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Arbeitszeiten in Europa (Grafik: Quelle Eurofound/iw medien/iwd)
Arbeitszeiten in Europa

Noch bei der Arbeit oder schon im Feierabend?

ESV-Redaktion Arbeitsschutz/iwd
09.02.2022
Auf den ersten Blick hat sich an den Arbeitspensen in der EU zuletzt wenig geändert. Tatsächlich hat die Pandemie jedoch sehr große Auswirkungen darauf, wie viel die Beschäftigten innerhalb eines Jahres arbeiten: Aktuell hängt die Zahl der Arbeitsstunden primär vom jeweiligen Job und von den persönlichen Lebensumständen ab.
7,8 Stunden pro Woche – so lange mussten Beschäftigte in den EU-Mitgliedsstaaten mit einem Vollzeitjob im Jahr 2020 im Schnitt laut Vertrag arbeiten. Multipliziert man das mit 52 Wochen und zieht die durchschnittlich in der EU in jenem Jahr gewährten Urlaubs- und Feiertage ab – nämlich 34,8 –, kommt man auf eine Jahresarbeitszeit von 1.703 Stunden.

Aber wie das so ist mit Durchschnittswerten: Im Grunde werden sie niemandem gerecht. Das gilt für das Jahr 2020 ganz besonders. Denn vor ziemlich genau zwei Jahren nahm die Corona-Pandemie Fahrt auf und wirbelte fast alles durcheinander – selbstredend auch die Arbeitswelt.

An der tariflichen Wochenarbeitszeit hat sich in den meisten EU-Ländern zwischen 2018 und 2020 nichts geändert. In 16 von 27 EU-Mitgliedsstaaten betrug sie 2020 weniger als 40 Stunden.

Schließlich fanden sich von jetzt auf gleich Millionen von Beschäftigten im Home-Office wieder, und zwar gänzlich unabhängig davon, ob sie das bereits zuvor schon einmal tage- oder aber nur fallweise getan hatten oder nicht.

Im Frühjahr 2020 hat dann jedenfalls ein Viertel der Beschäftigten in der EU in Telearbeit gearbeitet. Und wer im Home-Office seine Aufgaben erledigt, arbeitet erwiesenermaßen auch eher in der Freizeit und neigt deshalb dazu, mehr Überstunden zu machen.

Vielen anderen Erwerbstätigen ging aufgrund von Fabrikschließungen oder sonstigen Auswirkungen der Pandemie plötzlich jedoch die Arbeit aus, sie mussten beruflich zwangsweise kürzertreten:
Von Kurzarbeit waren allein zwischen März und September 2020 mehr als 44 Millionen Beschäftigte in der EU betroffen. In Deutschland gab es jahresdurchschnittlich 2,9 Millionen Kurzarbeiter, im zweiten Quartal 2020 waren es sogar 5,4 Millionen.

Und eine dritte Gruppe – vor allem Kräfte aus dem Gesundheitssektor, aber auch viele Lehrer sowie Beschäftigte in der Logistik – hat 2020 deutlich mehr gearbeitet als üblich, weil ansonsten Patienten, Schüler und Kunden unversorgt geblieben wären. So wurden etwa in Finnland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Polen und Portugal in den von Mehrarbeit betroffenen Sektoren Arbeitsstunden ausgedehnt, Ruhezeiten verkürzt und Jahresurlaube verschoben.

Berufstätige Eltern, die aufgrund von monatelangen Schul- und Kitaschließungen mehr Zeit für die Betreuung ihres Nachwuchses brauchten, erhielten dagegen neue Freiräume – nicht nur in Deutschland. In Österreich konnten Eltern mit Kindern unter 14 Jahren im Jahr 2020 bis zu vier Wochen zusätzlichen bezahlten Urlaub nehmen, auch Belgiens, Spaniens und Dänemarks Regierungen ermöglichten es berufstätigen Müttern und Vätern, ihre Arbeitszeit zu reduzieren.

Obwohl die Welt also mehr oder weniger aus den Fugen geriet, hat sich an der offiziellen Wochenarbeitszeit in Europa in den meisten Ländern zwischen 2018 und 2020 allerdings nichts geändert.

Die maximal zulässige Wochenarbeitszeit beträgt 60 Stunden

Fast überall dürfen laut Gesetz maximal 48 Stunden die Woche gearbeitet werden, nur in Belgien und Kroatien sind es 50 Stunden und in Österreich, Deutschland, den Niederlanden und mit einigen Einschränkungen auch in Dänemark sind es sogar 60 Stunden. Die tariflich vereinbarten Wochenarbeitszeiten liegen allerdings deutlich darunter. In 16 von 27 EU-Mitgliedsstaaten betrugen sie 2020 weniger als 40 Stunden.

Die kürzeste durchschnittliche Wochenarbeitszeit, die durch Tarifverträge geregelt ist, gibt es mit 35,6 Stunden in Deutschland und Frankreich.

Zuverlässiger als die Betrachtung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit ist ohnehin die Jahresarbeitszeit, denn in dieser Größe werden Jahresurlaube und gesetzliche Feiertage der einzelnen Länder berücksichtigt. Die tarifliche Jahresarbeitszeit bildete jedoch keine Überstunden und keine Kurzarbeit ab, was die Vergleichbarkeit der Länderdaten erschwert. In Deutschland leisteten Arbeitnehmer im Jahr 2020 beispielsweise trotz Kurzarbeit annähernd 1,6 Milliarden Überstunden.

Gut vergleichen lassen sich dagegen die Urlaubs- und Feiertage über Ländergrenzen hinweg: Wer in der EU als Arbeiter oder Angestellter beschäftigt ist, hat Anspruch auf 20 Tage gesetzlichen Mindesturlaub. Im Schnitt gab es im Jahr 2020 in den Mitgliedsstaaten der EU 24,5 Urlaubstage. Die meisten gewähren die Nordeuropäer:

In Deutschland und Dänemark und gibt es jeweils 30 Tage bezahlten Urlaub, Schweden kommt als drittplatziertes Land auf 27,4 Urlaubstage.

Rechnet man nun noch die gesetzlichen Feiertage hinzu, verschiebt sich das Ranking ein wenig: Deutschland, Dänemark und Malta kamen im Jahr 2020 auf jeweils 39 Urlaubs- und Feiertage. Am anderen Ende landeten Belgien, Ungarn, Irland und Polen, in denen Arbeitnehmer der Arbeit je 29 Tage aufgrund von Urlaubs- und Feiertagen fernbleiben konnten.

Allerdings dürfen in Belgien, Irland und Polen – so wie in einigen weiteren EU-Staaten – Feiertage, die auf ein Wochenende fallen, nachgeholt werden, sodass sich die Zahl der Arbeitstage entsprechend verkürzt. Auch in Deutschland hat es politische Vorstöße gegeben, verlorene Feiertage am darauffolgenden Montag nachzuholen, bislang blieben diese Initiativen jedoch erfolglos.

Polen und Ungarn arbeiten pro Jahr am meisten, die Deutschen am wenigsten

Die tarifliche Jahresarbeitszeit wird ermittelt, indem die wöchentliche tarifliche Arbeitszeit mit 52 Wochen multipliziert wird und die Urlaubs- und Feiertage abgezogen werden. Am wenigsten arbeiten in der EU demnach die Deutschen:

In der Bundesrepublik lag die tarifvertragliche Jahresarbeitszeit eines Beschäftigten im Jahr 2020 bei 1.574 Stunden.

Auf die höchste tarifliche Jahresarbeitszeit kamen die Beschäftigten in Polen und Ungarn mit 1.848 Stunden. Sie ackerten also – wenn man Überstunden und Kurzarbeit außer Acht lässt – im Jahr 2020 fast sieben Wochen mehr als ihre Kollegen in Deutschland.

Quelle: iwd


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