Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

OLG Nürnberg: Dass Gaststätten ohne Außer-Haus-Verkauf aufgrund der coronabedingten Schließungen in Bayern in der Zeit von Anfang April 2020 bis Ende Mai 2020 keine Umsätze gemacht haben, ist offenkundig (Foto: pressmaster / stock.adobe.com)
Corona und Mietrecht

OLG Nürnberg zur Kündigung aufgrund von Mietrückständen wegen Corona und LG Lüneburg zum Mietmangel im Lockdown

ESV-Redaktion Recht
02.12.2020
Das OLG Nürnberg hat sich zum Nachweis an den coronabedingten Kündigungsausschluss von Mietverträgen geäußert, den Artikel 240 § 2 I EGBGB vorsieht. Um die Frage, ob behördliche angeordnete Geschäftsschließungen zu einem Mietmangel führen können, ging es vor dem LG Lüneburg.

OLG Nürnberg: Fristlose Kündigung voraussichtlich unwirksam

Nach Art. 240 § 2 EG zum BGB durften Vermieter ein Mietverhältnis über Räume nicht kündigen, wenn der Mieter glaubhaft gemacht hat, dass er im Zeitraum vom 1.4.2020 bis 30.6.2020 coronabedingt seine Miete nicht gezahlt hat. Über die Anforderungen an die Glaubhaftmachung hat sich OLG Nürnberg in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss geäußert.

In dem Streitfall blieb der Betreiber einer Gaststäte gegenüber seinem Vermieter die Monatsmieten für Mai und Juni schuldig. Die Mieten waren jeweils am 3. Werktag des betreffenden Monats fällig. Nach dem Vortrag des beklagten Gastwirts brachen ihm im April 2020 die Einnahmen vollständig weg. Er musste sein Lokal von Anfang April bis Ende Mai 2020 coronabedingt schließen. Auch im Juni und Juli entspannte sich die Situation nur wenig. Seine finanziellen Reserven hatte der Gastwirt schon im März und April weitgehend aufgebraucht. Auch die Corona-Soforthilfen reichten nicht aus, um den Finanzbedarf zu decken, so sein weiterer Vortrag.

Der kostenlose Newsletter Recht - Hier können Sie sich anmelden!
Redaktionelle Nachrichten zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.


Vorinstanz: Zusammenhang zwischen Ausbleiben der Miete und der Pandemie nicht glaubhaft gemacht

Unter anderem deshalb kündigte der Vermieter das Gewerberaum-Mietverhältnis wegen Zahlungsverzuges fristlos und erwirkte vor der Ausgangsinstanz – dem LG Nürnberg-Fürth – einen Räumungstitel. Nach Auffassung des LG hatte der beklagte Gastwirt den Zusammenhang zwischen dem Ausbleiben der Miete und der Pandemie nicht glaubhaft gemacht. Deshalb konnte der Kündigungsausschluss des Art. 240 § 2 Absatz 1 EGBGB nicht greifen, so das LG Nürnberg. Da das Urteil vorläufig vollstreckbar war, hätte der beklagte Mieter die Vollstreckung nur durch Leistung einer Sicherheit von 30.000 Euro abwenden können. Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Berufung zum OLG Nürnberg ein und verband das Rechtsmittel mit einem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung.

Im Wortlaut: Art. 240 § 2 EG zum BGB – Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen (Auszug)
(1) Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen [..].

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden.

 
OLG Nürnberg: Dass Gaststätten im April 2020 keine Umsätze erzielt haben, ist offenkundig

Mit Erfolg: Der 13. Zivilsenat des OLG hat dem Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung stattgegeben. Nach summarischer Prüfung meinte der Senat, dass das Räumungsurteil der Ausgangsinstanz voraussichtlich nicht aufrechterhalten werden kann. Die wesentlichen Überlegungen des Senats:

  • Zusammenhang zwischen Umsatzausfall und Pandemie glaubhaft vorgetragen: Der Beklagte hat seine Umsatzausfälle aufgrund der Pandemie glaubhaft vorgetragen. Dies belegen eine eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters des Beklagten und dessen Unterlagen aus der Buchhaltung.
  • Kein weiterer Vortrag erforderlich: Ein weiterer Vortrag, nach dem der Beklagte vermögenslos ist, war nicht erforderlich. Ebenso wenig müsse ein Gastwirt sonstige Rücklagen einsetzen, so der Senat weiter.
  • Umsatzausfall offensichtlich: Darüber hinaus ist es nach Auffassung des Senats aufgrund der Schließung aller Gaststätten in Bayern offenkundig, dass Gaststätten ohne Außer-Haus-Verkauf in den Monaten April und Mai 2020 keine Umsätze erzielen konnten.
Allerdings entfällt die Pflicht zur Mietzahlung nicht, so das OLG Nürnberg weiter. Demnach besagt Art. 240 § 2 EG zum BGB nur, dass der Vermieter nicht deshalb kündigen darf, weil der Mieter für den gesetzlich benannten Zeitraum seine Miete nicht entrichtet. Die Frage, ob die Schließung der Gaststätten ein Mietmangel ist, ließ das OLG ausdrücklich offen.

Quelle: Beschluss des OLG Nürnberg vom 4.9.2020 – 13 U 3078/20

Mehr Meldungen rund um die Pandemie finden Sie auf unserer Sonderseite: Aktuell Corona

 

LG Lüneburg: Ladenschließung im Lockdown führt nicht zu Mietmangel bei Gewerberaummiete

Die Betreiberin eines Bekleidungsgeschäftes in Celle ist trotz Lockdowns zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 verpflichtet. Dies hat das LG Lüneburg aktuell entschieden. In dem Streitfall musste ein Modegeschäft aufgrund von Corona vom 17.3.2020 bis zum 28.4.2020 vollständig schließen. Vom 29.4.2020 bis zum 10.5.2020 durfte die Betreiberin ihr Geschäft nur teilweise wieder öffnen. Für den Monat April 2020 zahlte sie die Miete nicht. Sie sah in der Zwangsschließung einen Mietmangel.

Zu Unrecht, wie das LG Lüneburg befand und sein Ergebnis im Wesentlichen wie folgt begründete:

  • Kein Mietmangel: Das LG meint, dass die öffentlich-rechtliche Betriebsschließungsanordnung aufgrund von Corona keinen Mietmangel begründet. Die Schließung habe ihren Grund nicht in einer konkreten Beschaffenheit der Mieträume oder in betrieblichen Umständen der Mieterin. Vielmehr diente die Anordnung dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Darüber hinaus habe die beklagte Mieterin das Ladenlokal in der fraglichen Zeit als Warenlager für ihren Online-Handel und als Werbefläche genutzt, so das LG weiter. Lediglich der Kundenzugang sei  untersagt gewesen.
  • Keine schwerwiegende Veränderung der Umstände: Ebenso wenig war die Einbehaltung der Miete durch eine schwerwiegende Veränderung der Umstände gerechtfertigt. Insoweit nahm das Gericht eine Abwägung der jeweiligen Interessen der Prozessparteien vor. Demnach liegt das Verwendungsrisiko der Mietsache bei der Mieterin, die im Streitfall nicht vollständig von der Nutzung des Mietobjekts ausgeschlossen war. Demgegenüber musste die klagende Vermieterin uneingeschränkt für Erhaltungsmaßnahmen einstehen. Somit lag dem Gericht zufolge keine einseitige Verlagerung des Nutzungsrisikos zu Lasten der Mieterin vor.
Quelle: PM des LG Lüneburg vom 26.11.2020 zum Urteil vom 17.11.2020 – 5 O 158/20

Mehr zum Thema


Aktuelles Gewerberaummietrecht


Rechtsanwalt Dr. Rainer Burbulla

Das Gewerberaummietrecht ist stark von der Rechtsprechung geprägt und hat sich nicht zuletzt aus diesem Grunde zu einer Spezialmaterie entwickelt. Für Praktiker ist es daher eine Herausforderung, sich schnell in die komplexe Materie des Gewerberaummietrechts einzuarbeiten.

Entsprechend ihrer praktischen Bedeutung behandelt dieses Werk die aktuellen Rechtsprechungsentwicklungen und gibt Hinweise zur Vertragsgestaltung. Weitere chwerpunkte der Darstellung sind:

  • Schriftform des Mietvertrages
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen
  • Gewährleistung
  • Störung der Geschäftsgrundlage
  • Miete und Miethöhe
  • Laufzeit des Mietvertrages 
Verlagsprogramm  Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht 

(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht