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OLG Celle: Die hohe Zahl der Teilnehmer an einer Gerichtsverhandlung kann auch für geimpfte Personen eine Testpflicht begründen (Foto: aerogondo / stock.adobe.com)
Corona: Testpflicht für geimpfte Personen

OLG Celle: Auch wer gegen Corona geimpft ist, kann vor Teilnahme an Gerichtsverhandlung einer Testpflicht unterliegen

ESV-Redaktion Recht
02.09.2021
Kann ein Gericht vor Beginn einer Strafverhandlung anordnen, dass auch geimpfte Personen den Sitzungssaal nur mit einem negativen Corona-Test betreten dürfen? Hierzu hat sich das OLG Celle in einem aktuellen Beschluss geäußert.
In dem Fall hatte das LG Hannover vor einer Strafverhandlung im August 2021 angeordnet, dass Verfahrensbeteiligte, Zeugen und Zuschauer den Gerichtssaal nur mit einem tagesaktuellen negativen Schnelltest betreten dürfen. Gegen diese Anordnung wendeten sich die Verteidiger ohne Erfolg mit einer Beschwerde an das OLG Celle. Ihr Einwand: Die Verteidiger waren vollständig geimpft.

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OLG Celle: Konkrete Regelung im Streitfall nicht erforderlich

Der 2. Strafsenat des OLG Celle hat die Beschwerde als unbegründet verworfen. Nach Auffassung des Senats dürfen Gerichte die Maßnahmen anordnen, die einen störungsfreien Verlauf einer Verhandlung sicherstellen. Hierzu gehören auch Maßnahmen zur Verhinderung einer Ansteckung mit Corona. Dabei betonte der Senat, dass eine konkretere Regelung von Schutzmaßnahmen durch den Gesetzgeber „weder naheliegend noch erforderlich“ wäre. Die wesentlichen Erwägungen des Senats:
 
Testpflicht entspricht Empfehlungen des RKI
 
Zwar müssen die Gerichte dem Senat zufolge nicht zwingend eine Testpflicht auch für vollständig geimpfte Verfahrensbeteiligte anordnen. Allerdings entspricht die Einschätzung des LG, wonach Tests der Verfahrensbeteiligten dazu geeignet sind, das Ansteckungsrisiko zu senken, der Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI). Ebenso würden „verschiedene weitere Sachverständige“ in bestimmten Fällen auch zur Testung von geimpften Personen raten, damit Ungeimpfte geschützt sind. Darüber hinaus führte der Senat folgende Gründe an: 
 
  • die hohe Zahl der Teilnehmenden an der Verhandlung,
  • die langen Sitzungsdauern,
  • die steigenden Inzidenzwerte in der Region,
  • die Verbreitung der Delta-Variante
  • die noch relativ geringe Impfquote, 
  • und dass die Tests verhältnismäßig sind.

Gleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften in vielen Punkten

Eine Testpflicht auch für Geimpfte scheidet dem Senat zufolge auch deshalb nicht von vornherein aus, weil vollständig Geimpfte bei der Anwendung der Niedersächsischen Corona-Verordnung gegenüber negativ getesteten Personen in vielen Punkten gleichbehandelt werden.
 
Abschließend betonten die Richter aus Celle, dass sie aufgrund der Impfstoffknappheit, die bis vor Kurzem noch bestand, nicht geprüft haben, ob der Schutz von ungeimpften Personen geringer zu bewerten ist, weil diese sich durch den Verzicht auf eine Impfung möglicherweise freiwillig selbst gefährden. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Quelle: PM des OLG Celle vom 27.08.2021 zum Beschluss vom 02.08.2021– 2 Ws 230/21


Corona im Rechtsstaat

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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht