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VerfGH Berlin: Das Gebot, „physisch soziale Kontakte“ auf ein „absolut nötiges Minimum“ zu reduzieren, ist zu unbestimmt (Foto: Kzenon / Fotolia.com)
Gerichtsentscheidungen in aller Kürze

Neues zu Mindestabstand, Quarantäne, Hochzeitsfeiern und Gesundheitsbescheinigungen – aktuelle Gerichtsentscheidungen um Corona

ESV-Redaktion Recht
28.05.2020
VerfGH Berlin kippt Bußgeldregelung bei Verstößen gegen Mindestabstand. Einreisende aus den USA müssen weiterin in Quarantäne, so das OLG Schleswig. In Berlin sind Hochzeitsfeiern weiterhin nur in kleinem Kreis möglich und das VG Leipzig hält Gesundheitsbescheinigungen von Eltern für Grundschüler für rechtswidrig.

VerfGH Berlin: Kein Bußgeld bei Verstößen gegen Mindestabstand

Dies hat der VerfGH Berlin aktuell entschieden. Der VerfGH hat die aktuelle Bußgeldvorschrift von § 24 SARS-CoV-2-EindmaßnV außer Kraft gesetzt soweit diese Bußgelder vorsieht für Verstöße gegen das Mindestabstandsgebot, „soweit die Umstände dies zulassen“. Betroffen ist ferner das Gebot, „physisch soziale Kontakte“ auf ein „absolut nötiges Minimum“ zu reduzieren. 

Den Berliner Verfassungsrichtern zufolge sind diese Merkmale zu unbestimmt. Aufgrund der benannten Regelungen könne der Bürger nicht ausreichend erkennen, welche konkreten Handlungen oder Unterlassungen mit Bußgeldern geahndet werden können. Diese fehlende Erkenntnismöglichkeit, so der VerfGH weiter,  könne gerade rechtstreue Bürger dazu veranlassen, sich in ihren Grundrechten noch weiter einzuschränken, als es erforderlich wäre, um keine Ordnungswidrigkeit zu begehen.   

Die benannten Vorschriften hat der BVerfGH bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt – längstens aber für sechs Monate. Einige weitere Eilanträge, die unter anderem die Verletzung der Berufsfreiheit und die Quarantänepflicht bei einer etwaigen späteren Einreise aus dem Ausland rügten, hatten allerdings keinen Erfolg.

Quellen:


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OVG Schleswig: Pflicht zur häuslichen Quarantäne nach Einreise aus USA bestätigt

Nach einem aktuellen Beschluss des OVG Schleswig sind die gegenwärtigen Regelungen der „Landesverordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus des Landes Schleswig-Holstein“ rechtmäßig.

In dem Streitfall wollte der Antragsteller aus dem US-amerikanischen Bundesstaat Texas nach Schleswig-Holstein einreisen – und zwar ohne eine 14-tägige Quarantäne. Nach der benannten Regelung dürfen aber nur Ein- und Rückreisende aus den Mitgliedstaaten der EU, dem Schengenraum und dem Vereinigten Königreich ohne Quarantäne einreisen.

Nach Auffassung der Schleswiger Richter erlaubt das Infektionsschutzgesetz eine solche Regelung. Danach dürfen Einreisende aus anderen Staaten wegen der erheblichen Infektionsgefahr als „Ansteckungsverdächtige“ eingeordnet werden. Ausreichend hierfür ist dem OVG zufolge, dass es für Einreisende aus anderen Staaten keine ausreichenden Informationen zur Infektionslage gebe. Diese Annahme stützte das Gericht auf den ständigen Informationsaustausch über das „European Center for Disease Prevention and Control (ECDC)“. Dieser Austausch ermögliche eine flexible Handhabung, so das OVG weiter. Bei Ländern, die nicht an das ECDC angeschlossen sind, gebe es einen solchen Austausch nicht. Wegen dieser Unterscheidung nach Herkunftsländern ist dem Gericht zufolge auch der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle: PM des OVG Schleswig vom 26.5.2020 zum Beschluss vom 25.5.2020 – 3 MR 32/20

VG Berlin: Hochzeitsfeier nur in kleinem Kreis

Dies ergibt sich aus einem aktuellen Beschluss des VG Berlin. Die Antragstellerin wollte ihre Hochzeit am 30.5.2020 mit 80 Gästen feiern. Laut der aktuellen Corona-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin sind rein private Zusammenkünfte oder solche im familiären Bereich nur gestattet, wenn diese aus zwingenden Gründen erforderlich sind. Dabei ist die Teilnehmerzahl auf maximal 20 Personen begrenzt ist, was ausdrücklich auch für Hochzeiten gilt. Dieses Verbot verletzt nach Meinung der Berliner Verwaltungsrichter nicht die allgemeine Handlungsfreiheit. Die tragenden Erwägungen des VG: 

  • Berliner Regelung verhältnismäßig: Die angegriffene Regelung liegt im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit liegt und ist verhältnismäßig.
  • Neuinfektionen vorbeugen: Zweck der Regelung ist es, Neuinfektionen mit dem Coronavirus vorzubeugen und die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Covid-19 zu verringern. Die Begrenzung auf maximal 20 Teilnehmer sah das VG dabei nicht als erkennbar ungeeignet an. Vielmehr stelle sich diese Maßnahme als grundsätzlich sinnvoller Bestandteil eines Maßnahmenbündels dar. Die Bereitschaft der Antragstellerin, eine Teilnehmerliste mit Kontaktdaten zu erstellen und auf Abstands- und Hygieneregeln zu achten, ist dem Gericht zufolge kein gleich geeignetes, weniger eingreifendes Mittel, denn diese Vorkehrungen müssten ohnehin getroffen werden.
  • Kleinere Feier zumutbar: Gerade im Hinblick auf die von Covid-19 ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit, ist dem VG zufolge zumutbar, sich mit einer kleineren Feier zu begnügen.
Quelle: PM des VG Berlin vom 25.5.2020 zum Beschluss vom 22.5.2020 – 14 L 144.20

VG Leipzig: Gesundheitsbestätigung für Grundschüler im Hinblick auf Corona unverhältnismäßig

Nach einem aktuellen Beschluss des VG Leipzig sind Eltern in Sachsen nicht dazu verpflichtet, für ihre Kinder täglich eine Gesundheitsbestätigung vor dem ersten Betreten der Schule zu unterschreiben.

In dem Streitfall hatte sich der Vater eines Grundschülers gegen Punkt 3.5.1 der „Allgemeinverfügung zur Regelung des Betriebes von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und von Schulen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie vom 12.05.2020“ gewendet. Danach müssten Erziehungsberechtigte jeden Tag vor dem ersten Betreten des Schulgeländes durch ihre Kinder gegenüber der Schule schriftlich erklären, dass ihr Kind und die weiteren Mitglieder ihres Hausstandes keine bekannten Symptome einer Corona-Infektion aufweisen. Für diese Erklärung soll das Formular „Gesundheitsbestätigung“ verwendet werden. 

Nach Auffassung des VG Leipzig ist die betreffende Regelung unverhältnismäßig. Diese sei weder erforderlich noch angemessen, so das VG. Der mit der Norm verfolgte Zweck der Sensibilisierung und Mitwirkung der Erziehungsberechtigten könne auch durch eine eindringliche Belehrung über die typischen Symptome erreicht werden – verbunden mit der Verpflichtung, die betreffenden Schüler bei Vorliegen solcher Symptome vom Unterricht abzumelden. Eine solche Regelung würde auch das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit in Verbindung mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung weniger beeinträchtigen. 

Quelle: PM des Medienservice Sachsen vom 25.5.2020 zur Entscheidung des VG Sachsen vom 22.5.2020 – 3 L 248/20

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht