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Abgebildet ist das Stadion des MSV Duisburg mit Eingangsbereich (Foto: uslatar / stock.adobe.com)
Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht

OVG Münster: Tweed der Polizei über Aktion von Fußball-Fans rechtswidrig

ESV-Redaktion Recht
29.11.2022
Was muss die die Polizei beachten, wenn sie über Aktionen von Fußball-Fans twittert, die nach Auffassung der Einsatzleitung rechtswidrig sind? Mit dieser Frage hat sich das OVG Nordrhein-Westfalen, auch als OVG Münster bekannt, aktuell befasst.
In dem Streitfall zogen bei der Drittliga-Partie des MSV Duisburg gegen den 1. FC Magdeburg im Februar 2017 etwa 100 Gästefans vor der Einlasskontrolle Regencapes über. Aufgefordert hierzu hatte der Anführer der Fangruppierung „Capo“ per Megafon, der die Regencapes auch verteilen ließ. Nach Ansage von „Capo“ gehörte die Aktion zu einer späteren Fan-Choreographie im Stadion.
 
Die Polizeikräfte in Duisburg verweigerten den Fans, die mit Regencapes bekleidet waren, allerdings Zutritt zum Stadion. Sie befürchteten das Einschmuggeln von Feuerwerkskörpern und anderen verbotenen Gegenständen. Zudem galt das Spiel als Risikopartie. Durch die Einlassverweigerung entstand dann ein Rückstau an der Einlasskontrolle. Zu der Fan-Aktion veröffentlichte die Polizei über Twitter folgende Meldung:
 
#MSVFCM Stau am Gästeeingang, einige Fans haben sich Regencapes angezogen, um die Durchsuchung zu verhindern.
 
Die Meldung war mit einem Foto versehen. 

Klägerin: Tweed der Polizei verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht

Die Klägerin, die in Brandenburg lebt, fühlte sich durch den Tweed samt dem zugehörigen Foto in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

Polizei: Klägerin auf Foto zum Tweed nicht erkennbar

Demgegenüber meinte die Polizei, dass die Klägerin auf dem Foto gar nicht erkennbar war. Daher verklagte die fußballbegeisterte Frau das Land NRW als Träger der Polizei mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit des Tweeds feststellen zu lassen. Weil die Ausgangsinstanz – das VG Düsseldorf – die Klage abgewiesen hatte, zog die Klägerin mit einer Berufung vor das OVG Münster.

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OVG Münster: Polizei-Tweed rechtswidrig

Das Rechtsmittel hatte vor 5. Senat des OVG Münster Erfolg. Der Senat änderte das erstinstanzliche Urteil ab und stellte antragsgemäß die Rechtswidrigkeit des Tweeds fest. Die wesentlichen Überlegungen des Senats:
 
Klägerin war auf Foto offenbar erkennbar

Die Klägerin muss auf dem Tweed erkennbar gewesen sein. Hierfür spricht nach Auffassung des Senats ein Abgleich der Ausdrucke des Tweeds mit Fotos der Klägerin zu dem maßgebenden Zeitraum. Zwar war nicht mehr festzustellen, ob die vorgelegten Ausdrucke der Original-Auflösung des Fotos auf dem Tweed entsprochen haben. Die Restunsicherheit geht dem Senat zufolge aber zu Lasten der Polizei. Die Polizeibehörde hatte den Tweed aufgrund von Zweifeln an seiner Rechtmäßigkeit gelöscht und das Original der Fotodatei war dort nicht mehr auffindbar. 

Wahrheitsgehalt der veröffentlichten Tatsachen und weitere Überlegungen des Senats

Die Frage, ob die Polizei als Verwaltungsbehörde für Öffentlichkeitsarbeit, die in Rechte von Dritten eingreift, eine rechtliche Grundlage braucht, beantwortete er der Senat nicht. Nach seiner Ansicht erfüllt der Tweed schon nicht die Anforderungen, die das BVerfG an staatliche Veröffentlichungen stellt, die Rechte Dritter beeinträchtigen. Hierzu bemerkt der Senat Folgendes:
 
  • Vermutung der Polizei nicht belegt: Es bleibt offen, ob die Magdeburger Fan-Gruppe ihre Aktion nur vorgeschoben hat, um Durchsuchungen zu verhindern. Diese Annahme der Polizei ist aufgrund der Ansage des „Capo“ – nach der die Aktion Teil einer Fan-Choreografie sein sollte – zweifelhaft. Damit ist die Behauptung der Polizei lediglich eine unbelegte Vermutung.
  • Keine Kenntlichmachung der Unsicherheit: Diese Unsicherheit hätte die Polizei in ihrem Tweed kenntlich machen müssen, was aber unterblieben ist.
  • Informationszweck auch ohne Angabe über Motivation der Fanaktion erfüllt: Schließlich hätte die Polizei die übrigen Fans über den Grund des Rückstaus auch ohne Angabe einer Motivation der Gästefangruppe informieren können.
Das OVG Münster hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen kann das beklagte Land Beschwerde zum BVerwG in Leipzig einlegen.
 
Quelle PM des OVG Münster vom 28.11.2022 zum Urteil vom selben Tag – 5 A 2808/19


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