiker in der Sozialverwaltung und den Kommunen, an die Anwaltschaft, an die Gerichte sowie an die Sozialpartner. Er enthält alle notwendigen Informationen rund um die aktuellen Regelungen und zeigt auch die Zusammenhänge des SGB II zum übrigen Sozialrecht auf.

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ArbG Berlin: ZDF-Reporterin nicht durch Lohnungleichheit diskriminiert

Mit seiner Entscheidung vom 01.02.2017 hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage einer ZDF-Reporterin wegen angeblicher Lohnungleichheit abgewiesen. 

Nach Auffassung der Richter aus Berlin hat die Reporterin keine Tatsachen vorgetragen, die auf eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Vergütung von Männern und Frauen schließen lassen würden. Die Klägerin meinte, sie erhalte allein wegen ihres Geschlechts eine geringere Vergütung als ihre männlichen Kollegen. Das ZDF wäre deshalb dazu verpflichtet, Auskunft über die Vergütung ihrer Kollegen zu geben und eine Entschädigung wegen einer nicht gerechtfertigten Lohnungleichheit zu zahlen. Dem Arbeitsgericht zufolge war die Arbeit der Kollegen, die die Reporterin benannten hat, aber nicht mit der Arbeit der Klägerin vergleichbar. Die Kollegen seien anders beschäftigt worden. Weitere Anhaltspunkte für die behauptete Ungleichbehandlung konnte das Gericht nicht feststellen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des LG Berlin vom 01.02.2017 – AZ: 56 Ca 5356/15 - Mehr dazu finden Sie hier.

Weiterführende Literatur
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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht