
OLG Frankfurt a.M. zur Vaterschaftsanfechtung nach Embryonenspende
Damals hatte der Antragsteller der reproduktionsmedizinischen Behandlung seiner Ehefrau notariell zugestimmt. Im Jahr 2011 – kurz vor der Trennung der Eheleute – unterzeichneten beide einen Antrag auf künstliche Befruchtung durch eine Embryonenspende in Tschechien. Der anschließende Befruchtungsversuch hatte aber keinen Erfolg. Der tschechischen Klinik wurden 2012 dann zwei weitere Antragsformulare zugesendet. Diese trugen die Unterschrift der Kindesmutter und die des Antragstellers. Der weitere daraufhin durchgeführte Embryonentransfer führte zur Geburt des Kindes.
Aufgrund der noch bestehenden Ehe galt dieses als Kind des Antragstellers. Daraufhin hat dieser die Vaterschaft angefochten. Zur Begründung führte er aus, er sei nicht der leibliche Vater und er habe die Anträge aus dem Jahr 2012 nicht unterzeichnet. Die Ausganginstanz hatte dem Antrag des Antragstellers stattgegeben. Hiergegen wendete sich die Kindesmutter mit einer Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M.
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OLG Frankfurt a.M. : Anfechtung der Vaterschaft wirksam
Ohne Erfolg – das OLG wies die Beschwerde der Kindesmutter zurück. Als nicht leiblicher Vater könne er seine rechtliche Vaterschaft anfechten, weil er nicht wirksam in die Zeugung des Kindes mittels einer Embryonenspende eingewilligt hatte.Kein Ausschluss der Anfechtung durch § 1600 Absatz 4 BGB
Geregelt ist dies in § 1600 BGB. Dem Frankfurter Richterspruch zufolge wird die Vaterschaftsanfechtung nicht durch § 1600 Absatz 4 BGB ausgeschlossen.
So ist nach dieser Norm zwar keine Anfechtung durch den Vater mehr möglich, wenn dieser in die Zeugung durch künstliche Befruchtung über die Samenspende eines Dritten eingewilligt habe. Die Anfechtungssperre soll nämlich das Wohl des betroffenen Kindes sichern. Daher nimmt die Sperre den Wunscheltern die Möglichkeit, ihre Rechtspflichten, die sie bewusst durch Einwilligung in eine heterologe Insemination geschaffen haben, durch spätere Anfechtung wieder zu beseitigen.
Dem Anfechtungsverbot steht nach Meinung des OLG auch nicht entgegen, dass die Embryonentransferbehandlung in Deutschland unzulässig ist. Dem Willen des Gesetzgebers entsprechend, sind alle Kinder, die auf künstlichem Weg gezeugt wurden, in rechtlicher und sozialer Hinsicht schutzbedürftig. Dies gelte unabhängig davon, ob die Art und Weise der ärztlich assistierten Zeugung gegen deutsche Gesetze verstoße, so das OLG weiter.
Im Wortlaut: § 1600 Absatz 4 BGB - Anfechtungsberechtigte |
(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen. |
Aber – keine Einwilligung des Antragstellers
Die Frankfurter Richter meinen aber, dass tatsächlich keine fortdauernde Einwilligung des Antragstellers zu der konkreten Embryonenübertragung vorliegt, die zur Geburt des Kindes führte. Die weiteren wesentlichen Überlegungen des OLG:
- Nachweis der Unterschrift nicht erbracht: So konnte Mutter nicht nachweisen, dass der Antragsteller den Antrag für den dritten Befruchtungsversuch eigenhändig unterzeichnet hatte. Ein graphologisches und daktyloskopisches Gutachten hatte dies nicht belegt.
- Frühere Zustimmungen nicht mehr wirksam: Auch die früheren Zustimmungen des Antragstellers sahen die OLG-Richter nicht mehr als wirksam an. Danach hat sich die Einwilligung von 2008 allein auf eine heterologe Insemination bezogen – und nicht auf die in Deutschland strafbewehrte Methode der Fremdembryonenspende.
- Keine gemeinsame elterliche Verantwortung für das Kind: Auch die Anfang 2011 erteilte Einwilligung zur Embryonenspende erstrecke sich dem Richterspruch zufolge nicht auf spätere Befruchtungsversuche. Dies ergebe sich bereits daraus, dass für jede erneute Behandlung, ein unterzeichneter Antrag erforderlich ist, so das OLG weiter. Hier wäre maßgebend, dass mit der Einwilligung in die künstliche Befruchtung die Übernahme der Verantwortung für das Kind verbunden sei. Diese Verantwortungsübernahme basiere auf der ehelichen Lebensgemeinschaft. Zur Zeit der erfolgreichen Befruchtung seien der Antragsteller und die Kindesmutter aber schon seit über einem Jahr getrennt gewesen. Damit wäre auch die tatsächliche Grundlage für eine gemeinsame Elternschaft weggefallen.
Angesichts der Trennung durfte die Mutter auch nicht erwarten, dass der Antragsteller weiterhin mit ihr eine gemeinsame elterliche Verantwortung für ein Kind tragen wollte. Auch ein ausdrücklicher Widerruf der bisherigen Einwilligungen des Antragstellers gegenüber der Kindesmutter war daher nicht erforderlich. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Quelle: PM des OLG Frankfurt vom 06.11.2018 zum Beschluss vom 20.06.2018 – AZ: 2 UF 194/16
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Familienrecht heute KindschaftsrechtAutor: Jochen Duderstadt Mit zahlreichen topaktuellen Beispielen aus der Rechtsprechung und vielen pointierten, kritischen Stellungnahmen zu verschiedenen juristischen Streitfragen – auch solchen, die oft vernachlässigt werden.
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(ESV/bp)
Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht