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Bundesverwaltungsgericht hält Niedersächsische Beamte für unterbezahlt (Foto: Manuel Schönfeld und AllebaziB/Fotolia.com)
Rechtsprechungsübersicht 42/2018

Neues aus Leipzig, Karlsruhe und Frankfurt

ESV-Redaktion Recht
02.11.2018
BVerwG hält Beamtenbesoldung in Niedersachsen für zu niedrig. Ehefrau einer Kindesmutter kann nicht aufgrund gleichgeschlechtlicher Ehe zur rechtlichen Mutter des Kindes werden, sagt der BGH. OLG Frankfurt wendet neue Berechnungsmethode für Schmerzensgeld an und äußert sich zur Verpackung von Raffaello-Pralinen.

BVerwG: Niedersächsische Beamtenbesoldung verfassungswidrig

Nach Auffassung des BVerwG ist die Besoldung der Beamten des Landes Niedersachsen in den Besoldungsgruppen A 8 und A 11 in den Jahren 2005 bis 2012 und 2014 verfassungswidrig zu niedrig bemessen. Dies gilt ebenso für die Besoldung der Beamten in den Besoldungsgruppen A 9 und A 12 in den Jahren 2014 bis 2016. Geklagt hatten Beamte im niedersächsischen Landesdienst. Von den Klägern sind zwei noch aktiv, ein dritter ist seit 1998 im Ruhestand.

Das Oberverwaltungsgericht  (OVG) Lüneburg meinte, dass die vom BVerfG entwickelten Parameter für die Vermutung der Verfassungswidrigkeit der Besoldung im Wesentlichen nicht erfüllt seien. Nur für das Jahr 2013 hatte das OVG eine verfassungswidrige Unteralimentation angenommen und die betreffenden Verfahren dem BVerwG zur Entscheidung vorgelegt. Das BVerwG hat aber auch für die noch aktiven Kläger und die weiteren Jahre eine verfassungswidrige Unteralimentation angenommen und dem BVerwG auch diese beiden Verfahren zur Entscheidung vorgelegt.

Die Richter aus Leipzig meinen, dass das bei einem Vergleich der Entwicklung der Besoldung mit bestimmten volkswirtschaftlich nachvollziehbaren Parametern ausreichende Indizien vorliegen, die eine umfassende Betrachtung und Gesamtabwägung der Verfassungsmäßigkeit des Alimentationsniveaus erforderlich machen. So müsse nach den Kritrien des BVerwG die unterste Besoldungsgruppe 15 Prozent höher sein als das Niveau der sozialrechtlichen Grundsicherung. Schon dieser Fehler im Besoldungsniveau der Besoldungsgruppe A 2 führe zwangsläufig zur Verfassungswidrigkeit des Besoldungsniveaus auch der höheren Besoldungsgruppen, so die Leipziger Richter.

Quelle: PM des BVerwG vom 30.10.2018 zur Entscheidung vom selben Tag – AZ: 2 C 32.17; 2 C 34.17

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BGH: Ehefrau der Kindesmutter wird nicht zur rechtlichen Mutter aufgrund einer gleichgeschlechtlichen Ehe

Dies hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) aktuell entschieden. Danach ist die Ehefrau einer Mutter, die ein Kind zur Welt bringt, nicht automatisch als weiterer Elternteil des Kindes in das Geburtenregister einzutragen. Eine Anwendung von § 1592 Nr. 1 BGB, der bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren gilt, lehnte der BGH ab. Zwar habe der Gesetzgeber 2017 – mit dem Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20.07.2017 – die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt. Das Abstammungsrecht, sei damit aber nicht geändert worden, so der Richterspruch aus Karlsruhe. Danach regelt § 1592 Nr. 1 BGB nach seinem klaren Wortlaut allein die Vaterschaft und weist diese aufgrund einer widerlegbaren Vermutung einem bestimmten Mann zu. Die Abstammungsregeln der §§ 1591 ff. BGB hätten somit nach wie vor die Eltern-Kind-Zuordnung zu einer Mutter und einem Vater zum Gegenstand.

Weil die Voraussetzungen für eine Analogie nicht vorliegen, ist auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift nicht möglich. Dem BGH zufolge fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke zur Frage der Mit-Elternschaft bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren. So wäre die widerlegbare Vermutung der Vaterschaft für die Ehefrau, die mit der Kindesmutter verheiratet ist, nicht begründet, weil diese schon rein biologisch nicht leiblicher Elternteil des Kindes sein könne. Dieser Unterschied rechtfertige nach wie vor die bestehende unterschiedliche Behandlung gleich- und verschiedengeschlechtlicher Ehepaare und deren Kinder, so der BGH abschließend.

Quelle: PM des BGH vom 30.10.2018 zur Entscheidung vom 10.10.2018 – AZ: XII ZB 231/18

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OLG Frankfurt am Main: Neue Berechnungsmethode für Schmerzensgeld

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. hat in einem aktuellen Fall den Schmerzensgeldanspruch sowie den Haushaltsführungsschaden eines Motorradfahrers gegen einen PKW-Fahrer nach einer neuen Methode berechnet. Diese hatten die Obergerichte gemeinsam entwickelt. Bei dem Unfall erlitt der Motorradfahrer einen komplizierten Speichenbruch, eine HWS-Distorsion sowie eine Bauchwandprellung. Zudem war er wegen einer dauerhaften Sensibilitätsstörung an der Hand über vier Monate krankgeschrieben und in seinem Haushalt erheblich eingeschränkt. Die Parteien stritten im Wesentlichen um die Höhe des Schmerzensgeldes und den sogenannten Haushaltsführungsschaden.

Kern der neuen Berechnungsmethode gegenüber den bisherigen Tabellensätzen ist eine taggenaue Berechnung, die auch die unterschiedlichen Behandlungsarten – wie zum Beispiel Krankenhaus oder Reha – und Schadensfolgen bewertet. Durch die größere Bedeutung des Zeitmoments könne diese Methode auf Dauer dazu führen, dass langfristige Beeinträchtigungen zu deutlichen deutlich höheren Schmerzensgeldern führen als bisher, so der Frankfurter Richterspruch. Demgegenüber könnten die Schmerzensgelder bei geringen Beeinträchtigungen deutlich sinken. Im Ergebnis führt dies zu einem prozentualen Tagessatz für Schmerzensgeld. Auch den Haushaltsführungsschaden berechneten die Frankfurter Richter nach einem neuen Ansatz. Insoweit griffen sie auf neue Tabellen zurück, die auf aktuellen Erhebungen und Auswertungen des statistischen Bundesamts beruhen. Diese unterscheiden zwischen verschiedenen Haushaltszuschnitten und berücksichtigen hierbei das verfügbare Nettoeinkommen des Geschädigten. Im Ergebnis verurteilte das OLG den Unfallverursacher zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 11.000 Euro. Für den Haushaltsführungsschaden setzte das OLG 1.500 Euro an.

Quelle: PM des OLG Frankfurt a.M. vom 31.10.2018 zum Urteil vom 18.10.2018 – AZ: 22 U 97/16

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Mehr zum Thema 01.11.2018
OLG Frankfurt a.M. berechnet Schmerzensgeld taggenau
Bisher waren bei der Bestimmung von Schmerzensgeld und dem sogenannten Haushaltsführungsschaden meist einschlägige Tabellen maßgebend. Dies wird sich nun wohl ändern. So hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. in einer aktuellen Entscheidung ein zeitbasiertes Schmerzensgeld mit  prozentualen Tagessätzen berechnet. mehr …

OLG Frankfurt an Main: Anzahl von Pralinen in Verpackung darf nicht verheimlicht werden

Hersteller von Süßwaren müssen beim Vertrieb von Pralinen, die sie in einer sogenannten Umverpackung verkaufen angeben, wie viele Pralinen in dieser Verpackung enthalten sind. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. Main (OLG) kürzlich entschieden. Die Beklagte ist eine international aktive Süßwarenherstellerin aus Italien und hat eine Niederlassung in Deutschland. Unter anderem  vertreibt sie Pralinenkugeln mit der Bezeichnung „Raffaello“. Ihre  Pralinenkugeln befinden sich in einer Plastik-Umverpackung –  einzeln ummantelt von einer verschweißten Plastikfolie. Zwar sind diese Einzelpackungen durch ein Sichtfenster von außen erkennbar, allerdings fehlt die Angabe der genauen Stückzahl.

Gegen diese Art des Vertriebs hatte ein Verbraucherschutzverein geklagt. Der Verein verlangte von der Beklagten, dass sie die Stückzahl der enthaltenen Einzelpackungen auf der Umverpackung angibt. Zu Recht, wie das OLG Frankfurt meint. Danach ist die Umhüllung eine „Einzelpackung" im Sinne von Art. 23 in  Verbindung mit Anhang IX Nr. 4 LMIV. Damit, so die Frankfurter Richter weiter, wäre nach den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben auf der Umverpackung auch die Stückzahl der enthaltenen Einzelpackungen anzugeben. Diese Information sei dem Unionsgesetzgeber zufolge auch wesentlich und geeignet, die Kaufentscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen.

Quelle: PM des OLG Frankfurt vom 26.10.2018 zum Urteil vom 25.10.2018 – AZ: 6 U 175/17

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht