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OLG Nürnberg: Verkauf von Torjägerkanone war keine herkunftsbeeinträchtigende Benutzung (Foto: Edler von Rabenstein / stock.adobe.com)
Gewerblicher Rechtsschutz

OLG Nürnberg verneint Ansprüche der Fußballzeitschrift „kicker“ gegen den Verkäufer einer „Torjägerkanone“

ESV-Redaktion Recht
04.11.2022
Kann das Fußballmagazin „kicker“ – das regelmäßig die treffsichersten Spieler und Spielerinnen öffentlich mit einer mittelalterlichen „Torjägerkanone“ auszeichnet – den Verkauf von Fußballpokalen, die ebenfalls die Form einer „Torjägerkanone“ aufweisen und auch so bezeichnet werden, unterbinden? Hierüber hat das OLG Nürnberg kürzlich entschieden.
In dem Streitfall hatte die Betreiberin einer Webseite Pokale, Glastrophäen und Medaillen zum Verkauf angeboten. Darunter befand sich auch ein Fußballpokal in Form einer Torjägerkanone, der auch so bezeichnet wurde. Das Modell bestand aus Kunstharz/Polyresin.
 
Hiergegen wendete sich die Herausgeberin des Sportzmagazins „kicker“ mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung an das LG Nürnberg und verlangte Unterlassung. Die Antragstellerin verleiht seit 1966 an Fußballer eine Trophäe, die eine mittelalterliche Bürgerkriegskanone darstellt und als „Torjägerkanone“ bezeichnet wird. Damit sollen die treffsichersten Spieler und seit 2004 auch die treffsichersten Spielerinnen geehrt werden. Über die Vergabe berichten die Medien umfangreich in jedem Jahr. Zudem ist die Antragstellerin Inhaberin einer Wortmarke mit der Bezeichnung „Torjägerkanone“ für die Warenkategorien 06 „Figuren, Statuen, Skulpturen und Trophäen aus Metall“ und 16 „Druckereierzeugnisse“.
 
Weil der Verfügungsantrag erfolgreich war und das LG Nürnberg seine Beschlussverfügung mit Urteil vom 19.08.2022 aufrecht erhielt, zog der Verfügungsbeklagte mit einer Berufung vor das OLG Nürnberg. 

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OLG Nürnberg: Verkauf der Pokale kein herkunftshinweisender Gebrauch einer Marke

Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Das OLG hat das Urteil des LG Nürnberg-Fürth abgeändert und dessen Beschlussverfügung aufgehoben. Demnach ist die streitgegenständliche Verletzungshandlung aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise keine markenrechtlich relevante Nutzung der Klagemarke. Die wichtigsten Erwägungen des OLG:


Keine Warenidentität

Die Marken der Verfügungsklägerin sind unter anderem für „Figuren, Statuen, Skulpturen und Trophäen aus Metall“ eingetragen. Demgegenüber sind die Fußballpokale, die die Verfügungsbeklagte vertreibt, aus Kunstharz/Polyresin gefertigt. Es fehlt dem Gericht zufolge deshalb an der Warenidentität.

Herkunftshinweisender Gebrauch der Klagemarke?

Weil wegen fehlender Warenidentität keine sogenannte Doppelidentität im Sinne von § 14 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kommt es nach Ansicht des Gerichts darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Klagemarke möglich ist. Hierfür ist entscheidend, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnungen der angebotenen Pokale als Herkunftshinweise der Waren oder Dienstleistungen verstehen. Die weiteren Überlegungen des Gerichts hierzu:

  • Ausgangspunkt – Empfängerhorizont eines normal informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers: Diese Frage, so das OLG weiter, ist anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist auf die Sicht eines normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Zu beachten sind auch die Kennzeichnungsgewohnheiten im betreffenden Warensektor und die Art und Weise, wie Kennzeichnungsmittel dort üblicherweise verwendet werden.
  • Bezeichnung „Torjägerkanone“ auch beschreibendend: Zudem betonte das Gericht, dass die Bezeichnung „Torjägerkanone“ nach seiner Auffassung auch einen deutlich beschreibenden Kern hat. Dies leitet es aus einem erkennbar assoziativen Zusammenhang zwischen dem Wort „Torjägerkanone“ und dem angebotenen Produkt ab. Demnach sieht der angesprochene Verkehr in der Bezeichnung eher eine Artikel- oder Modellbezeichnung für das angebotene Produkt und keinen eigenständigen Herkunftshinweis.
  • Militärische Metaphern im Fußball nicht unüblich: Ebenso hat das OLG berücksichtigt, dass militärbezogene Metaphern im Fußball „gerichtsbekannt“ sind und sich die angesprochenen Verkehrskreise daran gewöhnt haben. Als Beispiele benannte das Gericht Begriffe, wie „Torschütze“,  „Schusstechnik“ oder „sich warmschießen“. Darüber hinaus verwies es auf Gerd Müller, der häufig als „Bomber der Nation“ bezeichnet wird.
  • Mediale Berichterstattung über Vergabe der Torjägerkanone“ unerheblich: Zwar haben die Medien unstreitig seit vielen Jahren über die Vergabe der „Torjägerkanone“ berichtet. Auch kannte ein Teil der Mitglieder des Senats die Verleihung dieses Preises. Aber der hierdurch erreichte Bekanntheitsgrad reicht dem OLG zufolge nicht aus, um eine Bekanntheit anzunehmen, die im Rahmen einer markenmäßigen Benutzung zu berücksichtigen wäre.
  • Besonderheit bei „eventbezogenen“ Bezeichnungen: Bei „eventbezogenen“ Bezeichnungen sei nämlich zu unterscheiden zwischen der Eignung, auf das jeweilige Ereignis als solches hinzuweisen und der Eignung, Waren und Dienstleistungen von bestimmten Unternehmen zu kennzeichnen. Das betreffende Zeichen muss als eindeutig erkennbar als Herkunftshinweis für die betreffende Ware oder Dienstleistung bekannt sein. Eine derartige Bekanntheit hat das OLG verneint.
Auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche schloss das OLG Nürnberg aus.

Quelle: Urteil des OLG Nürnberg vom 25.10.2022 – 3 U 2576/22
 

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht