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OVG Münster: Nach § 55d Satz 1 VwGO sind anwaltliche Schriftsätze an die Gerichte grundsätzlich elektronisch zu übermitteln (Foto: ipuwadol / stock.adobe.com)
Störung des Internetanschlusses

OVG Münster zur elektronischen Übermittlung von anwaltlichen Schriftsätzen

ESV-Redaktion Recht
28.09.2022
Wann darf ein Rechtsanwalt, dessen Internetzugang gestört, ist seine Schriftsätze an die Gerichte per Fax anstatt in elektronischer Form übermitteln? Hierzu hat sich das OVG Münster in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss geäußert.
In dem Streitfall hatte ein Prozessbevollmächtigter am 23. März 2022 eine Beschwerdeschrift per Fax an das OVG Münster gesendet. Nach seiner anwaltlichen Versicherung gab es am Vortrag an seiner Telefon- und Internetverbindung eine Störung, die die Deutsche Telekom nicht beseitigen konnte. Demnach hatte sich für den 30. März 2022 ein Bautrupp angesagt und dem Anwalt habe für die Übermittlung lediglich ein Faxgerät von Dritten zur Verfügung gestanden.  

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OVG Münster: Beschwerde unzulässig

Das OVG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Nach Auffassung des Gerichts hatte der Anwalt eine zulässige Ersatzeinreichung im Sinne von § 55d Satz 3 VwGO nicht glaubhaft gemacht. Die tragenden Erwägungen des OVG:
 
  • Übermittlung von anwaltlichen Schriftsätzen grundsätzlich elektronisch: Nach § 55d Satz 1 VwGO (siehe auch unten), der seit dem 01.01.2022 gilt, sind vorbereitende Anwaltsschriftsätze und deren Anlagen einschließlich der zugehörenden Anträge und Erklärungen grundsätzlich als elektronische Dokumente zu übermitteln, so das OVG. Nur wenn dies vorübergehend technisch nicht möglich ist, bleibt nach § 55d Satz 3 VwGO eine Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig.
  • Technische Störung nicht nur vorübergehend: Zwar sieht § 55d Satz 4 VwGO bei einer nur vorübergehenden technischen Unmöglichkeit eine Ersatzeinreichung nach den allgemeinen Regelungen vor. Vorliegend lag dem Gericht zufolge aber eine längere Störung vor. So hatte der Prozessbevollmächtigte schon in der ersten Instanz mit Schriftsatz vom 11. Februar 2022 für seinen Mandanten einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes per Telefax anstatt als elektronisches Dokument übermittelt. Auch damals hatte er die Faxübertragung mit der Störung seines Telefon- und Internetanschlusses begründet. Zwischen der damaligen Übermitttlung und der Übertragung vom 23. März 2022 liegen jedoch mehr als fünf Wochen. Die Regelung des § 55d Satz 3 VwGO entbindet professionelle Einreicher nach Ansicht des OVG aber nicht von ihrer Pflicht, bei technischen Ausfällen unverzüglich für Abhilfe zu sorgen.
  • Kein Bemühen um schnelle Abhilfe: Auch ein Bemühen um eine schnelle Beseitigung der Störung, wie zum Beispiel das Legen eines mobilen Hotspots, hat der Prozessbevollmächtigte nicht dargelegt.
  • Kein Nachreichen eines elektronisches Dokuments: Ebenso wenig hat er die gerichtliche Aufforderung, ein elektronisches Dokument nachzureichen, nicht befolgt. Dies müsste ihm aber nach seinem eigenen Vortrag nach dem 30. März 2022 möglich gewesen sein, führt das Gericht aus Münster abschließend aus.


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Im Wortlaut: § 55d VwGO –Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, Behörden und vertretungsberechtigte Personen
1Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt …… eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. 2[….. ]. 3Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. 4Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.


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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht